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Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Annika Bengtzon 09: Weißer Tod

Titel: Annika Bengtzon 09: Weißer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Pyjamas angezogen und Zähne geputzt.
    Annika saugte an einer blutigen Nagelhaut und ging ins Kinderzimmer.
    »Wollen wir etwas spielen?«
    Kalles Gesicht leuchtete auf.
    »Monopoly!«
    »Das dauert heute Abend ein bisschen zu lange. Vielleicht Domino? Ellen, machst du mit?«
    Kalle kramte die Schachtel mit den Dominosteinen heraus, setzte sich auf den Fußboden und legte sie systematisch aus, einen nach dem anderen, mit der Vorderseite nach unten.
    »Jeder kriegt fünf, ja?«
    »Jeder fünf«, bestätigte Annika.
    Sie sah den Kindern zu, wie sie mit ihren Steinen hantierten, sie aufstellten, sie anlegten. Sie würden ohne Thomas zurechtkommen. Irgendwie würde es gehen.
    »Jetzt komm, Mama«, drängelte Kalle.
    Sie setzte sich auf den Fußboden und wählte fünf Steine aus, die sie hochkant vor sich aufstellte.
    »Ich hab den Doppelfünfer«, sagte Kalle.
    »Dann hast du wohl den besten Stein«, sagte Annika.
    Kalle legte seinen Doppelfünfer aus, und Ellen legte an. Annika kamen beinahe die Tränen.
    »Du bist dran, Mama.«
    Sie legte einen Stein an und hörte, wie die Kinder stöhnten.
    »Du legst ganz falsch an, Mama.«
    Das Spiel zog sich unendlich.
    Und das Telefon wollte und wollte nicht klingeln.
    Jimmy Halenius kam ins Wohnzimmer und stellte sich vor den Fernseher.
    »Kann ich ›Aktuell‹ einschalten?«
    »Klar«, antwortete Annika.
    »Wie lange bleibt der?«, flüsterte Kalle und warf einen finsteren Blick auf den Staatssekretär.
    »Ich weiß nicht genau«, flüsterte Annika zurück. »Das kommt darauf an, was die Entführer sagen, wenn sie anrufen.«
    »Warum kannst du nicht mit den Entführern reden?«, fragte Kalle.
    Annika streckte die Hand nach ihm aus und zog ihn an sich, und diesmal sträubte er sich nicht. Er kuschelte sich in ihren Arm und steckte die Hand unter ihr Haar.
    »Ich trau mich nicht«, flüsterte sie. »Ich hab Angst vor denen. Jimmy hat schon mit ganz vielen Entführern geredet, der kann das viel besser als ich.«
    Kalle sah sie an, und in seinem Blick spiegelte sich die neue Erkenntnis, dass auch Erwachsene klein und ängstlich sein können.
    »So, und jetzt ab ins Bett, ihr zwei«, sagte sie. »Morgen ist Freitag. Habt ihr Lust, am Wochenende Oma und Opa zu besuchen?«
    Kalle verbarg das Gesicht an ihrer Schulter.
    »Langweilig«, maulte er.
    »Tjorven ist lustig«, sagte Ellen.
    Tjorven war Doris’ fetter Cockerspaniel.
    Kleiner Sonnenschein, dachte Annika. Für dich ist das Glas immer halbvoll.
    »Ich spreche heute Abend mit Oma und Opa«, sagte Annika, »und dann frage ich, ob ihr sie besuchen könnt.«
    »Sprecht ihr über Papa?«, fragte Kalle.
    »Das mit Papa wird morgen in der Zeitung stehen«, sagte ­Annika, »deshalb ist es wohl besser, ich erzähle es ihnen heute Abend.«
    »Sonst kippen die noch aus den Latschen«, sagte Kalle, und Annika lachte, lachte aus ganzem Herzen, und dann zog sie den Jungen an sich und sog seinen Duft ein.
    »Ja, du«, sagte sie, »das kann passieren. Aus den Latschen! So, jetzt aber ab ins Bett!« Und tatsächlich krochen beide Kinder in ihre Betten und waren im Handumdrehen eingeschlafen.
    Annika knipste die Lampe auf der Fensterbank aus, ging ins Wohnzimmer und schloss leise die Tür hinter sich.
    »Sie haben großes Vertrauen zu Ihnen«, sagte Jimmy Halenius.
    »Ich kenne sie ja auch schon eine ganze Weile«, erwiderte An­ni­ka und sank neben ihm aufs Sofa. »Hat ›Aktuell‹ was gebracht?«
    »Nichts«, sagte Halenius. »Glauben Sie, die haben die Meldung von Reuters gelesen?«
    Sie zuckte die Schultern.
    »Jeden Tag kommen Tausende von Meldungen über den Nachrichtenticker herein. Die meisten sind völlig uninteressant für die breite Öffentlichkeit, aber immer wichtig für Einzelne.«
    Sie sah ihn an.
    »Wie oft kommen solche Entführungen eigentlich vor?«
    »Es gibt keine verlässliche Statistik darüber. Meistens passiert so etwas in Ländern mit einer schwachen Polizei, nicht existentem Rechtswesen und ausgeprägter Korruption. In Afrika am häufigsten in Nigeria und Somalia, die beiden Staaten führen die Top Ten der Welt an. Sie haben nicht zufällig ein Wurstbrot für mich oder so was?«
    Ihre Wangen röteten sich, und sie stand hastig auf.
    »Entschuldigung, Sie haben ja gar nichts gegessen. Mögen Sie Makkaroni mit Hackbällchen? Ich kann sie in der Mikrowelle heiß machen.«
    Sie musste fragen. Thomas aß solche Sachen nicht, es sei denn, die Hackbällchen waren aus Elchtatar und die Makkaroni mit Trüf­feln

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