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Anonym - Briefe der Lust

Anonym - Briefe der Lust

Titel: Anonym - Briefe der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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auf eine der engen Zweibänke ganz hinten im Café, auf denen vorzugsweise die Liebespaare saßen.
    „Wollen wir uns setzen?“
    Er fragte und bestimmte nicht einfach, also nickte ich zustimmend. „Natürlich.“
    Während er mir folgte, hatte ich Gelegenheit, die momentane Situation mit der Unbeholfenheit eines ersten Dates zu vergleichen. Mein Dinner mit Eric war voller Anspannung gewesen, aber mit Austin hinter mir konnte ich an nichts anderes denken als daran, wie schlecht es sich anfühlte, wenn man nicht wusste, was man sagen sollte. Ich setzte mich hin und wärmte meine Hände an dem Becher, der fast zu heiß war, um sich gut anzufühlen.
    „Du siehst hübsch aus.“
    „Danke.“
    Wir nippten beide an unserem Kaffee. Dann stellte Austin seinen Becher auf den Tisch und grub in seiner Tasche nach etwas, das er mir hinhielt. „Hier.“
    Ich griff nicht danach. „Was ist das?“
    Er hielt es mir wieder hin. „Nur etwas, das sie bei der Bank verteilt haben, als ich ein neues Konto eröffnet habe. Als ich es sah, musste ich an dich denken.“
    „Ist es Geld?“ Ich nahm es. Es war kein Geld, sondern eine kleine durchsichtige Plastikflasche.
    Es war ein Desinfektionsmittel für die Hände, und auf die Flasche war das Logo der Bank aufgedruckt. Nur eine kleine Flasche, gerade eben genug für ein oder zwei Mal. Ich umklammerte sie mit einer Hand und wusste nicht, was ich sagen sollte.
    „Ich dachte, du würdest darüber lachen“, erklärte Austin, als ich keinen Ton hervorbrachte. „Scheiße, Paige. Es tut mir leid. Ich dachte nur …“
    „Ich weiß, was du dachtest. Und warum du es dachtest.“ Ich schob das Fläschchen in meine Tasche.
    „Es ist einfach nur … du weißt schon. Etwas, das typisch für dich ist.“
    Er kannte mich nicht. Das hatte ich auch nie geglaubt. Vielleicht hatte ich es nicht glauben wollen.
    „Vielen Dank.“
    Noch mehr unbehagliches Schweigen.
    Als er schließlich etwas sagte, sprach er mit der Stimme eines Mannes, nicht mit der vertrauten Stimme des Jungen, in den ich mich damals verliebt hatte. Das half ein wenig. Es ließ ihn mir irgendwie fremder erscheinen, und ich konnte ihn besser auf Abstand halten, damit ich mich nicht unversehens in seine Arme stürzte.
    „Paige“, wandte Austin sich schließlich wieder an mich. „Ich wollte dir nur sagen, dass es mir wirklich leidtut.“
    Ich hatte nicht gewusst, dass ich ihn anfassen würde, bis es zu spät war, meine Hand zurückzuziehen. Seine Haare fühlten sich unter meinen Fingerspitzen weich an, als ich mit der Hand über seinen Kopf bis hinunter zu seinem Pferdeschwanz strich, um an ihm zu ziehen. In der Highschool hatte er niemals einen Zopf getragen. „Solche Dinge passieren.“
    Er lachte und senkte den Blick. „So ist es. Na ja, was uns betrifft, sind eine Menge solcher Dinge passiert, stimmt’s?“
    Ich zog meine Hand zurück und zuckte mit den Achseln. „Wir waren jung.“
    „Jung, dumm …“
    „Und ständig geil“, beendeten wir die Aufzählung gemeinsam, indem wir einen unserer Lieblingsfilme zitierten.
    Es fühlte sich gut an, mit ihm zu lachen. Es war ewig lange her, seit wir so zusammengesessen hatten. Neben mir spürte ich seinen festen, warmen Schenkel. Die Bank senkte sich durch sein Gewicht zu seiner Seite, sodass ich gezwungen war, dicht bei ihm zu sitzen, ob ich wollte oder nicht. Ich dachte, dass ich es möglicherweise auch freiwillig getan hätte.
    „Das wollte ich dir einfach nur sagen.“ Austin wandte mir sein Gesicht zu.
    Ein arroganter Klugscheißer-Kommentar lag mir auf der Zunge, kam mir aber nicht über die Lippen. „Du musst dich nicht entschuldigen. Wir sind seit Jahren geschieden.“
    Als er nach meiner Hand griff, hätte ich nicht erstaunt sein sollen. Schließlich und endlich war es der perfekte Moment. Leise Musik, teurer Kaffee, der Geruch von billigem Deo, der aus der Ecke herüberwehte, wo ein paar kichernde Teenager saßen, die längst hätten zu Hause sein müssen, und deren an- und abschwellendes Gelächter sich mit allem anderen zur Atmosphäre eines John-Hughes-Films verwob. Es war der perfekte Augenblick für meinen Exmann, mir einen Kuss auf die Fingerknöchel zu hauchen, mir tief in die Augen zu sehen und mit größter Ernsthaftigkeit zu sagen: „Neulich habe ich es mir nicht selber gemacht. Wie du es mir befohlen hast.“
    Ich riss meine Hand aus seiner. „Austin!“
    „Was ist?“ Er wirkte aufrichtig verwirrt. „Du hast gesagt, ich sollte nicht kommen.“
    „Ich

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