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Anonym - Briefe der Lust

Anonym - Briefe der Lust

Titel: Anonym - Briefe der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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Händen fest.
    „Vielen Dank, Paige“, sagte er. „Das ist vorbildliche Arbeit.“
    „Vielen Dank“, erwiderte ich freundlich.
    Letzten Endes war tatsächlich zwischen uns etwas geklärt worden.

15. KAPITEL
    Durch das kleine Fenster in der Rückwand des Briefkastens konnte ich Alice sehen, eine der Frauen, die im Büro des Wohnkomplexes arbeiteten. Ich sah aber auch den dünnen Rand der zusammengeklappten Karte.
    Vorsichtig zog ich sie mit den Fingerspitzen heraus und hielt sie am Rand fest, um das Papier nicht zu zerknittern. Ich hätte mich nur leicht zur Seite beugen und die Karte in den richtigen Briefkasten werfen müssen. Aber natürlich las ich sie vorher.
    Du hast bei jeder Aufgabe versagt, die ich Dir gestellt habe, und es liegt in meiner Hand, wie ich Dich bestrafen werde. Wenn Du nicht in der Lage bist, Disziplin zu lernen, bin ich mit meiner Geduld am Ende.
    Ich gebe Dir noch eine einzige Chance.
    Heute zwischen fünf und sechs Uhr abends wirst Du zu „Sensations“ gehen. Dort wirst Du den Artikel kaufen, der Dich am meisten in Verlegenheit bringt. Du wirst ihn mit Kreditkarte bezahlen, um sicherzugehen, dass der Verkäufer Deinen Namen erfährt. Du wirst ihn in eine freundliche Unterhaltung verwickeln, damit er nicht umhin können wird, sich Dein Gesicht einzuprägen.
    Und heute Abend wirst Du Deinen Kauf benutzen, bis Du zum Orgasmus kommst. Du wirst es in dem Wissen tun, dass es nicht um Dein Vergnügen geht.
    Es geht um meines.
    Ich musste mich am Briefkasten abstützen und die Augen schließen. Die Kühle des Metalls an meinen Handflächen half nicht gegen die Hitze auf meinen Wangen und in meinen Achselhöhlen. Auch nicht gegen das Inferno zwischen meinen Schenkeln.
    Ich war nicht diejenige, die versagt hatte. Mein Essay über Disziplin war nicht zu spät geschrieben worden. Ich hatte nicht mal eines verfasst.
    Diese Nachricht war nicht für mich!
    Dennoch wusste ich schon jetzt ohne jeden Zweifel, dass ich tun würde, was auf der Karte stand. Ich hatte die erotische Fantasie aufgeschrieben. Ich hatte sämtliche Nachrichten gelesen. Wer auch immer diejenige war, die eigentlich die Karten hatte finden und den Instruktionen folgen sollen, ich hatte ebenfalls alles getan, was ihr aufgetragen worden war.
    Wenn ich zurückdenke, wird mir klar, wie viel einfacher und vernünftiger es gewesen wäre, mich im Büro darüber zu beschweren, dass die Karten ständig fälschlicherweise in meinen Briefkasten gesteckt wurden. Oder die Nachrichten wegzuwerfen. Oder mit einer Karte in der Hand an der Tür von Apartment 114 zu klopfen und zu sagen: „Sorgen Sie dafür, dass ich das hier nicht mehr bekomme.“
    Ich kann nicht erklären, warum ich nichts von alldem getan habe. Ich wollte es einfach nicht tun.
    Um meine Vergangenheit und mein altes Leben hinter mir zu lassen, war ich von zu Hause weggezogen. Ich hatte einen neuen Job angenommen, mir ein neues Apartment gesucht und versucht, neue Freunde zu finden. Bei alldem hatte ich ein anderer Mensch werden wollen, aber die Wahrheit ist, dass ich niemals jemand anders sein würde.
    Ich würde immer ich bleiben.
    Und aus irgendeinem Grund wusste das derjenige, der mir diese Nachrichten schickte.
    Schwungvoll klappte ich die Karte zu und marschierte zum Empfangstresen. Ich konnte Alice durch die offen stehende Bürotür sehen, und nach ein paar Sekunden kam sie heraus. „Alice? Haben Sie gesehen, wer das hier in meinen Briefkasten gesteckt hat?“
    „Nein.“ Sie warf nur einen flüchtigen Blick auf die Karte. „Es ist kein religiöses Traktat, nicht wahr? Dazu haben wir strenge Richtlinien.“
    „Nein, es ist nichts Religiöses.“ Ich hielt die Karte so, dass sie die Nummer, die auf der Vorderseite stand, nicht sehen konnte. „Ich habe mich nur gefragt, ob Sie gesehen haben, wer sie eingeworfen hat, mehr nicht.“
    „Nein, tut mir leid, meine Liebe.“ Alice schenkte mir ein strahlendes Lächeln. „Was ist es? Ein Liebesbrief?“
    Ich lachte, während in meiner Kehle Hitze aufstieg. „Nein. Nichts dergleichen.“
    „Das würde nicht zum ersten Mal passieren“, erzählte sie. „Letztes Jahr am Valentinstag wurden hier stapelweise anonyme Nachrichten in die Briefkästen gesteckt. Die Mietervereinigung wollte verbieten, dass die Leute sich gegenseitig etwas in die Briefkästen stecken dürfen, aber dann wurde ihnen klar, dass sie dann ihre eigenen Info-Blätter auch nicht mehr zustellen können.“
    Manchmal war die Mietervereinigung ein bisschen

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