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Anonym - Briefe der Lust

Anonym - Briefe der Lust

Titel: Anonym - Briefe der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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Monatsabschluss auszudrucken und zu kopieren.
    Er sah mich immer noch nicht an. Mit ruhiger, aber keinesfalls sanfter Stimme erwiderte er: „Das hoffe ich.“
    Damit nickte er mir zu, und ich stand auf und ging hinaus zu meinem Schreibtisch, um ihn aufzuräumen, bevor ich Feierabend machte. Meine Finger waren kalt und steif, und ich vertippte mich drei Mal, als ich das Passwort eingab, um mich abzumelden, bis es mir endlich gelang.
    Du wirst unter der Dusche masturbieren, aber Du darfst Dir nicht erlauben zu kommen. Dein Orgasmus ist eine Belohnung für folgsames Verhalten, und Du hast ihn Dir noch nicht verdient. Auf Deinem schönsten Papier und mit Deiner besten Tinte wirst Du beschreiben, wie Du masturbiert hast und wie es sich anfühlte aufzuhören, und Du wirst mir den Text spätestens morgen Nachmittag zukommen lassen.
    Ungehorsam wird nicht akzeptiert.
    Du sagtest, Du brauchst Disziplin.
    Mit zitternden Händen und glühenden Wangen ging ich an den Briefkästen vorbei, ohne nachzuschauen, ob die Nachricht, die ich in Nummer 114 geworfen hatte, noch da war. Ich hatte getan, was darin gestanden hatte, und mich an diesem Morgen unter der Dusche gestreichelt, bis mein Atem rasch und heftig war und mein ganzer Körper sich anspannte, dann hatte ich aufgehört. Ich war dicht davor gewesen. Da ich meinen Körper sehr gut kannte, gelang es mir normalerweise problemlos, mir innerhalb weniger Minuten einen Orgasmus zu verschaffen. Aber ich nahm mich zusammen, denn im Unterschied zu der eigentlichen Empfängerin der Nachrichten war ich diszipliniert.
    Ich hatte auch den Brief geschrieben: wie ich mich selbst mit meinen von meiner Spucke glitschigen Fingern berührt und meine Klit mit dem Wasserstrahl gereizt hatte, bis meine Hüften zuckten und meine Atemzüge keuchend und hart waren und meine Schenkel vor Anspannung brannten. Wie ich dann den Kaltwasserhahn aufgedreht hatte, damit mir nicht schwindelig wurde, während ich mich weiter rieb und streichelte. Dazu hatte ich das schönste Papier aus meiner Sammlung und meinen Lieblingsfüller benutzt und mir so viel Mühe bei jedem Buchstaben und jedem Strich gegeben, dass ich fast zu spät zur Arbeit gekommen wäre.
    Natürlich bekam niemand den Brief zu lesen. Aber ich brachte es auch nicht über mich, ihn wegzuwerfen. Stattdessen legte ich ihn in mein Nachtschränkchen, wo ich ihn zwischen die Seiten des Buchs über die Filmgeschichte schob.
    Der Schmerz zwischen meinen Schenkeln flammte wieder auf, wenn ich die Kupplung meines Wagens trat oder wenn ich herumlief und wenn ich mich auf meinem Bürostuhl herumdrehte, um Akten wegzuräumen.
    An diesem Tag war Paul nicht unterwegs, aber er war noch nicht aus seinem Büro gekommen. Nicht einmal, um sich Kaffee zu holen. Es war nicht ungewöhnlich, dass er sich hinter seiner geschlossenen Tür versteckte, aber dass er noch nicht einmal nach einem Becher Kaffee rief, passierte sonst nie.
    Noch vor zwei Wochen wäre mir gar nicht in den Sinn gekommen anzunehmen, dass er wegen der vergessenen Ausdrucke immer noch böse auf mich sein könnte. Vor zwei Wochen hätte mich das nicht weiter interessiert. Doch jetzt spitzte ich die Ohren, ob ich ihn rufen hörte, und starrte meinen Monitor an, ohne irgendetwas in die Tastatur einzugeben.
    „Paige.“ Paul stand in seiner offenen Tür. Ich war so in meine Gedanken vertieft gewesen, dass ich ihn nicht gehört hatte. „Kommen Sie bitte herein?“
    Ich nickte und stand so ungeschickt von meinem Stuhl auf, dass ich einen Stapel Klarsichthüllen anstieß. Die Papiere, die darin gesteckt hatten, rutschten kreuz und quer über meinen Schreibtisch. Paul hielt mich davon ab, sie zusammenzuschieben.
    „Kommen Sie bitte sofort.“
    Wieder nickte ich und folgte ihm in sein Büro. Er forderte mich nicht auf, mich hinzusetzen, also blieb ich stehen. An seinem Gesicht konnte ich nichts erkennen, er starrte ausdruckslos vor sich hin. Über seine Schulter hinweg konnte ich die roten Ziffern seines Radioweckers sehen, aus dem leise Jazzmusik klang. Ich schluckte mühsam und spürte, wie angespannt meine Nerven waren.
    „Ich glaube, wir sollten etwas klären.“
    Da ich meiner Stimme nicht traute, schwieg ich.
    Paul räusperte sich und faltete seine Hände auf der Schreibtischplatte. Er schaute mich nicht an. Ich konnte den Blick nicht abwenden.
    „Ich denke, ich habe den Ruf … schwierig zu sein. Als Chef.“
    „Der Meinung bin ich nicht.“ Mein Puls pochte in meiner Kehle, und meine Stimme klang

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