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Anruf aus Nizza

Anruf aus Nizza

Titel: Anruf aus Nizza Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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und spazierten am See entlang. Auf einer der Steinbänke am Tell-Denkmal ruhten sie aus und kamen auf den Gedanken, den Abend im Spielcasino von Campione zu verbringen. Dies wiederum erforderte ein Abendkleid, was Robert natürlich nicht mitgebracht hatte.
    Sie bummelten zurück in die Stadt, wieder durch die Via Nassa, in der es alles gab, was Menschen zum Leben brauchten, sogar ein Abendkleid, das Monika auf Anhieb paßte. Weißes Silberlamé, ein geschlungener Schal als Abschluß eines nicht zu tiefen Dekolletés, und später, im Hotel, steckte sich Monika eine Rosenknospe an.
    Während sie sich umzogen, tranken sie eine Flasche Sekt, die Robert bestellt hatte.
    »Weiß der Teufel«, sagte er plötzlich. »Du hast noch nie so verführerisch ausgesehen. Dieses Abendkleid ist viel aufregender, als das grüne, das du...«
    Er brach ab, schuldbewußt und unglücklich, daß er sie wieder an die Katastrophe erinnert hatte. Allmählich begriff auch er, wie schwer es sein würde, dieses Thema dauernd zu umgehen. Hastig trank er sein Glas leer, und während sein elektrischer Rasierapparat summte, sagte er, gleichsam als Fortsetzung seiner Gedanken:
    »Wir müssen uns davon frei machen, Moni. Weißt du, ich habe ja all die Leute auf der YPSILON gar nicht gekannt, Kröger auch nur ganz flüchtig, und ich finde entsetzlich, was ihnen zugestoßen ist. Trotzdem freue ich mich einfach darüber, daß du mit dem Leben davongekommen bist. Und diese Freude ist so stark, so wundervoll, daß ich immer wieder davon sprechen möchte. Verstehst du das?«
    »Nein«, sagte sie viel schärfer, als sie gewollt hatte. »Du weißt, daß mich allein der Gedanke daran verrückt macht, also nimm bitte Rücksicht darauf.«
    »Natürlich«, murmelte er. »Selbstverständlich.«
    Sie gaben sich dann Mühe, nicht zu schweigen, und deshalb kam nur ein fades, wohlüberlegtes Gespräch zustande, beinahe Konversation zwischen zufälligen Reisebekannten.
    Sie fuhren mit einem Mietwagen über Paradiso, vorbei am Monte San Salvatore. Blühende Akazienbäume, ein ganzer Wald, zog sich links und rechts der Straße hin, ihr betäubender Duft erfüllte den ganzen Wagen.
    Auf dem schmalen Damm kreuzten sie den See, fuhren in Bissone links und hielten wenig später vor dem Spielcasino in Campione, dieser winzigen italienischen Enklave auf Schweizer Boden.
    Als Monika und Robert den eigentlichen Spielsaal betraten, wäre Monika am liebsten sofort wieder umgekehrt. Es waren fast keine Frauen da, und vor allem war sie viel zu elegant angezogen. Überhaupt wirkte der Spielsaal ernüchternd. Hoch und kahl wie eine Bahnhofswartehalle, keine Teppiche auf dem Boden, dafür Zigarettenstummel, wohin man trat. Und statt der beinahe andächtigen Stille, die Monika einmal mit Robert in Baden-Baden kennengelernt hatte, herrschte hier ein turbulenter Lärm.
    Auch Robert schien sich nicht recht wohl zu fühlen. Er drückte Monika einige Jetons in die Hand.
    »Verspiel sie möglichst rasch, und dann fahren wir wieder.«
    Er selbst wandte sich einem der Tische zu, und Monika sah, daß er auf Rot setzte und sofort gewann.
    Sie hatte eigentlich keine Lust, aber als sie Roberts fragenden Blick sah, in dem ein kleiner Funke von Freude über den ersten Gewinn glomm, da setzte sie fünfzig Franken auf die Sieben.
    Und die sieben kam. Monika hatte eintausendachthundert Franken gewonnen!
    Neidvolle, gierige Augen starrten sie an. Am liebsten wäre sie davongelaufen. Aber da schob ihr der Croupier schon einen kleinen Berg Jetons über das grüne Tuch, lauter Hundertfranken-Jetons.
    Ihre Hand wollte danach greifen, wollte die Jetons heranziehen.
    »Verzeihung«, sagte eine heisere Stimme, dicht an ihrem Ohr. »Verzeihung, Madame, das ist mein Einsatz.«
    Erschrocken und zugleich empört wandte sie sich um. Und dann sah sie das Gesicht, dieses fette, leere Gesicht Tino Morenos.
    Der Reporter lächelte ihr zu, während er seelenruhig die Jetons zusammenraffte.
    Monika war einige Sekunden unfähig, sich zu bewegen. Der Schrecken, das Entsetzen hatten sie gelähmt.
    Der Reporter nickte ihr zu.
    »Beides kann man nicht haben«, flüsterte er. »Sie haben nun Glück in der Liebe. Auf Wiedersehen, Madame.«
    Ein weißhaariger Herr neben Monika räusperte sich aufgeregt.
    »Bitte, gnädige Frau, mein Name ist Schmitz, Düsseldorf. Ich habe genau gesehen, daß es Ihr Einsatz war, Sie haben fünfzig auf die Sieben riskiert und...«
    Monika hatte sich wieder in der Gewalt. Sie unterbrach den

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