Anruf aus Nizza
und Nachgiebigkeit ihre Frauen in die Arme eines anderen Mannes treiben, der alles das nicht ist.«
Robert wußte nicht recht, was er mit dieser Feststellung anfangen sollte. Der Gedanke, Monika könne ihn betrogen haben, erschien ihm völlig absurd.
»Ausgeschlossen«, sagte er. »Mag sein, daß das Leben meiner Frau in manchen Dingen nicht restlos ausgefüllt war. Aber... aber...«
Sie schaute Robert mit den Augen einer Frau an, die Erfahrung hat, die Männer nicht mehr ganz ernst nimmt und doch bereit ist, diesem einen Mann zu folgen, wohin er will.
Dieser Blick machte ihn unsicher, verlegen.
»Vielen Dank, Irene«, sagte er. »Vielleicht habe ich eben auf meine alten Tage noch etwas gelernt.«
Er wollte zur Tür gehen, aber Irene hielt ihn noch zurück.
»Noch eine Frage, Herr Doktor. Würden Sie es für richtig halten, wenn ich mal direkt mit Ihrer Frau spräche?«
Er schüttelte den Kopf.
»Nein, ich glaube nicht. Ich werde mir alles durch den Kopf gehen lassen. Vielleicht ist sie mehr Patientin, als ich dachte. Sie darf nicht merken, daß ich mit Ihnen... daß wir unter einer Decke stecken. Ich fahre jetzt in die Klinik, bin aber morgen wieder da.«
Er drückte nochmals herzlich die Hand dieses Mädchens, das er für klug und ehrlich hielt.
Als er wenige Minuten später die Seestraße entlangfuhr, sah er im Licht seiner Scheinwerfer Monika und Therese vom Bootshaus kommen. Er war heute so ruhig, wie seit langem nicht mehr. Auch ihm hatte es gutgetan, sich einmal auszusprechen und zu wissen, daß er nicht allein war.
*
In dieser Nacht lag Irene noch lange wach. Sie überdachte ihre Pläne gründlich, weil sie keinen Fehler machen wollte. Schließlich kam sie zu der Überzeugung, weiter handeln zu müssen. Abwarten konnte zu einer gründlichen Aussprache zwischen Robert und Monika führen, und das mußte unbedingt verhindert werden.
Schon der nächste Morgen bot ihr die gewünschte Gelegenheit, den Keil zwischen Monika und Robert noch tiefer zu treiben.
Als sie gerade mit den Kindern frühstückte, erschien Roberts Mutter.
»Guten Morgen«, sagte sie. »So, seid ihr fertig? Ja? Na, dann kommt, dann wollen wir fahren.«
»Wohin denn?« fragte Irene.
»Zur Schluckimpfung natürlich. Hat mein Sohn nicht mit Ihnen darüber gesprochen, als er mit Ihnen in der Bibliothek war?«
»Nein, er hat mir nichts davon gesagt. Will er es denn, daß die Kinder an der Schluckimpfung teilnehmen?«
»Selbstverständlich, er hat es mir gesagt. Ich habe ohnedies in Herrsching zu tun und kann sie gleich mitnehmen.«
Die kleine Dominique hängte sich an Irenes Arm. »Bitte, komm mit! Wenn Oma einkauft, ist das immer so schrecklich langweilig für uns.«
»Ich werde nicht lange einkaufen«, sagte Frau Berckheim. »Aber natürlich können Sie mitfahren, Irene.«
Blitzschnell überlegte Irene, daß sie Monika endlich allein im Hause haben würde, wenn sie jetzt hierbliebe.
»Vielen Dank«, sagte sie. »Ich habe heute Kopfschmerzen und würde lieber hierbleiben.«
Als sie endlich alle draußen in Frau Berckheims altem Wagen verstaut waren, ging Irene ins Haus.
Sie klopfte an Monikas Tür.
Monika saß im Morgenmantel auf dem Balkon. Sie schien überrascht, Irene zu sehen.
»Sie? Was gibt’s denn?«
»Ich möchte mit Ihnen sprechen.«
»Mit mir? Über die Kinder?« Ihr Ton wurde bitter. »Das ist doch sonst nicht Ihre Art.«
Auch Irenes Stimme klang kalt.
»Es handelt sich nicht um die Kinder, sondern um Sie.«’
»Um mich? Ich wüßte nicht, was es da zu besprechen gibt.«
Irene setzte sich unaufgefordert und sagte: »So kann es nicht weitergehen, Frau Berckheim. Ich spüre, daß Sie mich nicht ausstehen können, daß Sie mir mißtrauen, und ich habe keine Ahnung, aus welchem Grund. Ist es zuviel verlangt, daß ich das endlich wissen möchte?«
Monika fuhr hoch. »Das fragen Sie auch noch? Sie haben sich zwischen mich und die Kinder gedrängt, auch zwischen mich und meinen Mann, und das mit aller Absicht. Halten Sie mich denn für so dumm, daß ich das nicht merken würde?« Monika war weiß vor Wut.
Je mehr sie jedoch Nerven und Beherrschung verloren hatte, desto ruhiger war Irene geworden.
»Die Angst macht Sie völlig blind, Frau Berckheim. Sonst hätten Sie längst bemerkt, daß Sie sich mir anvertrauen können.«
Monika schaute das Mädchen ungläubig an.
»Die Angst... wovor sollte ich denn Angst haben?«
»Vor mir natürlich«, sagte Irene ruhig. »Sie und ich, wir beide wissen doch, wo Sie
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