Anruf aus Nizza
weinen...
Aber es war zu spät. Es geschah, was schon viele Ehen zum Scheitern gebracht hatte. Robert sagte bitter:
»Ich fange wirklich an, meiner Mutter recht zu geben. Ich habe ihr nie geglaubt, wenn sie mich vor dir gewarnt hat. Aber anscheinend hat sie doch recht gehabt: Es ist alles wieder beim alten. Die Parties, Segelfahrten mit Freunden und Freundinnen, Kaffeetrinken, Geld verpulvern — das alles ist genauso, wie es früher war. Nur kommt noch hinzu, daß du Beträge ausgibst, die meine Möglichkeiten übersteigen. Diese unselige YPSILON ist vergeblich untergegangen, du hast aus diesem Wink des Schicksals nichts, aber auch gar nichts gelernt.«
»Robert!« Es war ein Schrei letzter Verzweiflung. »Robert, du weißt nicht, was du eben gesagt hast.«
»Doch«, sagte er, »ich weiß ganz genau, was ich gesagt habe. Ich fahre jetzt in die Klinik, du hast bis morgen Zeit, über dich nachzudenken. Ich werde dich morgen fragen, wofür du dich entschieden hast,«
Er ging.
Langsam, ohne es zu bemerken, fing sie an zu gehen, hinunter zum See.
Therese, sonst gewiß nicht neugierig, hatte den heftigen Wortwechsel von der Küche aus verfolgt. Jetzt rannte sie in ihrer blauen Schürze hinter Monika her zum See hinunter.
Und noch jemand hatte alles beobachtet, voller Genugtuung.
Als Robert ins Haus kam, lief ihm Irene wie zufällig über den Weg. »Herr Doktor«, sagte sie leise. »Ich muß mit Ihnen sprechen, ich mache mir Sorgen um Ihre Frau.«
Robert zögerte einen Augenblick, dann sagte er: »Kommen Sie, Irene.«
Er öffnete die Tür zur Bibliothek, zündete die Stehlampe an und schaute kurz aus dem Fenster. Die Dämmerung lag blauschwarz über dem See, an den Ufern blinkten schon die Lichter. Unten in den Hecken am Zaun sah er Therese, die eilig zum See hinunter lief. Natürlich, immer hatte sich Monika da unten verkrochen, wenn sie Kummer hatte oder auch nur trotzte.
Er wandte sich um.
»Verzeihung, ich war eben ganz in Gedanken«, sagte er, deutete auf einen Sessel und fuhr fort: »Setzen Sie sich doch bitte. Sie wollen über meine Frau mit mir sprechen?«
Irene setzte sich.
»Ja«, sagte sie. »Ich wollte, aber jetzt... vielleicht ist es sehr anmaßend von mir.«
Robert musterte sie, ruhig und sachlich.
»Sie sind ein intelligentes Mädchen«, sagte er endlich. »Und natürlich wissen Sie, daß hier nicht alles so ist, wie es sein sollte und — könnte.«
»Ja, Und ich finde es so schade. Immer wieder habe ich mir den Kopf über die Ursache zerbrochen.«
Robert lächelte. »Und? Sind Sie dahinter gekommen?«
»Ich glaube, Ihre Frau ist eifersüchtig.«
»Eifersüchtig? Auf wen?«
»Auf mich. Ich bin...«
»Unsinn«, unterbrach er sie heftiger, als er es wollte. »Purer Unsinn. Ich habe Sie engagiert, als...«
»Sie ist natürlich nicht... es hat mit Ihnen und mir nichts zu tun. Sie ist eifersüchtig, weil die Kinder mich mögen, weil sie mir besser gehorchen als ihr.«
»Ach so, na ja, das könnte sein. Aber das ist doch kein Grund, eifersüchtig zu sein.«
»Für Ihre Frau ist es einer. Sie hat Schweres durchgemacht, Schreckliches erlebt, und das hat sie noch nicht ganz überwunden. Sie müssen ihr Zeit lassen, Herr Doktor.«
»Tue ich denn was anderes?« Er ging auf und ab, wie er es auch in der Klinik oft tat, wenn ihn irgendwelche Probleme beschäftigten. »Soll ich zu allem Ja und Amen sagen, was sie tut? Ich hatte so sehr gehofft, es würde ruhig werden hier draußen, Sie und meine Frau könnten sich vertragen.«
»War denn Ihre Frau vor der... ich meine vorher auch schon... auch schon so... unruhig?«
»Ja. Leider.«
»Vielleicht liegt es an etwas ganz anderem?«
Er schaute sie überrascht, beinahe belustigt an.
»Woran denn, Sie Psychologin?«
Irene zuckte mit den Schultern.
»Ich, zum Beispiel, wünschte mir einen Mann, der auch mal mit der Faust auf den Tisch haut, der mir zeigt, wer Herr im Hause ist.«
»Das ist nicht unbedingt ein Kompliment für mich.«
»Um Komplimente zu machen, würde ich Sie nicht um diese Audienz gebeten haben.«
Sie lachten beide, eine Vertraulichkeit war geschaffen, wie nie zuvor. Er machte eine hilflose Handbewegung.
»Was soll ich tun? Es hat sich alles so eingefahren. Sicherlich auch durch meine Schuld.«
»Ich, an Ihrer Stelle, hätte meine Frau nicht allein nach Nizza fahren lassen.«
»Ich... ich hatte doch keine Zeit, um...«
Irene griff nach den Zigaretten. Robert gab ihr Feuer.
»Es gibt Männer, die durch ihre Gutmütigkeit
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