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Anruf vom Partner

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Titel: Anruf vom Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
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jeder Tür stand eine Nummer; diejenige Redmans befand sich neben einem mit Vorhängen versehenen Schiebefenster. Das Fenster neben der anderen Tür war größer, hatte aber keine Scheibe mehr, sondern statt dessen ein Stück Pappkarton, das den Rahmen nicht ganz ausfüllte.
    Redmans Pick-up stand nicht auf der Straße.
    Ich fuhr um die Ecke und dann die schlammige Gasse hinauf, die hinter dem Gebäude verlief.
    Auch dort war keine Spur von dem Wagen zu sehen, aber die Rückfront des Hauses zeigte, welch großer Teil davon leer stand und vor sich hin moderte. Im Dach bemerkte ich ein klaffendes Loch und ein weiteres in der Außenmauer. Keins der Fenster war verglast.
    Redmans Haus war jedoch nicht ganz so baufällig wie der Schindelbau daneben. Und es war ursprünglich auch weniger elegant gewesen. Nebenan erkannte man noch die Überreste einer Veranda an zwei Hausseiten und im oberen Stock Zimmer mit Giebeln nach allen Seiten hin. Mich beeindruckte vor allem eine Rundbogendoppeltür, die früher einmal zu einer Veranda im Obergeschoß geführt hatte. Jetzt war da natürlich nichts mehr als ein verrottendes Loch.
    Die Empörung des Bären über den ›Trümmergürtel‹ erschien mir plötzlich angemessen. Dieser Verfall war auch mir verhaßt. Und ich, ein Mann in mittleren Jahren, der seit einiger Zeit wieder bei seiner Mutter wohnte, identifizierte mich mit diesen Bauten. Wir waren altersmäßig nicht weit auseinander, das Haus und ich, aber es war vor der Zeit gealtert. Krankheit ist eine Sache, aber wegen Vernachlässigung vor sich hin siechen zu müssen ist einfach abscheulich.
    Ich wäre begeistert gewesen, wenn das Haus mir gehört hätte. Wenn ich die Chance gehabt hätte, es wieder herzurichten. Es würde einen umwerfenden Stützpunkt für einen Packen-wir's-an-Detektiv abgeben.
    Ich dachte an all die kleinen Räume und seltsamen Behausungen, in denen ich gewohnt und gearbeitet hatte.
    Seltsam, daß der Magen an den eigenen rührseligen Geschichten nie Anstoß nimmt.
    Meine Zeit lief langsam ab. Ich fuhr weiter die Gasse entlang und vollendete dann den Kreis, der mich zurück zu Redmans Haustür führte. Ich stieg aus und ging an die Tür. Ich lauschte einen Augenblick lang, aber von innen war nichts zu hören. Ich ging zu der anderen Tür hinüber. Durch das Loch oben im Fenster daneben sah ich den Himmel.
    Als ich mich abwandte, kam ein Kind um die Ecke des Hauses nebenan - meines Hauses. Der Junge war acht oder neun. Als er mich sah, blieb er stehen.
    Das war nur fair; ich blieb auch stehen, als ich ihn sah. Ich winkte ihn zu mir rüber. Er schüttelte den Kopf. Langsam ging ich auf ihn zu, aber als ich von der Veranda stieg, drehte der Junge sich um und rannte weg.
     
     

28
    Ich war ein paar Minuten zu früh im Parkhaus; deshalb sah ich, wie Bobbie Lee Leonard mit ihrem Käfer um die letzte Ecke quietschte.
    Sie war nicht zu spät dran, daher mußte sie sich einfach aus purem Spaß so beeilt haben.
    Als ich näherkam, lächelte sie und entblößte dabei einen fehlenden unteren Schneidezahn. »Mr. Samson?«
    »Darf ich bitte Ihre Hände sehen?«
    Sie hielt sie hoch. Sie waren lange nicht so braun wie die des Froschs. Das hat man von Vergasern und Arztrechnungen. An den Fingernägeln war nichts auszusetzen.
    »Wollen Sie mich hier ins Bild setzen?« fragte sie. »Oder haben wir noch Zeit für eine Tasse Kaffee?« Sie saugte Luft ein und leckte sich die Lippen. Ich schloß daraus, daß sie Durst hatte.
    »In dem Gebäude gibt es eine Snackbar«, sagte ich und ging voran.
    Vom siebten Stock des Parkhauses aus gingen wir direkt in den fünften des Bankgebäudes, genau wie der Frosch es am vergangenen Freitag getan hatte. Shelley's Shop lag am anderen Ende des rechten Korridors. Die Tische waren leer, aber an der Theke standen zwei Leute. Wir warteten neben einer Anschlagtafel.
    »Na, das gefällt mir«, sagte Bobbie Lee. »›Wenn du was ißt und niemand es sieht, hat es auch keine Kalorien.‹ Also das ist mir mal eine schöne Lebensanschauung.«
    Ich brachte zwei Tassen Kaffee, und wir zogen uns in eine kleine Nische zurück.
    »Also, worum geht's bei der Sache?« fragte sie. »Ich verfolge diese Frau, stimmt's? Wegen einer Scheidung?«
    »Nein. Wegen einer Heirat«, sagte ich. »Die Frau ist Witwe, und unser Klient liebt sie. Wir stellen fest, ob es einen anderen Mann in ihrem Leben gibt.«
    Bobbie Lee legte sich beide Hände aufs Herz. »Liebe«, seufzte sie. »Man kann sich drauf verlassen, daß sie

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