Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anruf vom Partner

Anruf vom Partner

Titel: Anruf vom Partner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lewin
Vom Netzwerk:
die Welt in die falsche Richtung dreht.«
    Ich reichte ihr das Bild von Charlotte Vivien.
    Sie betrachtete es aufmerksam. Sie sagte: »Ist diese Witwe eine reiche Witwe?«
    »Sieht man das?«
    »Teure Ohrringe, und die Bluse sieht nach Seide aus«, sagte Bobbie Lee. »Und was man vom Haus sieht, deutet auf einen Innenarchitekten hin.«
    Sie hielt mir das Foto hin. »Jetzt, wo Sie's sagen«, meinte ich. Ich gab ihr das Bild zurück.
    »Ist Ihr Klient in sie verliebt oder nur in ihr Geld?«
    »Ich glaube, er empfindet wirklich etwas für sie.«
    »Viele Menschen sind am besten, wenn man sie in Dollarzeichen hüllt.« Sie sah sich das Foto noch einmal an.
    »Der Klient hat keine Ansprüche auf sie, aber er möchte die Opposition kennenlernen. Und Sie sollen ihr folgen, am späten Nachmittag und abends.«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Bin ich allein? Keine Schichten?«
    »Nur Sie. Wenn es länger als ein paar Tage dauert, können wir das noch mal überdenken.«
    »Hm«, sagte sie. »Okay.« Und fügte hinzu: »Was berechnet Graham Ihnen?«
    Ich sagte es ihr.
    Sie schien nicht besonders erfreut. »Ist Ihnen klar, daß er mir weniger als die Hälfte davon gibt?«
    »Das wußte ich nicht«, sagte ich. »Scheint mir aber nicht ganz in Ordnung zu sein.«
    »Ich habe mich bereit erklärt, es für weniger zu machen als sonst, weil er mir was vorgejammert hat. Sie wären ein alter Freund und er täte Ihnen einen Gefallen, weil Ihr Geschäft in Schwierigkeiten sei. Stimmt irgend etwas davon?«
    »Nein.«
    »Also wissen Sie, Mr. Samson«, begann sie.
    »Wenn Sie es an Graham vorbeilaufen lassen wollen, ist das von mir aus in Ordnung, solange wir genug Stunden über ihn abrechnen, um noch glaubwürdig zu wirken.«
    »Sind Sie denn ein Freund von ihm?«
    »Hab den Mann vor letzter Woche nie gesehen.«
    »Aber Sie wollen sich gut mit ihm stellen?«
    »Ich expandiere. Wenn mehr Aufträge reinkommen, als ich allein bearbeiten kann, brauche ich Verstärkung. Und an dieser Stelle kommt Parkis ins Spiel. Bis ich es mir leisten kann, eigene Leute einzustellen.«
    »Mr. Samson, ich glaube, ich habe mich verliebt.«
    »Was?« fragte ich.
    Sie lächelte breit, und ihre Zunge spielte mit der Lücke zwischen ihren Zähnen. »Sie müssen doch schon mal was über Liebe gelesen haben.«
    »Äh, ja…«
    »Hören Sie, ich kenne alle Selbständigen mit Lizenz auf Grahams Liste und noch ein paar mehr. Und ich weiß, wer gut ist und wer nicht und wer Arbeit sucht.«
    »Es ist vielleicht eine zu persönliche Frage, selbst für jemanden, der verliebt ist«, sagte ich, »aber warum haben Sie keine eigene Agentur aufgemacht?«
    »Ich hatte ein- oder zweimal Schwierigkeiten in der Familie. Und man braucht auch Geld und Zeit und diesen stürmischen, unternehmerischen Geist, der einen dazu treibt, Schulden bei der Bank zu machen und in den Gelben Seiten zu inserieren.« Sie zog die Nase kraus. »Eines Tages vielleicht, aber noch nicht. Und wenn ich in der Zwischenzeit für jemanden arbeiten könnte, der mich nicht so ausnimmt wie Graham Parkis, tja, dann könnte derjenige sich wahrhaftig auf mich verlassen.«
    *
    Wir kamen ein paar Minuten zu spät zu unserem Treffen mit Tanzmaus in der Lobby.
    Tanzmaus war ungehalten. »Ich wollte gerade gehen«, sagte sie. »Unpünktlichkeit ist unhöflicher Umgang mit der Zeit anderer.«
    »Es tut mir sehr leid«, sagte ich. »Aber erlauben Sie mir, Sie mit Bobbie Lee Leonard bekannt zu machen. Sie wird anhand Ihrer Angaben die Zeichnung anfertigen.«
    Tanzmaus brauchte kaum eine Sekunde, um Bobbie Lees Flanellhemd und Cordhose einzuordnen. »Können wir's dann hinter uns bringen?« sagte sie.
    Nachdem sie jedoch erst mal begonnen hatten, überraschte Tanzmaus mich mit ihrer Entschlossenheit, ihre Sache gut zu machen. Bei den ersten Skizzen zu Wollhandschuhfraus Kleidern gab es viel Hin und Her. Als Bobbie Lee die Sache dann aber auf einem neuen Bogen ins reine brachte, sagte Tanzmaus: »Das ist es. Sie haben es geschafft.«
    »Gut«, sagte Bobbie Lee. Dann wandte sie sich an mich. »Mr. Samson, Sie können das haben, wenn Sie wollen, aber ich fertige davon zu Hause mit besseren Farben noch ein Bild an, falls Ihnen das weiterhilft. Sie können es morgen haben.«
    »Super«, sagte ich.
    Dann wandte Bobbie Lee sich wieder an Tanzmaus, stellte weitere Fragen und zeichnete. Sie versuchte Tanzmaus' Unterbewußtsein die Gesichtszüge der Wollhandschuhfrau zu entlocken. Unterbewußtes war in diesem Fall gewiß reichlich

Weitere Kostenlose Bücher