Anständig essen
es dadurch bewusstlos wird. Auch das hört sich plausibel an.
Inzwischen sind mindestens 15 Millionen Menschen in Pakistan von den apokalyptischen Zerstörungen der Flutkatastrophe betroffen. Mehr als 650 000 Häuserwurden zerstört. 500 000 Hektar Ackerfläche (etwa die doppelte Größe des Saarlands) stehen unter Wasser und werden so schnell nicht wieder zu bestellen sein. Auch in Deutschland regnet es fröhlich weiter. Mein geplantes Einmachfest mit Zwetschgen von den Brandenburger Chausseen muss leider ausfallen. An den Bäumen hängen kaum Früchte, und die, die es gibt, faulen an den Zweigen.
Als mal kurz die Sonne scheint, lasse ich die Hühner aus ihrem Gehege. Die befreiten Hühner haben sich inzwischen eingelebt und nun sollen sie auch wirklich frei sein. Noch ist Sommer, noch ist es warm, und der Fuchs hat keinen Grund, sich bis ins Dorf hineinzuwagen. Die Schar bleibt auch brav im Garten. Nur der dicke Piepsie trödelt wie üblich die Straße hinunter. Es ist das Letzte, was ich von ihm sehe. Als ich abends zur Stubenkontrolle in den Hühnerstall komme, fehlt er immer noch. Ich suche mit der Taschenlampe die Umgebung ab, finde aber nicht einmal eine Feder von ihm. Ausgerechnet der Piepsi.
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13
September – frutarisch (fruktarisch/frugan/frugivorisch)
»›Wollen Sie mir etwa erzählen‹, sagte Arthur, ›ich sollte keinen grünen Salat bestellen?‹ ›Nun ja‹, sagte das Tier, ›ich kenne viele Gemüse, die dazu eine sehr klare Meinung haben.‹«
(Douglas Adams, »Das Restaurant am Ende des Universums«)
Vorgabe: Ich esse nur Pflanzenteile, die man nehmen kann, ohne die Pflanze dabei zu verletzen oder zu töten.
Den ersten Tag als Frutarierin beginne ich mit einem schönen Tropicana-Frühstück: Obstsalat aus Banane, Melone, Ananas und Pfirsich. Dazu ein paar Blaubeeren. Außerdem stehen in meiner Küche und im Wohnzimmer Früchtekörbe wie in einer Hotelsuite, durch die ich mich im Laufe des Tages hindurchäse. Ich weiß natürlich nicht, wie grob oder sorgsam diese Früchte gepflückt worden sind. Aber die Apfelernte in meinem Garten ist wegen des vielen Regens praktisch ausgefallen, und deswegen muss ich mich damit begnügen, Früchte zu kaufen, die zumindest rein theoretisch gewaltlos gepflückt sein könnten. Bei Früchten, die am Baum wachsen, bin ich wohl halbwegs auf der sicheren Seite. Schließlich wollen die Obstbauern auch noch im nächsten Jahr ernten. Aber ob bei der Melonenernte die Melonen alle vorsichtig von ihrer Mutterpflanze getrennt worden sind, wage ich doch sehr zu bezweifeln. Wahrscheinlich wurden die Blätter und Stängel kurz danach ausgerissen oder untergepflügt. Zum Glück sind in diesem Jahr wenigstens die Kürbisse auf dem Misthaufen in meinem Garten gediehen und können eigenhändig eingesammelt werden. Als ich den ersten vorsichtig abdrehen will, reiße ich der armen Kürbispflanze die grüne Haut einen halben Meter weit vom Stängel herunter. Die anderen Kürbisse ernte ich daraufhin doch lieber mit dem Messer. Das vorsichtige Abdrehen der Früchte, das in meinem Gartenbuch empfohlen wird, bezieht sich wahrscheinlich eher auf die Apfel- und Birnenernte. Immerhin dürfen meine Kürbispflanzen weiterhin in Ruhe auf dem Misthaufen wuchern, wo sie dann am Ende des Jahres friedlich an Altersschwäche oder Frost eingehen werden.
Zur Erinnerung: Einen Apfel kann man essen, ohne den Apfelbaum zu verletzen. Da der Baum sich mittels seiner Äpfel fortpflanzt, hat er in gewisser Weise sogar ein Interesse daran, dass sie gegessen werden. Obst, Nüsse, Samen, Beeren, Tomaten, Bohnen, Erbsen usw. sind also erlaubt. Wurzel-, Knollen- oder Stängelteile gehören ausdrücklich nicht dazu. Also keine Kartoffeln, keine Rüben, kein Lauch und kein Spinat. Ob ich Getreide, also Brot, essen darf (als Samen eigentlich erlaubt, aber nach der Ernte wird das Feld umgepflügt, wobei die Getreidepflanzen vernichtet werden), konnte ich bisher noch nicht klären, weil ich immer noch mit keinem einzigen Frutarier gesprochen habe. Eigentlich bin ich ja davon ausgegangen, dass ich im Laufe meiner Recherchen über Vegetarier oder Veganer irgendwann von selber auf einen stoßen würde. Aber acht Monate sind vergangen, ohne dass ich auch nur einem einzigenlebendigen Frutarier begegnet wäre. Kurzzeitig habe ich mich schon gefragt, ob es die in Wirklichkeit vielleicht gar nicht gibt, obwohl ja Apple-Mitbegründer Steve Jobs einer gewesen sein soll. »Damals war ich tatsächlich noch
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