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Antarktis 2020

Antarktis 2020

Titel: Antarktis 2020 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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einundzwanzigsten Jahrhundert – ein Anachronismus!
    Er war gespannt, was die nächste Zukunft bringen würde, und er war sich im klaren darüber, daß das Praktikum in New Maori alles andere als routinemäßig verlaufen würde, daß die eigentlichen Ereignisse erst noch bevorstanden.
    Im Wagen der Ringbahn klärte ihn Dr. Andrej hastig über das Wesentliche auf:
    Die U-Flottille bestand aus etwa hundert Fahrzeugen der ehemaligen sowjetischen und amerikanischen Kriegsflotten. Die Besatzungen setzten sich aus Angehörigen der Marine fast aller, allerdings meist kapitalistischer Staaten zusammen. Nun hatte sich im Gegensatz zu einigen früheren Auffassungen bewährt, Leseerze, Abraumgestein, aber auch Algen diskontinuierlich zu fördern, weil Aggregate, die riesigen Staubsaugern ähnelten, außerordentlich teuer waren und zuviel Ballaststoffe, zum Beispiel Wasser, mit förderten, während bei den vorhandenen U-Fahrzeugen nur geringe Umbauten erforderlich waren, um sie gleichsam als große, selbstfahrende Container einzusetzen, zumal ja die Besatzungen vorhanden waren. Die Mineral- oder Pflanzenmassen wurden auf dem Grund mit Raupen und Schrappern in die Transporträume der U-Schiffe geschoben oder gezogen. »So wie die gleislose Förderung in Erztagebauen, die sich ja auch bewährt hat«, sagte Dr. Andrej. »In der Flor-Faun-Farm verfahren wir ähnlich. Nun stell dir vor, was das bedeutet, wenn die gesamte Flotte einige Tage ausfällt. Unser Jahresplan jedenfalls ist gefährdet.«
    »Was soll aber werden?« fragte Thomas. »Der Oberst schien keine schnelle Lösung zu wissen«, versuchte er zu scherzen.
    »Du hast ja gesehen«, antwortete Dr. Andrej, »so ist es hier immer. Bei wichtigen Entscheidungen sind wir ausgeschlossen. Was die beiden und der Proz jetzt ausknobeln, wird gemacht.« Thomas mußte wohl befremdet aufgesehen haben, so daß sich Dr. Andrej veranlaßt sah hinzuzufügen: »Natürlich lassen sie sich bei ihren Entscheidungen vom höchsten Nutzen für das Kombinat leiten – nur, der gute Wille dazu reicht eben manchmal nicht.«
    Dr. Andrej sah zum Wagenfenster hinaus. Der Triebwagen fuhr fast geräuschlos zwischen Masten, Schiffsaufbauten, über halsbrecherische, hängende Brückenkonstruktionen. Wenn der Blick frei wurde, waren die verschwommenen Konturen der Schiffe auf der anderen Seite des Ringes auszumachen. Dazwischen glitzerten Unmengen von blanken Stahllitzen, die über oder unter Wasser irgend etwas zu halten hatten. An jeder von ihnen hing eine Lampe wie eine Beere an einem blattlosen Halm. Auf dem ruhigen Wasser im Inneren des Rings fuhren kleine Boote.
    »Hier müßte ein guter Psychologe Direktor sein«, sagte Dr. Andrej wie zu sich selbst. »Einer, der sich in das Denken der Menschen einfühlen kann. Und von denen…«, Thomas wußte, daß er von den ehemaligen Soldaten sprach, »… denken noch viele anders als wir…«
    Der Wagen hielt. Thomas hatte bereits bemerkt, daß Dr. Andrej nicht die Absicht hatte, den Verwaltungstrakt seines Sektors aufzusuchen, dazu wäre das Benutzen der Ringbahn unsinnig gewesen. Sie stiegen aus, fuhren mit einer Rolltreppe abwärts und standen auf einer vom Wasser des Ringinnenraumes begrenzten Plattform, wie Thomas sie bereits von seiner Ankunft her kannte.
    »Der U-Hafen«, sagte Dr. Andrej.
    In der Luft lag ein Wummern. Dr. Andrej sah angestrengt zur Ringdurchfahrt, die sich durch die Brückenkonstruktion der Ringbahn deutlich vom Gleichmaß der übrigen verbundenen Schiffskörper unterschied. »Sie kommen«, sagte er. An der Durchfahrt, die von ihrem Standort vielleicht vier Kilometer entfernt war, sah Thomas eine Anzahl grauer Körper auf dem Wasser, von dort kam auch das Gedröhn.
    »Es dauert fast noch eine Stunde, bevor sie hier sind«, sagte Dr. Andrej. »Sie müssen die gekennzeichneten Wege benutzen, wegen der Seile. Wir gehen in die Hafenzentrale, Neuber wird sich ja nun bald melden…«
    Die Boote waren schon zu sehen. Das Wummern der Diesel war in ein sanftes Brummen übergegangen, sie lagen gleichsam auf Reede.
    Oberst Rijsdijk, der ebenfalls in der Hafenzentrale eingetroffen war, lief unruhig in dem verhältnismäßig kleinen Raum hin und her. Über den Bildschirm schaute Neuber in die Szene. Die Arbeiter, die sonst die Zentrale bedienten, saßen ratlos auf abgerückten Stühlen.
    Am Steuerpult hatte Dr. Andrej Platz genommen. Er rief zum wiederholten Male: »U acht, bitte kommen, U acht, bitte kommen.« Danach drückte er die Empfangstaste,

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