Anthologie - Das Lotterbett
zusammenführe. Das konnte ich ihr mit gutem Gewissen versprechen… der Begriff ›geeignet‹ ist Gott sei Dank relativ…«
»Teufel noch mal«, sagte ihr Mann und blickte bewundernd auf seine versierte und tatkräftige Frau. »Unter diesen Umständen wirst du den beiden wohl abschreiben müssen.«
»Langsam, langsam«, erklärte sie und runzelte die Stirn. »Eigentlich habe ich keine Lust, nein zu sagen.«
»Wie ich dich kenne, Liebste, wirst du es wohl auch nicht tun«, meinte ihr Mann. Er setzte unbeschränktes Vertrauen in ihre Gabe, alles arrangieren zu können, wenn es auch noch so schwer und kompliziert war.
»Nein, ich werde sie nicht abweisen«, sagte sie entschlossen. »Ich glaube nämlich, daß die zwei uns brauchen, weißt du…«
»Ich weiß zwar nicht, wie du das meinst, aber wenn du es sagst, wird es wohl stimmen.«
»Ja. Sie wären wie verwandelt, wenn sie hier bloß eine Woche wohnten… Man kann allerdings nicht zu scharf mit Leuten verfahren, die eingeengt und langweilig zwanzig Jahre miteinander gelebt haben… Du bist jetzt fünfundvierzig, Georg, nicht? Und ich bin drei Jahre jünger.«
»Warum betonst du das so?« fragte er verwundert.
»Fünfundvierzig ist ein geeignetes Alter für eine Frau, die Vertrauen braucht… Wir wollen uns der beiden persönlich annehmen.«
»Oho, was für eine Idee!«
»Ich leiste mir hie und da originelle Ideen. Sie kommt zuerst, und da kannst du sie mit deiner ganzen Artillerie angreifen. Aber nur sie! Seiner nehme ich mich an. Wenn sie abreisen, wird ihr Glaube, daß diese Pension die respektabelste der Welt ist, unerschüttert sein, und sie werden jeder mit einem kleinen, reizenden Liebesabenteuer heimkommen, das ihnen den ganzen Winter vergolden wird… Sie werden einander näherkommen und aufhören, das Mädchen zu bewachen und zu versklaven…«
»Du bist eine Perle!« sagte ihr Mann und küßte sie herzhaft auf die Wange.
»Manchmal glaube ich es fast selbst«, antwortete seine Frau bescheiden. »Wie viele haben sich miteinander verheiratet, nachdem sie einander hier kennenlernten? Mindestens zweihundert im Lauf von zwanzig Jahren… Erinnerst du dich noch, wie schwer wir es am Anfang hatten? Keine Gäste in der Pension in den ersten drei Wochen, bis ich auf die Idee kam, Heiratsannoncen in den Zeitungen zu beantworten und gescheiterte Männer und Frauen jeden Alters aufzunehmen…«
»Ohne deinen Geniestreich wären wir verhungert. Jetzt haben wir immer alles voll belegt, obwohl wir unsere Gäste nur auf Weiterempfehlung anderer Gäste bekommen«, sagte Georg zufrieden lächelnd. »Eine Anzeige im Jahr der Dekoration wegen, sie bringt zwar nichts ein, aber sie ist gut für unser ›Image‹… Jesses, was machen wir aber während der Zeit mit dem Mädchen? Hast du Ann-Sofi ganz vergessen? Sie ist ja auch hier!«
»Ich rechne damit, daß sie es nicht ist«, sagte seine Frau schmunzelnd. »Stella kommt ja immer her, um sich eine Gespielin für den August auszusuchen, den sie in ihrem Landhäuschen an der Westküste verbringt. Sie ist Lehrerin und hat den ganzen Sommer über frei… Ich glaube nicht, daß man Ann-Sofi viel zureden muß, Stella zu begleiten. Die beiden verstehen einander ausgezeichnet, das habe ich bereits gemerkt…«
Eines Abends kam Göran zu Ann-Sofi, als sie lag und las. Mit tragischer Miene ließ er sich auf ihrem Bettrand nieder.
»Was ist los mit dir?« fragte sie lächelnd. »Du siehst aus, als hättest du dein Geld beim Roulettspiel verloren. Oder ist es dein Schwanz, den du verloren hast?«
»Freche Göre!« brummte er und sah weiterhin deprimiert drein.
»Aber wenn dein Schwanz steht, brauchst du doch nicht so miesepetrig zu sein.«
»Ach, es ist wegen Erik. Er hat ein Mädchen hier aufgetrieben, auf das er scharf ist, und hat es jetzt jede Nacht im Zimmer…«
»Und du darfst nicht dabei sein?« fragte Ann-Sofi belustigt.
Er nickte melancholisch.
»Ist das kameradschaftlich?« sagte er klagend. »Dich haben wir geteilt, genau wie wir alles sowohl im Krankenhaus wie hier geteilt haben. Aber die will er plötzlich ganz allein haben. Grad jetzt liegt er mit ihr und schaut sie an…«
»Du kannst mich anschauen«, sagte Ann-Sofi teilnahmsvoll.
Sofort hellte sich seine Miene auf, er schlug die Bettdecke zurück und zog ihr das Nachthemd in die Höhe.
»Kille, kill«, meinte er und kitzelte tolpatschig ihr Haarbüschel. »Komm doch, setz dich mal auf mich.« Er legte sich zurecht, und Ann-Sofi setzte sich mit
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