Anthologie - Das Lotterbett
erzählt hatte, wie sie hieß.
Als ich näher darüber nachdachte, fiel mir ein, daß auch ich meinen Namen nicht genannt hatte. Obwohl ich ihren Namen erfuhr, als sie später ausstieg: Marie!
Marie! Ich wünschte, du wärst jetzt bei mir. Die Erinnerung an dich läßt meinen Schwanz wieder steif werden. Er erinnert sich genauso gut an dich wie ich. Komm, leg dich wieder hin, du störst mich bei der Arbeit. Ich kann den Laster nicht lenken, wenn du darauf bestehst, aus der Hose zu springen.
Wir kamen schließlich weiter. Mein Hemd war völlig durchnäßt, und in der Hose tat mir der Schwanz weh. Es war sehr lange her, daß ich so einen Tanz mitgemacht hatte. Normalerweise bringt man es höchstens zu einer schnellen Nummer, die einem irgendwo über den Weg läuft. Es geschieht aber selten, daß man so viel Gefühl und so viel Energie einsetzt wie in diesem Fall.
Marie saß wieder still an meiner Seite, als ich den schweren Lastwagen von dem Parkplatz endlich auf die Straße lenkte. Ich sah – sie an und lächelte, während ich gleichzeitig mit einem gewohnten Handgriff den vierten Gang einlegte.
»Na, wie sieht’s aus? Ist deine Votze rot wie der Hintern eines Schimpansen?«
Marie seufzte.
»Sie sieht eher aus wie eine Kochplatte, die man zu lange ohne Aufsicht gelassen hat. Heiß und rotglühend. Mir ist zumute, als könnte ich nie mehr mit ordentlich geschlossenen Beinen Spazierengehen. Guck mal! Ich muß mit gespreizten Schenkeln dasitzen. Mein Gott, das brennt vielleicht.«
»Es scheint aber nicht, als würde dir das sehr unangenehm sein, oder irre ich mich da?«
»Wenn ich die Wahrheit sagen soll: Nein! Ich habe wohl eher davon geträumt, daß so etwas mal passieren würde. Man wird in Uppsala mit guten Geschlechtsakten nicht gerade verwöhnt. Man kriegt zwar von Zeit zu Zeit einen Studentenschwanz zu schmecken, eine schnelle Nummer in irgendeiner Bude, während man nervös daliegt und hofft, daß diejenige, mit der man das Zimmer teilt, nicht so schnell zurückkommen möge. Aber so wie jetzt, das ist äußerst selten!«
Sie sah fast schuldbewußt aus.
Ich erinnere mich heute, um diese Zeit, fast besser an Marie: jetzt, da sich die Silhouette Uppsalas vor dem rotdiesigen Nachthimmel abzeichnet. Ich setzte sie am Rondell im Süden der Stadt ab. Als ich in die Abzweigung nach Sundsvall einbog, blickte ich in den Rückspiegel. Ich sah, wie sie in Richtung Innenstadt losmarschierte. Sie sah so klein und verloren aus, eine Figur zwischen Häuserblocks und Automobilwerkstätten. Ich lehnte mich aus dem Fenster, um ihr zuzuwinken, aber sie drehte sich nicht mehr um und konnte mich darum nicht sehen. Marie!
LENA
Es war gar keine dumme Idee, ein Schlückchen Kaffee zu trinken. Obwohl es irgendwie auch ganz schön ist, wieder im Laster zu sitzen. Ich empfinde jede Fahrtunterbrechung so, als würde ich mich schließlich um ein Stück der Zeit betrügen, die ich zur Heimfahrt brauche. Jetzt ist es eine ganze Strecke wieder recht düster auf der Straße. Wald und Dunkelheit bis etwa zum Dalälv. In Marma gibt es zwar Licht und Häuser – und Muschis wohl auch – , aber dort habe ich noch nie angehalten. Auch jetzt wird es damit nichts werden.
Es sieht so aus, als würde es bald Regen geben. Ein Glück, daß die Zeit der großen Schneefälle noch nicht wieder da ist. Einmal im Herbst, als ich von Stockholm nach Norden fuhr, geriet ich in einen sagenhaften Schneesturm. Straße und Landschaft vor mir sahen aus wie ein weißer Teppichboden, und alle Umrisse verschwanden in den herumwirbelnden Schneeflocken. Ich war durch Skutskär durchgefahren und nach Furuvik gekommen. Dort fand ich etwas Windschatten und konnte das Fernlicht einschalten. Kurz nach den Schildern an der Ortseinfahrt entdeckte ich einen kleinen Wagen, der am Straßenrand hielt. Ein schwarzes Bündel stieg aus dem Wagen und fing an, mit den Armen zu winken.
Weil ich eine hilfsbereite Seele bin, hielt ich natürlich sofort an. Eine Dame von, na sagen wir dreißig Jahren kam zu mir und klagte, mit ihrem Motor sei irgend etwas nicht in Ordnung. Der Wagen habe plötzlich angefangen zu husten und sei dann mitten im Schneegestöber stehengeblieben. Ob ich ihr wohl helfen könne, ihn wieder in Gang zu bekommen? Sie wolle gut bezahlen. Nachdem ich die Dame kurz beäugt hatte, beschloß ich, ihr aus der Patsche zu helfen – und natürlich auch ordentlich bezahlt zu werden. Aber was ich brauchte, war etwas anderes als Geld.
Ihrer Beschreibung der Misere
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