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Anti-Eis

Anti-Eis

Titel: Anti-Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
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ohne Krieg erreicht – aber zu einem Preis, den er sicher
nicht akzeptieren konnte.
    Irgendwo über meinem Schirm ertönte ein Brüllen,
und ich sah einen Blitz aus Dampf und Feuer. Erneut verrenkte ich den
Hals – da war der Kleine Mond, der verwirrt auf diese
geschundene Erde herabblickte –, und da stieg die sagenhafte Phaeton zum letztenmal auf ihren Wolken aus Dampf in den
Himmel.
    Das Schiff gewann stetig an Höhe. Bald markierte nur noch
eine Dampfspur, ähnlich der von Galdstones Granate, ihre Bahn;
und ich begriff, daß Traveller nicht vorhatte, noch einmal auf
die Welt der Menschen zurückzukehren. Schließlich
verwischte sich die Spur fast bis zur Unkenntlichkeit, als Traveller
die Grenze der Atmosphäre erreichte… aber es war eine Spur,
die wie ein Pfeil auf das Herz des Kleinen Mondes wies.
    Jetzt war seine Absicht klar; er wollte das Schiff mit dem
Satelliten kollidieren lassen.
    Einige Minuten verstrichen. Travellers Spur franste langsam aus,
und ich schaukelte hilflos, aber bequem unter Leonardos Schirm; ich
hielt den Blick auf den Kleinen Mond gerichtet und wartete darauf,
daß die Phaeton auf ihm einschlug…
    Die Welt wurde bis zum Horizont von Licht überflutet; es war,
als ob der Himmel selbst in Flammen stünde.
    Der Kleine Mond war anscheinend explodiert.
    Geblendet kam ich inmitten einer Gruppe staunender Franzosen auf
dem Erdboden auf.

 
Epilog

----
Ein Brief an den Sohn
     
     
    4. November 1910
    Sylvan, Sussex
    Mein lieber Edward,
     
    ich hoffe, dieser Brief erreicht Dich in der Befindlichkeit, in
der ich ihn abgeschickt habe: Soll heißen, bei guter Gesundheit
und frohen Mutes.
    Du wirst zweifellos erstaunt sein, beim Öffnen dieses Briefes
statt des üblichen Missivs Deiner Mutter diese paar von mir
hingekritzelten Seiten zu sehen. Und ich hoffe, Du wirst mir
verzeihen, wenn ich den gewohnten Nachrichtenüberblick von
zuhause diesmal unterschlage; was das betrifft, so möchte ich
nur sagen, daß es uns allen gut geht und wir dich sehr
vermissen.
    Dieses Schreiben ist der Versuch, auf meine unvollkommene Art die
Meinungsunterschiede zu überbrücken, die in unserer
Eigenschaft als Vater und Sohn zwischen uns bestehen. Ich nehme die
Verantwortung dafür auf mich; und wie Du vielleicht gemerkt
hast, war unsere letztes ausführliches Gespräch vor Deiner
Abkommandierung nach Berlin – Du erinnerst Dich: Mit Pfeife,
Whisky und in Hausschuhen vor dem verglimmenden Kaminfeuer an jenem
späten Samstagabend – ein früherer Versuch, diese
Barriere zwischen uns zu durchbrechen. Ich habe natürlich
versagt. Und doch, in Deinem heiligen Zorn an jenem Abend, brach es
mir fast das Herz, als ich mich in Dir wiedererkannte, so wie ich vor
dreißig oder vierzig Jahren selbst einmal gewesen war!.
    Laß mich nur soviel sagen. Ich bin Dein Vater. Ich betrachte
mich nicht als Feigling und noch weniger als Patrioten. Ich kann Dir
versichern, daß Du Dich deswegen nicht schämen mußt.
Aber meine Ansichten bezüglich des bevorstehenden Konfliktes mit
Preußen wirst Du mit Sicherheit nicht teilen können.
    Ich bin nicht bestrebt, Dir meine Philosophie aufzuzwingen; Du
bist Offizier in der besten Armee der Welt, und ich bin sehr stolz
auf Dich. Aber ich möchte, daß Du mich verstehst. Wenn es
Krieg gibt – was ich für unausweichlich halte –, dann
wird er Dich, und ich bete zu Gott, daß er Dich beschützt,
mit Sicherheit verändern, ob nun zum Besseren oder Schlechteren.
Und ich möchte, ein letztesmal, versuchen, in dem jungen Mann,
den ich großgezogen habe, ein wenig Verständnis dafür
zu wecken, warum ich so geworden bin, wie ich jetzt bin, seit jenen
schicksalhaften Tagen des Jahres 1870.
    Du hast mein Manuskript mit dem Bericht über die Abenteuer
gelesen, die ich vor vierzig Jahren erlebt hatte – ebenso wie
die geschliffeneren Ausführungen von Sir George Holden, der
seine Erlebnisse in eine lukrative und ruhmreiche Karriere
ummünzen konnte, bevor er aufgrund eines
übermäßigen Genusses von Portwein und anderen
Essenzen eines frühzeitigen Todes starb. Er machte sein
Vermögen natürlich mit dem wissenschaftlichen Roman Das
Neue Carthago, der davon handelt, daß die Bürger
dieser antiken Stadt Anti-Eis entdecken und sich daraufhin umgehend
an ihren Feinden, den Römern, rächen. Die Kritik
verriß es als ›flüssig geschrieben, aber wenig
plausibel…‹ – was genau der Ansicht von Josiah
Traveller entsprach, als er Holden vor vielen Jahren auf der Phaeton diesen Köder

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