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Anti-Eis

Anti-Eis

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Light Rail Company gehalten waren. Ein Steward, ein
kleiner Bursche mit einem affenartigen Gesicht, das deplaziert aus
dem sauberen weißen Anzug ragte, servierte uns Drinks –
ich ließ mir einen Scotch mit Wasser kommen, Holden einen
Brandy – und während wir auf den Rest der Passagiere
warteten, ließen wir uns auf einer Sitzbank unter einem
großen Panoramabild nieder, um zu rauchen und uns zu
unterhalten.
    Ich erzählte Holden, daß mir das kuriose Design unserer
Lokomotive mißfiel und verglich es zu seinen Mißfallen
mit den neuen tropfenförmigen Konstruktionen, die auf unserer
Ausstellung gezeigt wurden. Vielleicht, so sinnierte ich, hatten die
durch das Anti-Eis bedingten Fortschritte auch ihren Preis. Wir
ließen uns hinreichend über diesen Punkt aus, und dann
schweifte unser Gespräch in die Rolle und Folgen der
Anti-Eis-Technik im allgemeinen ab; und schließlich begann
Holden, der mit zunehmender Entspannung immer gesprächiger
wurde, mich in die erregende Geschichte der Entdeckung des Anti-Eises
einzuweihen…
     
    Laut Holden begann die Geschichte des Anti-Eises mit obskuren
Legenden der australischen Aborigines. Nach Aussage dieser wilden
Burschen fiel zu der Zeit, als der Kleine Mond zum erstenmal am
europäischen Himmel erschien (um 1720), ›in Eis
eingeschlossenes Feuer‹ vom australischen Himmel. Dieses Eis
wies eine gelbliche und rötliche Tönung auf, und jeder, der
das Eis mit den Händen umschloß, entfachte das
dämonische Feuer und wurde von ihm verzehrt.
    Der britische Forscher Ross befand sich auf der Durchreise in die
Antarktis, und diese Legenden, die er in einer Kneipe aufgeschnappt
hatte, weckten seine Neugier. Er beschloß, sie bis zu ihrem
Ursprung zurückzuverfolgen.
    Seine Suche führte ihn nach Cape Andare, einer antarktischen
Halbinsel südlich des australischen Kontinents. Ross und seine
Mannschaft verbrachten mehrere Tage mit der Erkundung der
eisbedeckten Ebenen. Schließlich näherten sie sich einer
Kette niedriger, gezackter Berge und stießen unerwartet in eine
Ebene vor, die mit massiven Felsbrocken übersät war. Als
seine Schlittenhunde sich im Slalom zwischen diesen
zerklüfteten, eisbeschichteten Fragmenten
hindurchschlängelten, überlegte Ross (wie er in seinem
Tagebuch berichtete), daß die Szenerie den Eindruck eines
explodierten Berges vermittelte, der nun zerbröselt auf dem Eis
lag. Und merkwürdigerweise klaffte eine Lücke in der
Bergkette; es schien, als ob ein Zahn in einem ansonsten gesunden
Gebiß fehlte.
    Als Ross sich dem Mittelpunkt dieser seltsamen Ebene näherte,
bemerkte er, daß die Felsbrocken immer kleiner wurden, bis die
Kufen seines Schlittens schließlich über kieselartige
Steinchen knirschten. Die Beschaffenheit des Eises mutete hier
ebenfalls sehr merkwürdig an; es wirkte glasiert, und wenn man
die obersten paar Zoll entfernte, war es ganz klar; außerdem
wies es Einschlüsse von Kieselsteinen und Felsbrocken auf, als
ob es sich um Bernstein handelte.
    »Ross hatte den Eindruck«, sagte Holden, »daß
hier eine riesige Explosion stattgefunden hatte. Ein Berg war
zertrümmert worden, wobei große Felsbrocken meilenweit
durch die Luft gewirbelt worden waren; das Eis war schlagartig
verdampft und in großen Wolken in die frostige Polarluft
aufgestiegen. Dieser Dampf war dann schnell wieder gefroren und hatte
die Trümmer überzogen.« Holden klopfte die Pfeife aus,
wobei seine gnomenhaften Gesichtszüge die Spannung seiner
Erzählung reflektierten.
    Mit steigender Erregung setzte Ross seine Erkundungen fort,
berichtete Holden.
    Und schließlich stieß er auf das Zentrum der
großen Explosion.
    Eine Kuppel aus einer gelben Substanz, vielleicht zehn Fuß
hoch, erhob sich aus dem Eis.
    Anfangs hielt Ross sie für eine Art Gebäude, und er
fragte sich, ob er vielleicht vor der Entdeckung bislang unbekannter
antarktischer Ureinwohner stand. Aber er gelangte schnell zu dem
Schluß, daß es sich hierbei nicht um eine menschliche
Konstruktion handelte; ebensowenig war die Kuppel hohl. Das war ein
seltsames neuartiges Eis. Ross drückte das Gesicht an die kalte
Oberfläche, entfernte ein paar Zoll frischen Schnees und schaute
in das rätselhafte Innere.
    Schichten einer rötlichen Substanz hingen wie Schleier in der
gelben Masse.
    Die Mannschaft schlug im Windschatten der Eiskuppel ein Lager auf.
Ross wußte, daß es am sichersten wäre, Proben dieses
Eises auf sein Schiff – oder sogar nach England – zu
bringen, um es dort einer gründlichen

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