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Anti-Eis

Anti-Eis

Titel: Anti-Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
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im Gesicht und
einen stetigen Druck, der mich schier durch den Teppich in das
darunterliegende Metall pressen wollte.
    Holdens Stimme schien aus großer Entfernung an mein Ohr zu
dringen. »Möge Gott uns schützen«, schrie er.
»Die Phaeton ist in der Luft!«
    Mit großer Anstrengung blickte ich erneut aus dem Bullauge.
Die Landschaft krümmte sich jetzt in sich selbst, eine
umgestülpte blaue Schüssel; aber der Lärm, die
Vibrationen, der Geschmack von Blut waren noch immer
präsent…
    Dunkelheit umfing mich.

 
5

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Über der Atmosphäre
     
     
    Es war, als ob ich im weichsten Federbett der Welt liegen
würde. Ich schwebte in Stille und döste zufrieden wie ein
kleines Kind.
    »… Ned? Ned, könnt Ihr mich hören?«
    Die Worte drangen in mein Bewußtsein. Zunächst wehrte
ich mich gegen sie, aber die Stimme verstummte nicht, und
schließlich glaubte ich, wie ein Korken an die Oberfläche
des Bewußtseins aufzutauchen.
    Ich schlug die Augen auf. Das runde Gesicht von Holden hing
über mir und wies alle Anzeichen der Besorgnis auf; er hatte den
Kummerbund verloren, und der Kragen und die Krawatte waren
zerknittert und hatten sich am Hals um neunzig Grad verschoben; sein
strubbeliges Haar schien auf seltsame Art das Gesicht zu umschweben,
wie ein öliger, schwarzer Heiligenschein.
    »Holden.« Ich hatte einen trockenen Hals und
Blutgeschmack auf der Zunge.
    »Seid Ihr in Ordnung? Könnt Ihr Euch
aufsetzen?«
    Ich blieb noch einen Augenblick lang liegen und wartete, bis ich
wieder ein Gefühl für den Körper und die
Gliedmaßen bekam. »Ich bin völlig steif, als ob ein
paar Schläger mich in die Mangel genommen hätten; aber
andererseits geht es mir erstaunlich gut.« Ich drehte den Kopf,
wobei ich fast erwartete, auf einer Art Pritsche zu liegen, aber ich
war nur auf einen Teppich – noch dazu auf einen
blutverschmierten – gebettet. »Wie lange war ich
bewußtlos?«
    Holden packte mich an der Schulter und bugsierte mich in eine
sitzende Position; ich hatte das Gefühl, haltlos auf dem
Orientteppich zu pendeln, und mein Magen schien sich
umzustülpen, als ob ich fiele. Ich schüttelte die
Benommenheit ab. »Nur ein paar Minuten«, sagte Holden,
»aber – Ned, unsere Situation hat sich verändert. Ich
glaube, Ihr solltet Euch auf einen Schock gefaßt
machen.«
    »Einen Schock?«
    Ich schaute mich in der Flugmaschine um. Holden selbst hockte auf
dem Teppich und klammerte sich am Rand fest, als ob sein Leben davon
abhinge; der arme Pocket war noch auf seinen Sitz geschnallt und
schaute so unglücklich drein wie ein gerupftes Huhn.
    Und Traveller?
    Sir Josiah stand vor einem Bullauge und hatte den Zylinder tief
ins Gesicht gezogen. In der einen Hand hatte er ein kleines Notizbuch
und einen Bleistift, und die andere hielt er mit ausgestreckten
Fingern zwischen Gesicht und Fenster; blauweißes Licht
strömte durch das Bullauge herein und zauberte Reflexe auf seine
polierte Platinnase. (Wie ich sah, waren die anderen Fenster
abgedunkelt, und die in der Kabine montierten Acetylenlampen waren
eingeschaltet worden.)
    Dann fragte ich mich, ob ich noch träumte.
    Wie ich bereits sagte, stand Traveller am Bullauge, und diesen
Eindruck hatte ich auf den ersten Blick auch wirklich gehabt; als ich
ihn jedoch intensiver betrachtete, stellte ich fest, daß sich
seine großen Schuhe etwa vier Zoll über dem Linoleum befanden. In der Tat ermöglichten es mir Travellers leicht
angewinkelte Beine, den in die Sohlen gestanzten Namen des
Herstellers zu lesen.
    Solcherart schwebte Sir Josiah wie ein Illusionist in der Luft,
offensichtlich ohne irgendeinen Halt.
    Ich schaute zu Holdens Gesicht auf. Seine Hand lag auf meiner
Schulter. »Bleibt ruhig, Ned; eins nach dem
anderen…«
    Eine Woge der Panik schlug über mir zusammen. »Holden,
verliere ich etwa den Verstand?« Ich stützte mich mit den
Händen auf dem Teppich ab, um die Beine anzuziehen und
aufzustehen. Der Teppich entglitt meinen Fingern, und ich schwebte in
die Luft, als ob ich an einem unsichtbaren Seil gezogen würde.
Ich versuchte, mich am Teppich festzuhalten, zunächst mit den
Händen, dann mit den Stiefelspitzen, aber ohne Erfolg; und bald
verlor ich den Bodenkontakt, hing in der Luft und streckte wie ein
Seestern Arme und Beine aus.
    »Holden! Was geschieht mit mir?«
    Holden saß nach wie vor auf dem Teppich und krallte die
Finger hinein. »Ned, kommt da runter.«
    »Das werde ich, wenn Ihr mir sagt, wie«, rief ich. Nun
kollidierten Hals und Schultern

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