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Anti-Eis

Anti-Eis

Titel: Anti-Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
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oder
einem anderen entfernten Land – aber was, wenn es uns in einen
undurchdringlichen Dschungel verschlagen hatte? »Aber sicherlich
haben wir nichts zu befürchten«, setzte ich hastig nach.
»Alles, was wir tun müssen, ist das Schiff zu verlassen und
das nächste britische Konsulat aufzusuchen; in jeder
größeren Stadt der Welt gibt es eine Vertretung, und man
wird uns Schutz und Hilfe gewähren…«
    »Ned.« Holden sah mich unverwandt an, obwohl ich
feststellte, daß seine noch immer im Teppich verkrallten
plumpen Hände zitterten. »Ihr müßt still sein
und versuchen, zu begreifen. Wir sind weiter von jedem Konsulat
entfernt, als Ihr es Euch nur vorstellen könnt.«
    Traveller sprach so langsam und einfach wie zu einem Kind:
»Laßt uns Schritt für Schritt vorgehen. Die Motoren
stehen still. Aber wir befinden uns nicht auf dem Boden. Das ist
sicher offensichtlich, selbst für einen Diplomaten. Vielmehr
befindet sich das Schiff – ohne den von den Motoren gelieferten
Raketenschub – im freien Fall. Und wir fallen mit ihm; und
deswegen schweben wir, wie eine Murmel in einer fallenden Schachtel
zu schweben scheint.« Sir Josiah vertiefte sich in eine lange
und komplizierte Erläuterung dieses Theorems, das auf dem Fehlen
von Reaktionskräften zwischen meinem Rücken und dem Stuhl
beruhte, auf dem ich saß…
    Aber ich hatte das Prinzip verstanden. Wir fielen.
    Ein Panikanfall überkam mich, und ich zerrte an den Gurten.
»Dann sind wir dem Untergang geweiht, denn wir werden sicher in
wenigen Augenblicken auf dem Boden zerschellen!«
    Traveller stöhnte theatralisch auf und schlug sich auf den
Schenkel. »Ned, Ihr habt es noch nicht begriffen«, sagte
dann Holden. »Wir müssen nicht befürchten,
abzustürzen.«
    Ich kratzte mich am Kopf. »Dann muß ich gestehen,
daß ich überhaupt nicht weiß, was los ist,
Holden.«
    »Im Augenblick des Stapellaufs der Albert – und
der Sabotage – wurden die Motoren der Phaeton hochgefahren«, sagte Traveller. »Das Schiff erhob sich
in die Luft – und stieg mit zunehmender Geschwindigkeit auf
– und stieg immer weiter, bis es die Erde weit unter sich
gelassen hatte.«
    Ein Frösteln lief durch meinen Körper, und schlagartig
fühlte ich mich schlapp und detachiert. »Dann befinden wir
uns also in der oberen Atmosphäre?«
    Traveller drückte seine Zigarette in dem im Nachbarsitz
eingebauten Aschenbecher aus und streckte einen Arm zu mir aus.
»Ned, ich glaube, Ihr solltet mit mir kommen. Glaubt Ihr,
daß Ihr dazu imstande seid?«
    Der Gedanke, mich wieder wie ein Trampolinspringer
abzustoßen, beunruhigte mich zwar; dennoch löste ich den
Verschluß und streifte die schwebenden Gurte ab. Ich richtete
mich auf, so daß ich in der Luft driftete und stieß mich
mit beiden Händen vom Sitz ab. Wie ein Baumstamm flog ich durch
die Kabine und schloß schließlich zu Traveller auf,
dessen starke Hand mich an das Bullauge heranzog.
    »Danke, Sir.«
    Sein verwüstetes Raubtierprofil wurde von dem blauen Licht
konturiert. »Nun schaut einmal nach
draußen…«
    Ich schob das Gesicht dicht an das Bullauge. Eine Kugel hing an
einem sternenübersäten Himmel, wie eine wundervolle blaue
Laterne; ein Drittel davon lag im Schatten, und Lichter blinkten in
dieser Dunkelheit. Auf der hellen Seite der Kugel konnte man durch
eine aufgelockerte Wolkenschicht die vertrauten Konturen der
Kontinente ausmachen. Ein kleiner, strahlender Lichtpunkt schob sich
über den Horizont der Kugel und spiegelte sich in dem
darunterliegenden Ozean.
    Das war natürlich die Erde, und der winzige Satellit, der
geduldig seinen neunzigminütigen Monat absolvierte, war der
Kleine Mond.
    Ich spürte Travellers Hand auf der Schulter. »Selbst das
Empire wirkt winzig aus dieser Distanz, was, Ned?«
    »Sind wir noch in der Atmosphäre?«
    »Leider nicht. Hinter der Hülle der Phaeton liegt
nur der leere Raum: Ohne Luft, ohne Licht – und einige Dutzend
Grad kälter, als Monsieur Fouriers Hypothese
unterstellte.«
    »Und wir entfernen uns noch immer von der Welt?«
    »Das tun wir.« Traveller brachte mit etlicher
Geschicklichkeit sein Notizbuch zum Vorschein, wobei er nur die
Finger einer Hand benutzte, und überprüfte ein paar
Berechnungen. »Ich habe auf der Grundlage bekannter Bezugspunkte
auf der unter uns liegenden Erde eine Dreieckspeilung
durchgeführt und somit unsere Geschwindigkeit bestimmt. Die
Ergebnisse sind natürlich nur Näherungswerte, denn ich
verfüge nicht über die

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