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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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schließlich dazu gekommen, die Kräfte von Worten oder Symbolen auf eine mechanische Weise vorzustellen.« (ebd., S. 110) Tatsächlich war Freud ein Meister der magischen Kausalität und der Herstellung von Symbolbeziehungen. Wie wir gesehen haben, ist Die Traumdeutung ein Panoptikum von Dingen, die nicht sie selbst, sondern andere Dinge sind, ganz wie es Freud beliebte.
    Mauss schrieb: »Wie die Religion ist die Magie ein Block, entweder man glaubt an sie oder nicht.« (Mauss, Entwurf einer allgemeinen Theorie der Magie, S. 124) Genau aus diesem Grund gestand Freud kein einziges Mal ein therapeutisches Scheitern ein, und war es noch so augenfällig. Den gescheiterten Fall der Anna O., den er als Erfolgsgeschichte darstellte, benutzte er sogar als Gründungsmythos der Psychoanalyse. Da dieser Fall nachweislich
Fiktion ist, kann die gesamte freudsche Lehre als Fiktion betrachtet werden – was die Hagiographen natürlich zu verbergen trachten.
    Wer den Psychoanalytiker Freud aufsuchte, betrat das Haus eines Zauberers: Er glaubte an ihn, weil dieser überall öffentlich, in Artikeln, in der Presse und in Büchern behauptete, seine Behandlung führe stets zum Erfolg. Freud genoss Vertrauen, da auch seine Schüler die Geschichten der angeblichen Erfolge verbreiteten, und man zweifelte ihn nicht an, weil er in seinen Büchern darlegte, wie er die hysterische Anna O., den phobischen Kleinen Hans, den zwangsneurotischen Rattenmann oder die kindliche Neurose des Wolfsmannes geheilt habe.
    Funktionierte die Psychoanalyse nicht, so funktionierte sie doch, denn laut Mauss hat »[d]ie Magie […] eine solche Autorität, daß eine widersprechende Erfahrung den Glauben im Prinzip nicht erschüttern kann.« (ebd., S. 125) Bleibt die Analyse wirkungslos, wird sie als Prinzip nicht hinterfragt; die Psychoanalyse heilt, und scheint es, als habe sie nicht geheilt, dann weil der Patient selbst es nicht wollte und unterbewusst das Bedürfnis hatte, den »Krankheitsgewinn« zu genießen, oder weil er »Widerstand« leistete, weil ihm Nahestehende den reibungslosen Ablauf der Therapie verhinderten. Jeder Misserfolg beweist in Wahrheit den Erfolg der Psychoanalyse, denn sie erklärt das Scheitern nach ihren eigenen Prinzipien, die sie auf alles außer auf sich selbst anwendet.
    Mauss zufolge gründet das Scheitern der Zauberei immer in einem Gegenzauber, der die Zauberei noch bestätigt. Bedient sich die Psychoanalyse nicht des gleichen Prinzips? Die Magie ist »jeder Kontrolle entzogen. Selbst Tatsachen, die gegen sie sprechen, schlagen zu ihren Gunsten aus, da man sie immer für die Wirkung eines Gegenzaubers hält, auf Fehler bei der Durchführung des Rituals oder allgemein darauf zurückführt, daß die notwendigen Bedingungen der Praktiken nicht realisiert wurden.« (ebd.)

    Freud behauptete beispielsweise, den Wolfsmann geheilt zu haben. Als sein Patient diese Ansicht nicht teilte, ließ Freud ihn wissen, er sei definitiv geheilt, habe aber eine neue Krankheit entwickelt, die Freud als »Resterscheinung« bezeichnete. Der Fehler liege also nicht bei der Psychoanalyse, sondern beim Patienten, der nicht genug in die analytische Arbeit investiert habe. Schuld habe weder die Zauberei noch der Zauberer, sondern der Patient.
    Laut Mauss weiß der Zauberer genau, dass er die während eines Rituals scheinbar plötzlich aufgetauchten Steinchen in Wahrheit aus der eigenen Tasche gezogen hat. Dennoch lasse sich der Zauberer von Kollegen behandeln, wenn er selbst krank sei. Und zwar, weil zur Zauberei auch »›blaue[r] Dunst‹« (ebd., S. 128) gehöre. Nur so ist es zu erklären, dass selbst die vom Duo Freud und Fließ entstellte Emma Eckstein schließlich selbst Psychoanalytikerin wurde.
    Der Zauberer täuscht sich selbst, ähnlich einem Schauspieler, der den Don Juan auf der Bühne spielt und deshalb glaubt, er sei auch im Leben einer. Der Zauberer simuliert, und genau deshalb nimmt man seine Dienste in Anspruch. Mauss begründet das so: »[D]ie Simulation des Magiers ist nur durch die Leichtgläubigkeit des Publikums möglich.« (ebd., S. 129) Und weshalb glaubt ihm die Öffentlichkeit? Weil schwache Menschen die falsche Antwort auf die richtige Frage bevorzugen, weil die Lüge eine unangenehme Wahrheit verbirgt, weil die Fiktion tröstlicher ist als beunruhigende Tatsachen und weil dem Ängstlichen alles recht ist, was ihm die Angst nimmt – und sei es das Wort eines Zauberers.
    Freud stellte die Psychoanalyse also in die lange

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