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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Brüderschar gewesen. Nun setzten sie im Akte des Verzehrens die Identifizierung mit ihm durch, eigneten sich ein jeder ein Stück seiner Stärke an. Die Totemmahlzeit, vielleicht das erste Fest der Menschheit, wäre die Wiederholung und die Gedenkfeier dieser denkwürdigen, verbrecherischen Tat, mit welcher so vieles seinen Anfang nahm, die sozialen Organisationen, die sittlichen Einschränkungen und die Religion.« (ebd., S. 171 f) So wurde aus dem Mythos Wissenschaft: Freud verwandelte Hypothesen Stück für Stück in Gewissheiten,
bewegte sich vom Wunsch zur Realität und übersetzte Fantasien in historische Fakten. Was nur eine Geschichte war, wurde durch Freuds Zauberkünste zu einer wahren Geschichte.
    Muss man die von Freud aus der reinen Lektüre abgeleiteten Thesen über die australische Urhorde mit dem Vater als einzigem Besitzer der Frauen und den frustrierten, vatermordenden, kannibalistischen Söhnen nicht eher im Zusammenhang mit der Biographie des Autors sehen? Die Urhorde wäre dann Freuds komplizierte Familie, die drei Generationen unter einem Dach vereinte. Der Stammesvater, der als Einziger über die Frauen verfügte, fände sich in Jakob Freud als Herrscher und Besitzer von neun Kindern aus zwei Ehen sowie weiterer Frauen wieder. Später kam noch die junge dritte Frau und die mit ihr gegründete neue Familie hinzu. Den frustrierten Söhnen entspräche vor allem Sigismund selbst. Mord und Verzehr des Vaters spiegeln sich im Bedürfnis des Kindes, alles zu vernichten, was ihm die ausschließliche Liebe der Mutter streitig machen könnte.
    Das angeblich historische Szenario erweist sich in Wahrheit als hysterisches Szenario. Der Möchtegern-Ethnologe transformierte seine persönliche Geschichte, seine Erlebnisse, seine Fantasien und kindlichen Begierden in einen autobiographischen Mythos, den er in eine wissenschaftliche Wahrheit verwandeln musste. Daraus kann gut und gerne ein »wissenschaftlicher Mythos« entstehen, eine hybride Konstruktion, die – so fantastisch sie auch sein mag – ein Mythos bleibt und nichts anderes, jedenfalls keine universelle Wahrheit.
    Was geschah laut Freud nach dem rituellen Vatermord? Was ereignete sich nach dem kannibalischen Festmahl? Was taten die Stammesbrüder, nachdem der Körper des Vaters verdaut war? Auf die Darmentleerung nach dem Verzehr des Vaters ging Freud nicht ein, obwohl er sonst auf seine »Drekkologie« ( Briefe an Wilhelm Fließ, S. 316) ganz versessen war, wie beispielsweise ein Brief an Fließ vom 29. Dezember 1897 zeigt. So ist die Rede nicht von Fäkalien, sondern von »zärtlichen Regungen« ( Totem und
Tabu, Bd. IX, S. 173). Nachdem sie den Vater ermordet und sich an ihm satt gegessen hatten und ihnen vielleicht das Blut an den Bärten klebte, bekamen sie Freud zufolge Gewissensbisse! Wie ist diese plötzliche Verwandlung der kannibalischen Krieger in zerknirschte Söhne zu erklären? Durch »Ambivalenz«, so Freud. Ambivalenz. Sie waren zwar böse, aber sie wurden gut. Und warum? Natürlich wegen der Ambivalenz.
    Abwesend war der Vater viel präsenter; als Toter lebte er ewig. Er wurde verzehrt und war von nun an überall und nirgends. Erst hassten ihn seine Söhne; dann liebten ihn seine Mörder. Freud sprach in diesem Zusammenhang von »Reue« und »Schuldbewußtsein« (ebd., S. 173). Wie meinte er das? Erst fehlte die Moral, und kaum war das Verbrechen begangen, sollte sie plötzlich allgegenwärtig sein? Für Freud bedeutete der Vatermord eine Befreiung, er nahm eine Last von den Söhnen. Denn der Vater hatte Frustration bei seinen Söhnen ausgelöst und damit eine Verdrängung, welche die Mordgelüste nährte.
    War der Vater verzehrt und der Grund für die Verdrängung verschwunden, regierte die Frustration nicht länger. Die Aussicht auf Fortpflanzung mit den nun frei gewordenen Frauen veränderte die Verbrecher. Ohne Angst vor Gewalt und Strafe konnten sie sich mit den Frauen des Stammes – auch den Müttern – vereinigen, und damit niemand ihnen antun konnte, was sie selbst getan hatten, verboten sie die eigenen Taten. Freud präzisierte hier nicht näher, doch seine Logik ist erkennbar: Die Mörder wollten nicht selbst getötet werden und verboten deshalb den Mord. Die so entstehende Moral basierte also auf einem Verbrechen. Es war schon immer Freuds Anliegen gewesen, den Vater loszuwerden. Um mit dieser Obsession leben zu können, erklärte er sie zum historischen, allgemein menschlichen Phänomen.
    Auch die Religion

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