Antiheld (German Edition)
gewollt große Geste, die meine Eltern benötigen. Der Marmor und die Möbel, die wie unbenutzbare Miniaturen aussehen, alles nur pathetischer Prunk, der lediglich als Stellvertreter guten Geschmacks erworben wurde.
Ich nehme einen Schluck Bier, bleibe stehen und betrachte das großformatige Kunstwerk, das am Ende des Flurs hängt; eine Leinwand, tiefschwarz und bedrohlich. Auf den ersten Blick wirkt sie profan und glatt, doch dann glaube ich, Strukturen und Muster in der schwarzen Fläche erkennen zu können. Aus dem anfänglichen Betrachten wird ein konzentriertes Starren. Keine Nuance und keine Figürlichkeit erkennbar. Da ist nur dieser Monolith, durch und durch dunkel. Die Partygeräusche verkümmern zu einem leisen Hintergrundrauschen.
Ich spüre Finger, die sanft meinen Nacken hinabgleiten. Ihre Berührungen elektrisieren mich, holen mich zurück an die Oberfläche.
«Ad Reinhardt …», flüstert sie in mein Ohr und lässt die Hand auf meiner Schulter liegen.
Ich fühle ihre Wärme und zucke mit den Schultern.
«Das ist der Name des Künstlers.»
Im nächsten Moment spüre ich schon ihre Lippen auf meinen. Es ist kein zärtlicher, sondern ein aggressiver Kuss, den sie mir regelrecht aufdrängt. Seltsam. Über genau diese Situation habe ich lange und gründlich nachgedacht, sie mir immer wieder vor Augen geführt. Ich habe mich gefragt, was ich wohl empfinden, wie es sich anfühlen würde, wenn Nadine mich noch einmal küsst.
Es ist eine bittere Enttäuschung, und es ist, als hätte ich es nicht anders erwartet. Sie schmeckt nach süßem Likör und abgestandenem Rauch. Ich öffne die Augen und sehe, wie sich ihre Gesichtsmuskulatur auf und ab bewegt, die Kiefer angestrengt mahlen. Sie würgt ihre Zunge aus ihrem Mund in meinen hinein. Noch schlimmer allerdings sind die unkontrolliert flatternden Augenlider, die ihr das Aussehen einer vor Geilheit zerfressenen alten Frau geben.
Ich versuche mich von ihr zu lösen, doch sie presst ihre Lippen immer wieder auf meine, sieht mich aus weit aufgerissenen Augen an und flüstert: «Fick mich doch endlich!»
Ihre Augen sagen Sex. Alles an ihr ist darauf eingestellt. Es ist der Moment, auf den eigentlich jeder Typ wartet, der Moment, an dem dir klar wird, dass du sie geknackt hast, sie ficken wirst. Doch in mir, an mir regt sich nichts, alles bleibt unter dem Körperpanzer.
Sie grinst kess das unverhohlen spitze Teenagergrinsen, nimmt meine Hand und zieht mich ins Badezimmer. Als sie die Tür hinter sich schließt, herrscht plötzlich sterile Ruhe. Sie drückt mich gegen die Duschkabine, geht in die Knie und beginnt an mir herumzufummeln.
Ich lasse es geschehen. Ihre Hände sind warm und rau. Jede ihrer Berührungen fühlt sich an, als wären sie die eines Sklavenhalters, der mich abtastet wie ein Nutztier.
Sie nimmt meinen Schwanz in den Mund und beginnt zu saugen und zu lutschen und dabei zu quieken wie ein kleines Schweinchen. Nichts bewegt sich, mein Blut gerät nicht in Wallung, es bleibt eiskalt in den Adern.
Sie versteht nicht, dass es nicht funktionieren wird, dass es mit mir niemals funktionieren kann. Trotzdem beginnt sie, meinen schlaffen Schwanz zu wichsen. Und dann kann ich es nicht mehr ertragen. Ich kann ihre Lutschfresse, ihr stinkendes Maul und ihre Dummheit nicht mehr ertragen.
Ich will es nicht. Ich will es nicht tun, und tue es doch: Ich packe sie am Hals, ziehe sie hoch und sehe ihr in die Augen. Sie denkt, ich würde sie jetzt gleich ficken. Sie denkt, wir machen es gleich hart und dreckig wie in einem Jack the Zipper- Porno. Ich kann es an ihrem Blick erkennen.
«Warum tust du mir das an?», frage ich und spüre Blut durch ihre Kehle pulsieren. Ich drücke fester zu und wiederhole meine Frage.
«Lass mich los», sagt sie endlich, und dann erkenne ich so etwas wie Angst in ihren Augen. «Lass mich los!»
Jetzt klingt sie wütend.
«Du hast meine Frage nicht beantwortet.»
« Lass mich los! »
«Warum tust du mir das an, habe ich dich gefragt?»
«Lass mich los du verdammter Psycho!», schreit sie und erschreckt mich damit so sehr, dass ich sie tatsächlich loslasse. Wir sehen uns einen Moment lang schweigend an.
Sie fasst sich an den Hals und sagt leise: «Du bist ein so krankes Schwein …» Dann dreht sie sich um und verlässt das Badezimmer. Wir beide wissen, dass es endgültig ist.
Die Party ist in vollem Gang, als ich aus dem Badezimmer komme. Ich sehe noch einmal auf dieses seltsam schwarze Bild und das Verlangen, etwas
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