Anton Pfeiffer und der Zauberkongress (German Edition)
dem Moment passierte etwas Unerwartetes. Einer der großen Pilze begann sich zu schütteln, die we i ßen Punkte auf seinem roten Schirm wölbten sich nach außen und schossen plötzlich wie Pfeilgeschosse aus dem Pilz heraus. Ein Stück vor Antons Kopf blieben sie in der Luft schweben. Es waren weiße, durchsichtig schimmer n de Insekten mit kugelrunden Augen.
Und diese Augen waren auf Anton gerichtete.
„Was hast du gemacht?“, rief Emma und eilte zu ihm. „Du darfst hier nichts anfassen, auf gar keinen Fall!“
Verdattert blickte Anton in die ausdruckslosen Kuge l augen der Insekten. Dann beugte er sich vorsichtig vor und steckte den kleinen Fliegenpilz wieder in den Boden, genau an die Stelle, wo er ihn ausgerupft hatte.
Die Insekten verfolgten mit ihren glasigen Augen jede seiner Bewegungen. Erst als der Pilz wieder ordnungsg e mäß an seinem Platz stand, kehrten sie zu ihrem Pilz z u rück und verschwanden als weiß schimmernde Flecken in seinem Hut.
„Nächstes Mal fragst du, bevor du etwas anfasst!“ Emma sah Anton rügend an. „Der Wald ist sehr sensibel, man darf das ökologische Gleichgewicht nicht stören…“
„Guckt mal, was ich entdeckt habe!“, tönte es ein paar Meter hinter ihnen. Oskar stand neben einem breiten Baumstamm, an dem ein paar dunkelgrüne Lianen hinu n ter hingen.
„Das ist ja wie im Dschungel hier, wie bei Tarzan !“ Er griff nach einem der langen Seile.
„N- iiiiiiicht anfassen!“, kreischte Emma.
Aber es war schon zu spät.
Wie ein gespanntes Gummigeschoss hatte die Liane Oskar in die Luft geschleudert, hoch hinauf und mitten durch die Baumwipfel. Kaum mehr als ein Zischen war zu hören gewesen, und an der Stelle, wo vorher Oskar stand, hing jetzt nur noch die Liane, leicht vibrierend wie ein Gummiband.
„Das kann doch nicht wahr sein!“, stöhnte Emma und fasste sich an den Kopf.
Anton starrte entgeistert zu den Baumwipfeln hinauf, während Emma mit fliegenden Fingern in ihrem Buch blätterte.
„Gummi-Gaukler, ultra-hochelastische Kletterpflanze, naher Verwandter der Teufelsranke. Gedeiht in der Nähe von Drachenbäumen…“ Emma klappte das Büchlein zu und seufzte. „Wir müssen ihn suchen gehen.“
„Er wird sich alle Knochen brechen, wenn er herunter fällt!“, meinte Anton besorgt, als sie den Waldweg weiter geradeaus gingen.
„Nein, keine Sorge. Gummi-Gaukler wachsen nur auf stark federnden Humusböden, er wird den Aufprall kaum merken.. “ Emma schob ein paar Zweige zur Seite. „Hörst du schon irgendwas? Mehr als dreißig Meter dürfte er nicht geflogen sein…“
In dem Moment gab es auf der anderen Seite des W e ges einen lauten Rums . „Ah, wir haben ihn!“
Sie rannten dem Geräusch hinterher und fanden Oskar auf einer kleinen Lichtung vor einem Busch auf dem B o den sitzend.
„O Gott, was war das?“ Oskar hielt sich den Kopf, stand auf und wankte unsicher von einem Bein aufs and e re.
„Tja, das kommt davon, wenn man in Biologie nicht aufpasst. Ein Gummi-Gaukler, und du Depp fasst ihn an…“, sagte Emma trocken.
„Was ist denn das?“ Anton deutete auf den Waldb o den. Der Boden war mit Blättern bedeckt, und eine Verti e fung zeigte deutlich die Stelle, wo Oskar gelandet war. Aber um diese Vertiefung herum war ein weiterer Abdruck zu erkennen.
Oskar wurde kreidebleich im Gesicht. „O Gott! Ri e senfüsse !“
„Was?“ Emma trat neben ihn und musterte den Wal d boden. „Das kann gar nicht sein. Es gibt in diesem Wald keine Riesen.“
„Offenbar doch!“, murmelte Anton und betrachtete mit einem leichten Schauern den riesigen Fußabdruck.
„Ach ja?“ Emma öffnete ihr Büchlein und blätterte vor bis zum Buchstaben „R“.
„Wie ihr seht, keine Riesen verzeichnet, R, wie Ratten und Ringelblumen, aber keine Riesen…“
In dem Moment raschelte etwas im Gebüsch hinter i h nen.
Erschrocken starrten die drei Kinder auf die Stelle.
Es raschelte nochmals, dann öffneten sich die Zweige, und heraus schaute…ein Flamingo.
Der Flamingo guckte die drei Kinder aus seinen kleinen Flamingo-Augen fragend an. Dann reckte er seinen langen, rosa Hals und trat aus dem Gebüsch.
Fassungslos starrten die drei ihn an. Unter seinen dü r ren Stöckerbeinen befanden sich riesige Füße. Jeweils mit fünf Zehen. Für den Flamingo schien das nichts Besond e res zu sein. Mit behäbig schlurfenden Schritten überquerte er die Lichtung und verschwand hinter ein paar Strä u chern.
„Der helle Wahnsinn“, stellte
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