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Antonio im Wunderland

Antonio im Wunderland

Titel: Antonio im Wunderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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einlädt.
    «Benno iste ein Experte. Er gibte mir Lezioni.»
    «Eine bisher», korrigiert seine Frau, die offensicht-
    lich davon nicht sehr angetan ist.
    «Und? Was hast du bisher gelernt?», frage ich ihn.
    «Yes bedeutete ja.»
    «Das ist alles?»
    «No brauchi nichte lernen, der Wort kanni schon.»
    Antonio erläutert nun, dass es immer gut sei, wenn
    man wisse, was «ja» in einer Sprache bedeutet, weil es
    höflich sei, alle Fragen erst einmal zu bejahen. Das ma-
    che einen guten Eindruck, besonders in einer so ele-
    ganten Stadt wie New York. Benno nickt heftig. Ich er-
    fahre auf diese Weise so nebenbei, dass wir nach New
    York fliegen. Das erleichtert mich ein wenig, denn ich
    war zwar nie dort, kenne mich aber trotzdem dort aus.
    Die Topographie von New York hat jeder schon mal
    gesehen: im Kino oder in Büchern oder auf diesen Pos-
    tern, die manche Leute in der Küche haben. New York,
    oder zumindest Manhattan, hat einen viereckigen Park
    in der Mitte, oben drüber wird’s gefährlich, und unten
    drunter sind alle Straßen gitterförmig angelegt. In New
    York gibt es zur Not Botschaften und ganz viele Kran-
    kenhäuser. Vielleicht hat Antonio Recht: Wenn es auf
    der Welt eine Stadt gibt, in der man mit «Yes» und «No»
    über die Runden kommen kann, so ist das wahrschein-
    lich New York.
    «Andere Vokabular mache wir auf der Reis. Der Flug
    dauerte lang.»
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    Das kann ja heiter werden. Mit einem wie Antonio,
    das geht noch, aber dann noch Benno? Ich krieg die
    Krise. Benno verdrückt sich und geht auf die Toilette.
    «Papa, das kann doch wohl nicht dein Ernst sein»,
    sagt Sara, die sich die meisten Sorgen um mich macht.
    «Voller Ernste», sagt er kauend und schnipst Krümel
    von seinem Pullover. Ich sinke langsam in mich zu-
    sammen. Aus der Nummer komme ich nun nicht mehr
    raus. Die Tickets liegen im Flur, das Hotel ist gebucht,
    die Koffer sind gepackt, ich habe sie sogar schon ins
    Auto gebracht. Jetzt kann ich nicht mehr davonlaufen.
    Der Einzige mit richtig guter Laune ist Jürgen. Er
    strahlt über das ganze diplomierte Ingenieursgesicht
    und prostet mir mit seinem Kaffee zu. Antonio klatscht
    in die Hände und drängt zum Aufbruch. Mit Benno und
    seinem Koffer im Auto wird es eng, es passt niemand
    mehr hinein außer uns Reisenden und Jürgen, der uns
    zum Flughafen fährt. Ich verabschiede mich von Sara,
    sie drückt mich fest und flüstert mir zu: «Hals- und
    Beinbruch, wird schon.»
    Unterwegs reden wir wenig. Antonio geht immer
    wieder die Reiseunterlagen durch, um sicherzugehen,
    dass er nichts vergessen hat. Jürgen steuert Antonios
    Mercedes mit der zu Gebote stehenden Sorgfalt, und
    Benno starrt mich an.
    «Musst du nicht heute Abend wieder bei deiner Mut-
    ter sein?», frage ich ihn nicht ohne eine gewisse Miss-
    billigung.
    «Nä. Die is im Heim», antwortet er.
    «Seit wann das denn?»
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    Er schaut auf seine Citizen-Uhr. «Seit einer Stunde.
    Wat wills’e machen? Kanns’e nix machen.»
    Wir sind so früh da, dass wir beim Einchecken nicht
    warten müssen. Es geht alles reibungslos, wenn man
    davon absieht, dass Bennos Koffer knapp unter 50 Kilo
    wiegt und eine Übergepäckgebühr fällig wird, die ich –
    wer sonst – bezahle, da Benno nur Dollarscheine dabei
    hat und Antonio sich schnell dünnemacht. 50 Kilo.
    Vielleicht hat er seine Mutter ja da drin, ich frage ihn
    nicht.
    Wir gehen mit unseren Bordkarten zum Gate. An der
    Schleuse verabschieden wir uns von Jürgen. Nach ein
    paar Metern drehe ich mich noch einmal um. Jürgen
    wirft mir ein Kusshändchen zu. Jetzt gibt es kein Zu-
    rück mehr.
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    NINE
    Wenn man sich in einem Flughafen befindet, ist es egal,
    wo der steht, denn Flughäfen sind auf der ganzen Welt
    gleich. Es sind künstliche Städte mit asphaltiertem
    Land drum herum, geschlossene Systeme, in denen
    nach immergleichen Gesetzen dieselben Schilder die-
    selbe Bedeutung haben. Auch der Blick aus den Fens-
    tern ist derselbe und richtet sich auf parkende Flugzeu-
    ge, die ebenfalls überall gleich aussehen. Wenn man
    auf einem Flughafen ist, ist es egal, wo der steht. Flug-
    häfen sind nirgendwo.
    Als das Fliegen noch ein Abenteuer oder zumindest
    außergewöhnlich war, galten auch die Flughäfen als
    mythische Orte. Aber inzwischen ist das Flugwesen
    globalisiert, es gibt überall Kaffee aus derselben Pipe-
    line und in den Duty-Free-Shops keine Zigaretten mehr,
    die man nicht zu Hause schon einmal gesehen hätte.
    Das hat auch sein Gutes, denn es

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