Antonio im Wunderland
ganze Angelegenheit nicht sehr zu beschäf-
tigen. Er guckt, wie er immer guckt. Aber Antonio geht
es nicht gut. In seinen Augen sehe ich Angst. Die wer-
den mich nicht ins Land lassen, sagen diese Augen. Für
einen, der sein ganzes Leben hindurch nie von etwas
anderem geträumt hat als von New York, ist das hier
fürchterlich.
Mein Cop sagt: «Der gehörte auch noch dazu. Aber
seine Papiere sind unauffällig. Er hat wohl gesehen,
dass seine Partner nicht durchgekommen sind, und hat
sich gleich gestellt.»
Dann nimmt er mich am Arm und geht mit mir in
einen Nebenraum. Er bietet mir einen Stuhl an und ver-
lässt das Zimmer. Hier gibt es kein Fenster, nur künst-
liches Licht. An der Wand hängen Notizen, Fahn-
dungsplakate, Fotos. Eine Weile passiert gar nichts,
das macht mich unruhig. Was ist eigentlich mit unse-
rem Gepäck? Das dreht sich jetzt wahrscheinlich mun-
ter auf dem Band, bis es irgendwer mitnimmt. Ich hätte
schon gleich am Security Check umkehren sollen.
Der Cop kommt zurück und bringt Papiere mit, die
er wortlos vor mich auf den Tisch legt. Er nickt mir zu,
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also nehme ich die Papiere zur Hand. Es sind die Kar-
ten, die Benno und Toni im Flugzeug ausgefüllt haben.
Und plötzlich verstehe ich das ganze Drama: Die bei-
den haben sämtliche Fragen mit «ja» beantwortet.
A: Leiden Sie an einer ansteckenden Krankheit? Sind
Sie körperlich oder geistig behindert? Betreiben Sie
Missbrauch mit Drogen, oder sind Sie drogenabhängig?
Antwort Antonio und Benno: Ja.
B: Sind Sie jemals wegen eines Vergehens, einer
Straftat aus niedrigen Beweggründen oder eines Ver-
stoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verhaftet oder
verurteilt worden? Sind Sie jemals wegen zweier oder
mehrerer Vergehen verhaftet oder verurteilt worden, für
die insgesamt eine Haftstrafe von fünf Jahren oder
mehr verhängt wurde? Handeln Sie mit kontrollierten
Substanzen? Steht hinter Ihrer Einreise die Absicht,
sich an strafbaren oder unmoralischen Handlungen zu
beteiligen?
Antwort Antonio und Benno: Ja.
C: Waren oder sind Sie in Spionage-, Sabotage- oder
terroristische Aktivitäten verwickelt? Waren Sie am Völ-
kermord oder in der Zeit zwischen 1933 und 1945 in
irgendeiner Weise an den Verfolgungen des national-
sozialistischen Regimes Deutschlands oder seiner Ver-
bündeten beteiligt?
Antwort Antonio und Benno: Ja.
D: Beabsichtigen Sie, in den Vereinigten Staaten zu
arbeiten? Sind Sie jemals von der Einreise ausgeschlos-
sen und abgeschoben worden? Sind Sie jemals aus den
Vereinigten Staaten ausgewiesen worden? Haben Sie
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jemals ein Visum oder die Einreise in die Vereinigten
Staaten durch Betrug oder falsche Angaben erlangt, oder
haben sie jemals den Versuch hierzu unternommen?
Antwort Antonio und Benno. Ja.
E: Haben Sie ein Kind der Obhut eines amerikani-
schen Staatsbürgers entzogen, dem das Sorgerecht für
dieses Kind zugesprochen wurde?
Antwort Antonio und Benno: Ja. Hierzu muss ich al-
lerdings bemerken, dass diese Frage vielleicht besser
bei der Ausreise und nicht schon bei der Einreise ge-
stellt werden sollte. Aber wer bin ich, den amerikani-
schen Behörden Vorschriften machen zu wollen?
F: Ist Ihnen jemals ein Visum oder die Einreise in die
Vereinigten Staaten verweigert oder ein Visum annul-
liert worden?
Antwort Antonio: Ja, Benno: Nein. Da hat er sich
wohl vertan.
G: Haben Sie jemals Immunität vor Strafverfolgung
geltend gemacht?
Antwort Antonio und Benno: Ja.
Auch die Karte zur Zollerklärung liegt bei: Herr Mar-
cipane und Herr Tiggelkamp führen demnach Frisch-
fleisch in erheblichen Mengen, auch verbotene Sub-
stanzen und lebende Tiere ein. Ich glaube, nach Lage
der Dinge hätte ich die beiden auch verhaftet.
«Was geschieht denn nun mit uns?»
«Sie werden abgeschoben. Die Einreise in die USA
muss Ihnen leider verweigert werden.» Er steht hinter
seinem Sessel und stützt sich auf der Rückenlehne ab.
«Das können Sie nicht tun. Die beiden wissen doch
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gar nicht, was sie getan haben. Sie haben sich das be-
stimmt gar nicht durchgelesen. Sie dachten, sie wären
höflich, wenn sie alle Fragen mit ‹ja› beantworten.»
«Das ist hier kein Vergnügungsspielchen.»
«Haben Sie wirklich Zweifel an der Richtigkeit mei-
ner Aussage? Würde jemand, bei dem auch nur eine
einzige dieser Fragen zuträfe, im Ernst ‹ja› ankreuzen?»
Nebenan wird es laut. Ich verstehe nichts, aber es
beunruhigt mich. Mein Polizist lächelt
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