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Antonio im Wunderland

Antonio im Wunderland

Titel: Antonio im Wunderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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mich an.
    «Sie meinen, jemand mit strafbaren Absichten würde
    ‹nein› ankreuzen», sagt er listig.
    «Ja, natürlich.» Ich tappe voll in die Falle.
    «Demnach haben Sie gelogen?»
    «Nein! Natürlich nicht.»
    Jetzt weiß ich wirklich nicht mehr weiter. Ich bin
    müde. Ich stehe vor einem Nervenzusammenbruch.
    Mein Cop merkt das, und sein Ton wird versöhnlicher.
    «Wir werden den Fall prüfen. Wenn es in Ihrem Ge-
    päck nichts Verdächtiges gibt, müssen Sie sich keine
    Sorgen machen.»
    Das beruhigt mich. Ganz offensichtlich hat die Poli-
    zei unsere Koffer eingesammelt. Hoffnung verströmt
    kühle Luft in meinen erhitzten Körper. Nur das Ge-
    schrei nebenan macht mich nervös. Was ist da los? Die
    Tür geht auf, und ein weiterer Beamter steckt seinen
    Kopf herein. «Lieutenant, kommen Sie bitte einmal he-
    rein», sagt der Beamte, und mein Polizist verlässt den
    Raum. Einige Minuten später ist er wieder da und lässt
    die Tür offen. Ein Schwall Italienisch dringt herein. Je-
    mand redet laut, aber es ist nicht Antonio. Der Polizist
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    winkt mich heran. Ich stehe auf und gehe an die Tür.
    Antonio und Benno sitzen immer noch auf ihren Stühl-
    chen. Benno schaut so neugierig unaufgeregt wie eh
    und je, aber Antonio hört aufmerksam zu und – lacht.
    Dann ergreift er das Wort und plappert munter drauf-
    los. Sein neapolitanisch geprägter Dialekt ist schwer zu
    verstehen, aber die Rahmenhandlung verstehe ich
    trotzdem. Es geht um irgendeine Ortschaft bei Neapel,
    wo ein Cousin seiner Mutter herkommt. Als Antonio
    mich sieht, ruft er: «Komme rein, liebe Jung, hier iste
    alle okay. Toni hatte alle geregelt.»
    Dann stellt er mir Pino Carbone vor. Er ist Polizist und
    wurde als Dolmetscher geholt, nachdem die Beamten an
    den beiden merkwürdigen Ausländern gescheitert wa-
    ren. Carbone hatte recht schnell herausgefunden, dass
    die Herren durch ein Versehen die Dokumente falsch
    ausgefüllt hatten und vollkommen unverdächtig waren.
    Des Weiteren haben Pino Carbone und Antonio ent-
    deckt, dass sie nicht nur aus derselben Ecke der Welt,
    sondern auch noch aus derselben Ecke Italiens, sogar
    aus derselben Ecke der Region Molise stammen. Was für
    eine Freude! Carbone ist ein um die Hüften recht gut ge-
    füllter Mops mit einem angegrauten Haarkranz. Als er
    mich sieht, sagt er auf Italienisch: «Ist er das?»
    Und Antonio: «Ja, mein deutscher Schwiegersohn.
    Ich bitte darum, ihn ebenfalls zu entlassen. Er ist abso-
    lut harmlos, ich bürge für ihn.»
    Moment mal, habe ich die Scheißpapiere falsch aus-
    gefüllt oder er? Ich bin zu schwach, um noch aufzube-
    gehren.
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    «Sag Pino Carbone guten Tag», fordert mich Antonio
    mit patriarchalischer Geste auf.
    «Guten Tag, Sir», sage ich.
    Unsere Koffer stehen an der Tür. Carbone bringt uns
    noch nach draußen, wir rufen ein gelbes Taxi. Ich woll-
    te schon immer mal in so einem Ding sitzen, aber jetzt
    ist es mir egal. Ich möchte nur duschen und ins Bett. Es
    ist erst ganz früh am Abend, aber die Zeitverschiebung
    tut ihr grässliches Werk. Ich nehme schemenhaft wahr,
    wie das endlose Queens an uns vorüberzieht, Flushing
    Meadows, La Guardia. Benno quengelt, dass er auf die
    Toilette muss, aber das kommt gar nicht bei mir an.
    Ich höre zum ersten Mal die Sirene eines Polizeiau-
    tos. Wie im Fernsehen. Aber ganz genau wie im Fern-
    sehen. «Wuhuuui.» Und wenn das Polizeiauto irgend-
    wo hält, noch einmal, aber nur kurz und sterbend:
    «Wuuu.» Als wir in der 42. Straße am Hotel ankom-
    men, werde ich noch einmal für einen Augenblick
    munter. Es handelt sich um das Haus einer preiswerten
    Hotelkette. Hinter jeder Tür vermute ich einen unglück-
    lich masturbierenden Handelsvertreter, so ein Laden ist
    das. Aber was soll’s, solange das Bett okay ist.
    Benno und Antonio teilen sich ein Zimmer, ich woh-
    ne alleine. Das Bett erweist sich als so schmal wie ein
    mitteleuropäisches Fensterbrett, die Klimaanlage als
    laut wie ein Lastwagen, und im Bad gibt es etwas, das
    aussieht wie eine Dusche mit hohen Beckenrändern
    oder eine halbe Badewanne. Das Fenster lässt sich
    nicht öffnen und geht nicht zur Straße, sondern zu ei-
    ner zwei Meter entfernten Mauer. Ich setze mich aufs
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    Bett, das dabei gefährlich einsinkt, und bin deprimiert.
    Dann sehe ich, wie auf der Wand der Schimmel Orgien
    feiert.
    Wenn ich eine Zigarette anzünde, fliegt der Laden
    wahrscheinlich in die Luft. Ich will gerade ein Streich-
    holz anreißen, da sehe ich den

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