Antrag nach Mitternacht
nur noch nicht die Frau kennengelernt, die ich heiraten möchte. Jeder erinnert mich an meine Pflichten, Nachkommen zu haben, und vermutlich haben sie damit ja auch recht. Unsere Linie muss fortgesetzt werden. Und mein Cousin Bertram verspürt nicht den Wunsch, all die Arbeit und die Verantwortung auf sich zu nehmen, die der Titel eines Dukes mit sich bringt. Aber es ist ganz bestimmt noch Zeit genug. Ich habe nicht vor, so bald diese ‚sterbliche Hülle‘ zu verlassen.“ Er schwenkte das Glas Portwein. „Eines Tages werde ich eine geeignete Ehefrau finden, und ich werde das auf meine Art machen – und ganz ohne die Hilfe von Lady Haughston.“
„Ich muss sagen, mir hat sie gute Dienste geleistet“, betonte Gideon und musterte seinen Cousin. „Ich könnte mir keine andere Frau vorstellen, die so gut zu mir passt wie Irene.“ Nach einer kurzen Pause fügte er an: „Du könntest sie es ja zumindest versuchen lassen.“
Rochford schnaubte aufgebracht. „Das würde ihr ganz recht geschehen.“ Dieser Gedanke schien ihn auf eine Idee zu bringen, da er einen Moment lang schweigend vor sich hinstarrte. Schließlich begann er zu lächeln und trank noch einen Schluck. „Ja, vielleicht sollte ich das machen“, murmelte er. „Dann wird Lady Haughston schon sehen, wie viel Spaß es ihr macht, für mich die geeignete Duchess zu finden.“
6. KAPITEL
Am nächsten Tag stattete Sir Alan nachmittags zusammen mit seiner Tochter Francesca einen Besuch ab. Sie war erleichtert darüber, die beiden zu sehen. Den ganzen Tag hatte sie sich verzagt gefühlt, da sie fürchtete, Rochfords Freundschaft für immer verloren zu haben. Ganz gleich, welcher Aufgabe sie sich den Tag über gewidmet hatte, sie war einfach nicht in der Lage gewesen, sich zu konzentrieren, da ihre Gedanken stets wieder zu Rochfords zorniger Miene zurückkehrten. Eigentlich war es schrecklich ungerecht von ihm, so wütend auf sie zu sein, wenn sie doch nur versucht hatte, ihm zu helfen. Vielleicht war sie diesmal ein wenig unbeholfen gewesen, was bei ihr sonst nie der Fall war, aber er musste doch erkennen können, dass es ihr einzig darum ging, ihm etwas Gutes zu tun.
Hätte er sie doch nur alles erläutern lassen, dann wäre es ihr sicher möglich gewesen, ihm die Situation klarzumachen. Zumindest hätte sie ihn davon abhalten können, so entrüstet zu reagieren. Es war so gar nicht seine Art, so schnell wütend zu werden. Meist wartete er eine umfassende Erklärung ab. Aber Francesca war deutlich geworden, dass sie diejenige zu sein schien, die diese Wirkung auf ihn hatte. Vermutlich war es ihre eher unbekümmerte Art, die ihn so reizte. Rochford war schon immer der ernste Typ gewesen … nein, das war eigentlich nicht die richtige Bezeichnung, denn er besaß einen scharfsinnigen Humor und lachte gern. Und wenn er lächelte, erstrahlte der ganze Raum. Er war keiner von diesen schrecklich langweiligen Männern, die ständig nur grimmig dreinblickten.
Aber er war so verantwortungsvoll und pflichtbewusst, und bei allem, was er tat, ging er wohlüberlegt und mit großer Sorgfalt vor. Er war derart belesen, dass man ihn schon als gelehrt bezeichnen konnte, und seine Interessen deckten eine bemerkenswerte Bandbreite ab. Er führte Korrespondenzen mit Wissenschaftlern und Gelehrten aus vielen unterschiedlichen Fachgebieten. Er musste sie natürlich für einen viel zu oberflächlichen Menschen halten, der sich nur für Kleider, Hüte und Tratsch interessierte.
Das war gleich nach ihrer Verlobung Francescas größte Sorge gewesen, weil sie fürchtete, er könnte ihrer eines Tages überdrüssig werden – oder schlimmer noch: Sie könnte ihm mit ihrer Art auf einmal zuwider sein. Mittlerweile musste er zu dieser Ansicht gelangt sein, denn seine Zuneigung zu ihr existierte schon seit Langem nicht mehr. Dennoch wunderte sie sich über seine extreme Reaktion. Sie wünschte, sie wäre dezenter vorgegangen, was ihn und Althea anging, und den ganzen Tag über hatte sie überlegt, was sie anders hätte machen können.
Als Sir Alan eintraf, empfing sie ihn mit der gebührenden Höflichkeit. Sie war froh darüber, sich ihm widmen zu können. Er lächelte, als sie ihn begrüßte, und abermals bemerkte sie eine gewisse männliche Wertschätzung in seinem Blick. Sie würde sich bei ihm vorsehen müssen, da sie auf keinen Fall irgendwelche romantischen Anwandlungen fördern wollte.
Also wandte sie sich rasch von ihm ab und begrüßte seine Tochter. Danach läutete sie
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