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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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als hätte er Abberlines Worte nicht gehört. Seine Augen waren noch immer voller Angst, aber sein Gesicht war zu einer Maske der Ausdruckslosigkeit erstarrt. »Sie haben gesagt, dass Sie das Mädchen fortbringen wollen, und ich gebe Ihnen diese Möglichkeit. Draußen wartet ein Wagen, der Sie zum Hafen bringen wird, und meine Männer werden sich davon überzeugen, dass Sie an Bord der Lady of the Mist gehen und England noch in dieser Nacht verlassen. Sollten Sie oder das Mädchen jemals wieder einen Fuß in dieses Land setzen, so werden Sie auf der Stelle verhaftet, ganz gleich, welche Konsequenzen es für mich persönlich haben sollte.«
    Bast sah abermals in ihn hinein und erkannte, dass er log. Die Konsequenzen für ihn waren ihm alles andere als gleichgültig. Er hatte panische Angst vor einem Skandal. Aber noch mehr Angst hatte er davor, vielleicht den Rest seines Lebens erpresst zu werden … oder auch nur in der Furcht zu leben, jemand könnte es tun. Was er über den Wagen erzählt hatte, entsprach der Wahrheit. Nur, dass sie zwar den Hafen, niemals aber das Schiff erreichen würden.
    Als ob sie nicht schon genug Probleme hätte …
    »Und die Alternative?«, fragte sie.
    Monro nickte Mrs Walsh zu.
    »Sie … sie sind gleich nach Ihnen gekommen, Bast«, sagte Mrs Walsh mit leiser, schuldbewusster Stimme. »Nur ein paar Minuten, nachdem Frederick und Sie fort waren. Wir … konnten nichts tun. Es tut mir so leid.«
    »Wer ist gleich nach uns gekommen, Gloria?«, fragte Abberline.
    »Glauben Sie tatsächlich, ich wäre so naiv, Sie Dummkopf?«, fuhr ihn Monro an. »Ich weiß nicht, wie tief Sie in dieser Geschichte stecken, und welche Rolle Sie wirklich spielen, Inspektor, aber wenn ich Sie wäre, dann würde ich mir ernsthaft überlegen, mit an Bord des Schiffes zu gehen. Selbstverständlich habe ich Sie beschatten lassen, nachdem Sie die Wohnung dieses kleinen Flittchens verlassen hatten. Wie es der Zufall will, haben wir in Mrs Walshs Pension gleich ein halbes Dutzend Leichen gefunden.« Er machte eine herrische Geste, als Abberline etwas sagen wollte. »Mrs Walsh und Kapitän Maistowe haben mir erzählt, was passiert ist. Ich glaube ihnen. Ich bin bereit, diese fünf Toten zu vergessen – sofern Sie alle England noch in dieser Nacht verlassen.«
    »Sie … lassen uns gehen?«, murmelte Maistowe ungläubig.
    »Warum nicht?« Monro machte ein abfälliges Geräusch. »Wegen dieser toten Schläger? Früher oder später wären sie wahrscheinlich sowieso umgebracht worden, und wahrscheinlich hätten sie vorher noch eine Menge Schaden angerichtet. Niemand wird diesen Subjekten auch nur eine Träne nachweinen. Ich ganz bestimmt nicht.«
    »Was wollen Sie dann von uns?«, fragte Mrs Walsh. Sie klang … verwirrt.
    Monro sagte gar nichts, doch Abberline antwortete an seiner Stelle: »Fünf tote Zuhälter und ein ermordetes Mädchen, Gloria. Das reicht, um jeden Richter zu überzeugen.«
    »Das sehe ich genauso«, sagte Monro ruhig. »Aber mir ist nicht an einem Skandal gelegen. Irgendetwas bleibt immer hängen, ganz egal, wie sauber man auch aus der Geschichte herauszukommen glaubt. Also?«
    »Sie lassen uns ja wohl keine andere Wahl«, sagte Bast rasch. »Was sagst du dazu, Faye?«
    Die letzten Worte hatte sie lauter ausgesprochen, obwohl es wahrscheinlich nicht nötig gewesen wäre. Sie hatten nicht gerade leise geredet. Und Faye trat auch prompt hinter ihm aus der offen stehenden Zellentür. Sie sagte kein Wort, und ihr Gesicht war mindestens so ausdruckslos wie das Monros selbst. Ganz ruhig trat sie auf ihren ehemaligen Onkel Munro zu, legte den Kopf in den Nacken, um ihm ins Gesicht zu sehen – und ohrfeigte ihn, zweimal und mit aller Kraft.
    Monro nahm die Schläge ungerührt hin, obwohl Faye so fest zugeschlagen hatte, dass sich ihre Finger rot auf Monros Gesicht abzeichneten. »Ich nehme an, das bedeutet Ja«, sagte er ruhig.
    Etwas kam. Bast spürte es so deutlich wie die Berührung einer eiskalten eisernen Hand, die ihre Seele streifte, ein Gefühl, das so intensiv und schrecklich war, dass sie wie unter einem Schlag zusammenfuhr und nicht einmal mitbekam, was Faye antwortete. Etwas Riesiges, unendlich Böses und Zerstörerisches raste heran, ein Ding aus reiner Gier und grundloser Mordlust, dessen bloße Nähe sie entsetzt nach Luft schnappen ließ. Es stürmte heran, schnell und unaufhaltsam wie eine Springflut aus schwarzem Wasser und Stein, deren bloßer Anblick sie vor Entsetzen schier erstarren

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