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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihr emporloderte und alles andere verzehrte.
    Zitternd drehte sie sich zu Renouf herum, aber alles, was sie in seinem Gesicht las, war ein ebenso kühles wie überhebliches Lächeln und eine Kälte, die sie schaudern ließ.
    »Und das ist also Ihr ganzer Stolz?«, fragte Mrs Walsh. Wahrscheinlich hatten die Worte spöttisch klingen sollen, doch ihre Stimme zitterte ganz leicht, und irgendetwas hier drinnen verlieh ihnen einen düsteren Nachhall.
    »Nicht ganz«, antwortete Renouf. Auch seine Stimme hatte sich verändert, und sein Gesicht … flackerte, anders konnte Bast es nicht bezeichnen. Sie war noch immer wie gelähmt, und noch immer von einer kreischenden, lodernden Wut erfüllt, die jeden anderen Gedanken einfach hinwegfegte. »Aber wir kommen der Sache nahe. Nur noch einen ganz kurzen Moment Geduld.«
    Etwas zerbrach mit einem hässlichen Knirschen unter seinem Fuß, als er an Bast vorbeiging. Winzige Alabasterscherben regneten zu Boden, und aus der kreischenden Wut in Bast wurde pure Qual. »Warum … tun Sie das?«, brachte sie mühsam hervor.
    Mrs Walsh drehte sich halb zu ihr herum, und aus der Verwirrung auf ihrem Gesicht wurde Erstaunen, dann fast augenblicklich blanker Schrecken, und Bast wurde klar, dass sich in ihrem eigenen Gesicht blanke Mordlust widerspiegelte.
    »Aber ich bitte Sie, Bast.« Renouf lachte glucksend, während er sich einem mehr als mannshohen Gegenstand auf der anderen Seite des Raumes näherte, der beinahe bis unter die gewölbte Decke hinaufreichte und mit einem Tuch abgedeckt war. »Das ist doch nur … alter Krempel, irgendwelcher Plunder, den die heidnischen Ureinwohner zurückgelassen haben und der zu Recht vergessen worden ist.« Das Knirschen wiederholte sich, als er diesmal mit Absicht auf eine hauchzarte Schale aus halb durchsichtigem Alabaster trat und sie unter dem Absatz zermalmte. Das Geräusch, mit dem der jahrtausendealte Stein zersplitterte, schnitt wie ein Messer in Basts Seele. Sie spürte den Schmerz des heiligen Gegenstandes wie ihren eigenen. Tränen der Wut verschleierten ihren Blick, aber sie war noch immer nicht fähig, die unheimliche Lähmung abzuschütteln. Hilflos ballte sie die Fauste, so fest, dass sich ihre Fingernägel in die Handflächen gruben.
    »Professor Renouf, ich muss mich doch sehr wundern!«, sagte Mrs Walsh. »Sie sehen doch wohl, dass …«
    »Halt die Klappe«, unterbrach sie Renouf, beinahe im Plauderton. Mrs Walsh japste vor Unglauben und starrte ihn aus hervorquellenden Augen an, und Renouf ging weiter und fuhr dabei nahezu im Plauderton fort: »Und jetzt kommen Sie mir nicht mit heiligen Artefakten und der Würde Ihres Volkes und all dem Mist. Ihre Vorfahren waren unzivilisierte Wilde, die sich gegenseitig wegen einer Handvoll Datteln oder einem Schluck Wasser umgebracht haben, und wenn wir sie nicht daran hindern würden, dann würden sie es wahrscheinlich auch heute noch so halten. Sie glauben, dieses Zeug hier hätte irgendwelchen Wert?« Er streckte die Hand nach dem Tuch aus und trat gleichzeitig nach einer kniehohen Anubis-Statue aus poliertem schwarzem Marmor, die gegen die Wand geschleudert wurde und zerbrach. Bast wimmerte. »Es ist nur Abfall. Aber eine ganze Menge Dummköpfe in diesem Land findet aus irgendeinem Grund Gefallen daran, also graben wir es aus und bringen es hierher und verdienen gutes Geld damit. Aber ich vergaß: Ich wollte Ihnen ja noch unsere allerneueste Errungenschaft zeigen.«
    Und damit riss er das Tuch mit einem einzigen Ruck herunter, mit dem sichtlichen Stolz und dem Gehabe eines Künstlers, der seine allerneueste Kreation enthüllte, und Bast versuchte gar nicht mehr, ein gequältes Keuchen zu unterdrücken.
    Unter dem Tuch kam eine gut acht Fuß hohe Statue aus glattpoliertem Sandstein zum Vorschein. Sie stand auf einem flachen, quaderförmigen Sockel aus demselben Material, in den das altägyptische Henkelkreuz gemeißelt war, und zeigte einen stilisierten Raubvogel mit einem gewaltigen Schnabel, grausamen Augen und einer hohen zackenlosen Krone, und trotz der schimmernden Härte des Materiales und des Atems der Jahrtausende, den sie mit einer fast greifbaren Intensität verströmte, wirkte sie auf unheimliche Weise lebendig, erfüllt von einer Kraft und Vitalität, die den gesamten Raum zu durchfluten schien.
    »Voilà!«, sagte Renouf und machte eine übertrieben deutende Geste. »Unsere allerneueste Errungenschaft, gerade aus dem Horustempel in Nedfu eingetroffen. Noch mehr Plunder, aber

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