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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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einem eindeutigen Ja zu beantworten.
    »Tritt ruhig ein, Professor«, fuhr Graves fort. Ein dünnes, nicht sehr langlebiges Lächeln huschte über sein Gesicht. »Deine geschätzten Kollegen reden gerade über dich, Professor. – Aber ich nehme doch an, es ist dir lieber, wenn sie mit dir reden.«
    Mogens war nicht nach rhetorischen Spitzfindigkeiten. »Was geht hier vor?«, fragte er scharf.
    »Sagte ich das nicht bereits, Professor?«, gab Graves zurück. »Es geht um dich.«
    Es war das dritte Mal, dass er Mogens nicht mit seinem Namen ansprach, sondern mit seinem akademischen Grad, und Mogens glaubte nicht, dass das ohne Grund geschah. Graves’ Absicht verfehlte jedoch ihr Ziel: Indem er das Gewicht seines Professorentitels so übermäßig betonte, schien er seine Position eher zu schwächen.
    »Unsinn!«, sagte Hyams, bevor Mogens antworten konnte. »Es geht nicht um Sie, Professor .« Aus ihrem Mund klang dieses Wort eher verächtlich, fand Mogens – und dazu hätte es des abfälligen Lächelns, das ihre schmalen Lippen umspielte, gar nicht mehr bedurft. »Nehmen Sie sich bloß nicht so wichtig.« Sie wandte sich demonstrativ wieder zu Graves um. »Also, wie lautet Ihre Antwort?«
    Graves schüttelte müde den Kopf. »Meine Erziehung verbietet mir, Ihnen die Antwort zu geben, die Sie eigentlich verdienen, meine Liebe«, sagte er. »Auch wenn ich annehme, dass Sie sie sicher kennen. Ich lasse mich nicht erpressen. Nicht einmal von einer attraktiven Frau wie Ihnen, Doktor Hyams.«
    »Erpressen?« Hyams dachte einen Moment über dieses Wort nach. Dann zuckte sie mit den Schultern. »Nun, wenn Sie es so sehen wollen …« Sie streifte Mogens mit einem kurzen, eisigen Blick. »Ich gebe Ihnen eine Stunde Zeit, über das nachzudenken, was ich Ihnen gesagt habe, Doktor Graves. Entscheiden Sie sich richtig.«
    »Dasselbe würde ich Ihnen raten, Doktor Hyams«, antwortete Graves eisig. »Wir haben einen Vertrag.«
    »Dann verklagen Sie mich doch.« Hyams funkelte ihn noch einen Moment lang herausfordernd an, aber als der Widerspruch nicht kam, auf den sie ganz offensichtlich wartete, drehte sie sich mit einem Ruck um und stürmte durch die offen stehende Tür hinaus. McClure folgte ihr auf dem Fuß, während Mercer spürbar zögerte und sich auch noch spürbarer nicht besonders wohl in seiner Haut fühlte, als er ihr endlich nachging und selbst das erst, nachdem er Mogens einen fast flehend um Verständnis bettelnden Blick zugeworfen hatte.
    »Dummköpfe«, grollte Graves. »Falls du dich noch nie gefragt haben solltest, was man unter dem Wort ›Blaustrumpf‹ versteht, Mogens, dann sieh dir Hyams an.«
    »Was hatte das zu bedeuten?«, fragte Mogens. »Was war hier los?«
    Graves seufzte. »Etwas, das ich schon seit einer geraumen Zeit befürchtet habe«, räumte er ein. »Miss Hyams mag kein sehr angenehmer Mensch sein, aber sie ist nicht dumm. Sie hat von Anfang an geargwöhnt, dass dort unten noch mehr ist als ein versunkener Tempel, den die Nachfahren altägyptischer Seeleute errichtet haben.« Er seufzte. »Das Erdbeben, Mogens. Sie hat irgendetwas gefunden. Ich weiß nicht was. Ich hatte allen verboten, noch einmal nach unten zu gehen, aber ich hätte mir denken sollen, dass Hyams sich nicht daran halten würde.« Er hob die Schultern. »Also gut, du willst wissen, was sie wollte? Sie hat mir ein Ultimatum gestellt. Aber ich schätze es nicht, unter Druck gesetzt zu werden.«
    »Was für ein Ultimatum?«
    »Nun, sie hat mich vor die Wahl gestellt, ihr zu zeigen, was wir wirklich gefunden haben – oder sie und die beiden anderen legen ihre Arbeit nieder und gehen.«
    »Und?«, fragte Mogens.
    »Sollen sie gehen«, sagte Graves kalt. »Wir brauchen sie nicht mehr.« Er stand auf, kam um den Tisch herum und streckte den Arm aus, wie um Mogens die Hand auf die Schulter zu legen, hielt dann aber im letzten Moment inne, als Mogens instinktiv zurückzuckte. Er hätte es nicht ertragen, von diesen schrecklichen Händen berührt zu werden.
    Mogens räusperte sich unbehaglich. »Jonathan, du …«
    »Wir sind fast am Ziel, Mogens!«, fiel ihm Graves insWort. »Verstehst du denn nicht? Wir brauchen diese Dummköpfe nicht mehr!«
    »Sie werden nicht über das schweigen, was sie hier gesehen haben«, gab Mogens zu bedenken.
    »Und?« Graves machte eine wegwerfende Geste. »Sollen sie! Was spielt das jetzt noch für eine Rolle? Wir haben es geschafft, begreifst du das denn nicht? Sollen sie reden! Sollen sie

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