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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wie Sie wünschen, Miss Preussler«, sagte Graves. Er machte keinen Hehl aus seiner Enttäuschung. »Es ist nur so, dass …«
    Die Tür flog auf und Tom stürmte herein, aber nicht, um den Kaffee zu bringen, um den Graves ihn gebeten hatte. Ohne Mogens oder Miss Preussler auch nur eines Blickes zu würdigen, ging er zu Graves und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Mogens konnte nicht verstehen, was er sagte, aber Graves runzelte – unangenehm! – überrascht die Stirn und stand auf, noch bevor Tom ganz zu Ende gesprochen hatte.
    »Bitte entschuldigen Sie mich einen Moment«, sagte er. »Ich bin gleich zurück.«
    Er ging, und zu Mogens’ Enttäuschung schloss sich Tom an und verließ unmittelbar hinter ihm das Haus. Bevor sich die Tür schloss, konnte Mogens ein helles Scheinwerferpaar draußen vor dem Haus erkennen. Ein Wagen war vorgefahren.
    »Was bedeutet das?«, fragte Miss Preussler.
    Mogens hob nur die Schultern. Er wusste es nicht – und es interessierte ihn im Augenblick auch nicht. »Miss Preussler, ich bitte Sie!«, sagte er beschwörend. »Trauen Sie diesem Mann nicht! Sie wissen nicht, wer er wirklich ist!«
    Miss Preussler wirkte ein wenig irritiert. Sie sah unsicher zu der Tür hin, durch die Graves und Tom verschwunden waren, und versuchte schließlich zu lächeln, aber es geriet eher zu einem Ausdruck der Hilflosigkeit. »Ich finde, dass er eigentlich ein ganz netter Mann ist«, sagte sie schleppend. »Man sollte ihm wenigstens eine Chance geben, meinen Sie nicht?«
    »Das hat sich vor einer Woche in Thompson aber noch ganz anders angehört«, erinnerte sie Mogens.
    »Nun, da hatte ich ja auch noch keine Ahnung von dem schrecklichen Schicksalsschlag, der ihn getroffen hat«, antwortete sie. Ihre Stimme wurde leiser. »Ich wusste ja gar nicht, dass Ihr Beruf so gefährlich ist, Professor.«
    Mogens zog vielsagend die Augenbrauen zusammen. Er hatte sich jeden Kommentar zu der Geschichte gespart, die Graves ihnen aufgetischt hatte, aber das bedeutete nicht zwangsläufig, dass er sie auch glaubte. Er hatte nie von einer Krankheit gehört, die mit solchen Symptomen einherging, wie Graves sie beschrieben hatte. Und auch nicht von einem Gift, das eine derartige Wirkung zeigte. Außerdem beschränkte sich die unheimliche Verwandlung, die manchmal mit Graves vonstatten zu gehen schien, längst nicht auf seinen Körper. Ganz und gar nicht. Aber gleichwie – Graves’ Geschichte hatte ihren Zweck eindeutig erfüllt: Er hatte Miss Preusslers Mitleid erregt, und jemand, den Betty Preussler einmal in ihr großes Herz geschlossen hatte, der hatte kaum eine Chance, jemals wieder daraus zu entkommen.
    »Ich bitte Sie einfach, ihm nicht zu trauen«, sagte er. »Bitte glauben Sie mir, Miss Preussler. Ich kenne Jonathan Graves besser als Sie. Dieser Mann ist«, er suchte vergeblich nach einem passenden Wort und schloss schließlich mit einem Achselzucken, »… schlecht.«
    Das traf es nicht einmal annähernd, aber es gab kein Wort um zu beschreiben, was er für Jonathan Graves empfand.
    »Aber was ist denn nur so schrecklich an dem, was Sie dort unten entdeckt haben?«, fragte Miss Preussler.
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen«, antwortete Mogens. »Warum glauben Sie mir nicht einfach?«
    »Weil es nicht sonderlich fair ist, einen Mann anzugreifen und ihm nicht die Möglichkeit zu geben, sich zu verteidigen«, antwortete Miss Preussler.
    Und so ging es weiter. Mogens war von Miss Preusslers plötzlichem Sinneswandel so überrascht, dass er sich regelrecht beherrschen musste, um nicht wütend zu werden. Er hatte keine Ahnung, wie – was umso erstaunlicher war, da er ja schließlich die ganze Zeit dabeigesessen hatte –, aber irgendwie war es Graves gelungen, Miss Preussler nahezu auf seine Seite zu ziehen. Sie diskutierten gute fünf Minuten in mühsam beherrschter, aber angespannter Stimmung, und Mogens war – absurd genug – regelrecht erleichtert, als Graves schließlich zurückkam.
    Er war sehr blass. Sein Blick wich dem Mogens’ und Miss Preusslers aus, während er zu seinem Platz ging und sich setzte.
    »Ist … etwas passiert?«, fragte Miss Preussler zögernd.
    Graves schenkte sich ein Glas Cognac ein, bevor er antwortete. Seine Hände zitterten leicht, sodass der Flaschenverschluss aus geschliffenem Kristall hörbar klirrte. »Das war Sheriff Wilson«, sagte er.
    »Was wollte er?« Mogens richtete sich kerzengerade auf. Ein ungutes Gefühl begann sich in ihm breit zu machen.
    »Es hat einen

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