Anubis - Roman
hektische rote Flecke auf ihre Wangen gezaubert.
»Was immer es gewesen sein mag, Miss Preussler«, fuhr Graves fort, »ich bin sicher, Cleopatra hatte ihre Gründe dafür. Ich konnte noch nie gut mit Katzen umgehen. Wenn überhaupt, dann bin ich wohl eher ein Hundetyp. Soweit mir mein Beruf Zeit für Haustiere lässt.«
Miss Preussler tauschte einen ungläubigen Blick mit Mogens, aber auch der konnte nur verwirrt die Schultern heben. Wenn Graves schauspielerte, dann tat er es perfekt. Aber war es denn möglich, dass sich Graves nicht mehr an den bizarrenZwischenfall erinnerte, der kaum mehr als eine Woche zurücklag?
Wohl hauptsächlich, um das unbehagliche Schweigen zu beenden, das plötzlich im Raum lag, wandte sich Graves mit einer knappen Geste an Tom. Tom öffnete die Karaffe und schenkte Miss Preussler und ihm von der goldbraunen Flüssigkeit ein, die sie enthielt, aber als er auch Mogens eingießen wollte, schüttelte dieser rasch den Kopf.
»Der gute Professor trinkt niemals Alkohol, Tom«, sagte Graves mit einem leicht belustigten Unterton. Er selbst griff unverzüglich nach seinem Glas, leerte es mit einem einzigen Zug und bedeutete Tom, ihm nachzuschenken.
»Nun, was ich übrig lasse, dafür scheinst du ja reichlich Verwendung zu finden.« Mogens funkelte ihn an, aber Graves lächelte nur und prostete ihm mit dem nachgefüllten Glas zu, allerdings ohne zu trinken.
»Meine Herren«, sagte Miss Preussler. »Wir wollen doch nicht streiten.«
»Oh, wir streiten nie, Miss Preussler«, antwortete Graves lächelnd. »Hat Ihnen Mogens nicht verraten, dass wir alte Studienkollegen sind? Unser Umgangston ist manchmal etwas rau. Bitte verzeihen Sie.«
»Sie waren Kommilitonen?«, wunderte sich Miss Preussler.
»Viele Jahre lang«, antwortete Graves. »Wir haben uns sogar ein Zimmer geteilt.« Er seufzte. »Umso bedauerlicher ist es, dass der gute Professor sich nun entschlossen hat, seine Arbeit hier nicht fortzusetzen. Und das, obwohl wir so kurz vor dem Ziel sind.« Er hob rasch die Hand, als er sah, dass Mogens dazu ansetzte, etwas zu sagen. »Aber verzeihen Sie. Wir wollen jetzt nicht über unerfreuliche Dinge reden. Tom, wärst du so nett, das Essen aufzutragen? Ich bin sicher, unsere Gäste sind hungrig.«
Tom entfernte sich rasch, und Graves griff erneut nach seinem Glas und nippte daran. Wieder begann sich ein unangenehmes Schweigen zwischen ihnen breit zu machen.
»Darf ich Ihnen eine vielleicht etwas indiskrete Frage stellen, Doktor Graves?«, fragte Miss Preussler plötzlich.
»Nur zu«, antwortete Graves lächelnd. »Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass eine Dame wie Sie überhaupt weiß, was das Wort indiskret bedeutet.«
Miss Preussler reagierte nicht auf seine plumpe Schmeichelei, sondern deutete mit einer Kopfbewegung auf Graves’ Hände. »Warum tragen Sie immerzu diese schrecklichen Handschuhe – sogar beim Essen?«
»Das ist Ihnen aufgefallen? Sie sind eine ausgezeichnete Beobachterin, Miss Preussler. Mein Kompliment.« Er seufzte. »Aber um Ihre Frage zu beantworten: Ich tue es aus Rücksicht auf alle, die in meiner Nähe sind. Meine Hände bieten keinen sehr schönen Anblick, müssen Sie wissen.«
»Was ist passiert?«
Graves’ Blick verdüsterte sich, als hätte ihre Frage die Erinnerung an etwas in ihm geweckt, woran er sich lieber nie erinnert hätte. »Es ist keine sehr schöne Geschichte«, begann er. »Auch wenn sie schnell erzählt ist. Es war auf einer meiner Expeditionen in den südamerikanischen Dschungel. Ich bin mit einer … Substanz in Berührung gekommen, die ich besser nicht berührt hätte.«
»Sie haben sich eine Vergiftung zugezogen?«
»So könnte man es nennen«, antwortete Graves. »Die Folgen waren jedenfalls äußerst fatal. Eine davon war ein sehr unangenehmer Hautausschlag, den ich seither nicht wieder losgeworden bin. Gottlob beschränkt er sich nur auf meine Hände. Aber es sieht wirklich schrecklich aus.«
»Haben Sie einen Arzt konsultiert?«, fragte Miss Preussler.
»Die besten«, antwortete Graves. »Aber noch einmal: Lassen Sie uns über angenehmere Dinge reden. Wie war Ihre Reise hierher?«
Miss Preusslers Gesichtsausdruck nach zu urteilen, gehörte dieses Thema nicht unbedingt zu den »angenehmeren Dingen«, über die Graves eigentlich reden wollte. »Ganz entsetzlich«, antwortete sie. »Diese Eisenbahnen sind so laut und unbequem. Eine durch und durch unzivilisierte Art zu reisen, wenn Sie mich fragen.«
»Da mögen Sie
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