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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Decke an.
    »Du zweifelst daran?« Die Vorstellung schien Graves zu amüsieren. Er zog sein Zigarettenetui aus der Jacke und klappte es auf, steckte es dann aber unverrichteter Dinge wieder ein, ohne sich bedient zu haben, nachdem Tom ihm einen erschrockenen Blick zugeworfen hatte. »Verzeihung«, murmelte er. »Ich vergaß.« Mogens blickte fragend, und Graves fügte hinzu: »Die Ghoule haben einen sehr hoch entwickelten Geruchssinn.«
    »Ghoule?«
    »Irgendwie muss man sie nennen, oder?« Graves hob abermals die Schultern. »Es ist auf die Dauer ein wenig lästig, immer von ›Kreaturen‹ oder ›Wesen‹ und ›Geschöpfe n ‹ zu reden.« Er zog sein Etui schon wieder aus der Tasche, bedachte es mit einem langen, fast wehmütigen Blick und steckte es schließlich endgültig weg. »Sind alle Vorbereitungen getroffen?«, wandte er sich an Tom.
    »Ja«, antwortete Tom, schüttelte absurderweise aber zugleich auch den Kopf. »Aber ich will zur Vorsicht noch mal den Alarmdraht überprüfen.«
    Graves sah ihm kopfschüttelnd nach, als er hinter der Totenbarke verschwand. »Ein guter Junge«, sagte er. »Manchmal wüsste ich gar nicht mehr, was ich ohne ihn tun sollte. Habe ich dir erzählt, dass er mir das Leben gerettet hat?«
    Mogens war nicht ganz sicher, aber er nickte trotzdem. Dieses Eingeständnis überraschte ihn kein bisschen. Er wusste jetzt noch viel weniger als am ersten Tag, was er von Tom zu halten hatte, aber er hätte diesem Jungen dennoch blindlings sein Leben anvertraut. Außerdem meldete sich sein schlechtes Gewissen, wie jedes Mal, wenn er an Tom dachte oder ihn sah. Der ungeheuerliche Verdacht, in dem er ihn gehabt hatte, machte ihm zu schaffen. Dass Tom es offensichtlich ein wenig an der gebotenen Ordnung und Hygiene mangelte, war betrüblich, gab ihm aber noch lange nicht das Recht, vorschnell über ihn zu urteilen. Da Mogens selbst ein Opfer ungerechter Verurteilung geworden war, reagierte er in diesem Punkt schon fast übersensibel.
    Graves sah – diesmal länger – auf die Uhr. Er wirkte ein wenig besorgt, fand Mogens, und er sagte es auch. Graves schüttelte jedoch nur den Kopf, klappte den Uhrdeckel deutlich leiser als beim ersten Mal zu und sah aus schmalen Augen in die Richtung, in die Tom verschwunden war. »Sie kommen meistens gegen Mitternacht«, sagte er. »Ich bin nicht sicher, aber ich nehme an, dass es mit der Stellung des Mondes zu tun hat.«
    »Nicht der des Sirius?« Mogens bedauerte die Frage, noch bevor er sie ganz ausgesprochen hatte, aber er konnte sie sich trotzdem nicht verkneifen.
    Ausnahmsweise erwies sich Graves diesmal als der Vernünftigere von ihnen, denn er beließ es bei einem bösen Blick, statt irgendetwas darauf zu erwidern und so den Streitaufzunehmen, den Mogens völlig grundlos vom Zaun gebrochen hatte.
    »Verzeihung«, murmelte Mogens.
    »Schon gut.« Graves winkte ab. Der schwarze Handschuh, in dem seine Finger steckten, bewegte sich dabei auf eine unheimliche Weise, die Mogens an die grässliche Art denken ließ, auf die Janice’ Hände auseinander gefallen waren. Er sah rasch weg und schluckte den bitteren Kloß herunter, der sich in seinem Hals bilden wollte.
    »Du bist nervös«, fuhr Graves fort. »Das bin ich auch, glaub mir.«
    Seine demonstrative Großmut ärgerte Mogens schon wieder, aber diesmal hatte er sich gut genug in der Gewalt, um die Bemerkung herunterzuschlucken, die ihm auf der Zunge lag.
    Etwas geschah mit dem Licht. Wo vorher goldbraune Helligkeit geherrscht hatte, breiteten sich nun Schatten aus.
    »Ich habe Tom gesagt, er soll die Lampen löschen«, sagte Graves, dem Mogens’ fast unmerkliches Zusammenzucken nicht verborgen blieb. »Sie reagieren auf Licht. Ich glaube, es bereitet ihnen Schmerzen. Ihre Augen sind sehr empfindlich.«
    Eine weitere Laterne erlosch, dann noch eine und schließlich die vorletzte. Die Dunkelheit schien wie eine Woge aus kompakter Schwärze über ihnen zusammenzuschlagen, und Mogens glaubte regelrecht zu sehen, wie selbst der Lichtschein der letzten Laterne, die unmittelbar vor Graves’ Füßen stand, unter dem Anprall der Düsternis ein Stück zurückwich. Sein Herz begann schneller zu schlagen, als er den gedrungenen Schatten sah, der sich vor ihnen aus der Dunkelheit schälte. Obwohl er genau wusste, dass es niemand anderes als Tom war, glaubte er für einen kurzen Moment spitze Fuchsohren zu erkennen, blitzende Fänge und rot glühende Augen, die ihn gierig anstarrten. Aber es war auch diesmal

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