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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Begeisterung halten können – aber war es nicht nur ein kleiner Schritt von Begeisterung zur Besessenheit?
    »Wie … meinst du das?«, fragte er vorsichtig.
    »Wie lange hat das Reich der Pharaonen bestanden?«, fragte Graves und gab sich auch gleich selbst die Antwort. »Dreitausend Jahre? Vier? Niemand weiß es genau, aber es hatte unvorstellbar lange Bestand, länger als jede andere Kultur, die es jemals auf dieser Welt gegeben hat.«
    »Worauf willst du hinaus?«, fragte Mogens misstrauisch. Er begann es zu ahnen. Nein – das war falsch. Er wusste es. Eigentlich hatte er es die ganze Zeit über gewusst, nur war die Vorstellung so absurd, dass er ihr bisher einfach nicht gestattet hatte, Gestalt anzunehmen.
    »Glaubst du denn wirklich, dass sich ein ganzes Volk über so lange Zeit hinweg irren kann?« Graves begann erregt mit beiden Armen zu gestikulieren, aber Mogens hatte dabei das unheimliche Gefühl, dass er viel weniger die Arme in die Luft warf, als dass es seine Hände waren, die sich aus eigenem Antrieb heraus bewegten und dabei seine Arme einfach mit sich rissen. »Niemals, Mogens! Es ist unmöglich. Eineeinfache mathematische Gleichung. Was sie gesucht haben, existiert.«
    »Wovon redet dieser Verrückte?«, fragte Miss Preussler alarmiert. »Was haben die Pharaonen gesucht?« Graves sah nicht einmal in ihre Richtung, aber Mogens antwortete leise: »Unsterblichkeit, Miss Preussler. Das ganze Trachten der alten Ägypter galt der Unsterblichkeit. Dem Leben nach dem Tode.«
    »Was für ein Unsinn«, antwortete sie.
    Graves schoss einen ärgerlichen Blick in ihre Richtung, beließ es aber dann lediglich bei einem verächtlichen Verziehen der Lippen und fuhr, wieder an Mogens gewandt und im gleichen eifernden Ton, fort: »Ich bin überzeugt davon, dass sie Recht hatten! Sie waren auf dem richtigen Weg, nur mit den falschen Mitteln.«
    Mogens überlegte sich seine nächsten Worte sehr genau. Das Flackern in Graves’ Augen hatte noch zugenommen, und auch der Ton, in dem er sprach, alarmierte ihn mehr und mehr. Ein falsches Wort mochte durchaus reichen, um eine Katastrophe heraufzubeschwören. »Ich habe mehr als eine Mumie mit eigenen Augen gesehen, Jonathan«, sagte er, wobei er ganz bewusst Graves’ Vornamen benutzte. »Und glaub mir, ich habe in keiner einzigen davon irgendetwas Lebendes gefunden. Oder gar die Unsterblichkeit.«
    »Weil du die falschen Mittel benutzt hast!« Graves machte eine Geste, als wolle er seine Worte körperlich beiseite fegen. »Ihr Ziel war richtig, aber der Weg war falsch. Und wie hätten sie es auch wissen sollen? Selbst ich habe es erst nach vielen Jahren und unzähligen bitteren Rückschlägen verstanden.«
    »Wo du doch über so viel mehr Erfahrung verfügst als die ägyptischen Hohepriester, die nur dreitausend Jahre Zeit hatten, sich mit diesem Problem zu befassen«, sagte Mogens spöttisch.
    »Sie waren Primitive, trotz allem«, behauptete Graves. »Primitive, die eine erstaunlich hohe Stufe der Kultur erklommen hatten, aber dennoch Primitive. Sie haben versucht, einwissenschaftliches Problem mit Mitteln des Aberglaubens zu lösen. Sie mussten scheitern.«
    »Während Sie versuchen, ein abergläubisches Problem mit Mitteln der Wissenschaft zu lösen«, sagte Miss Preussler. »Wie originell.«
    Graves ignorierte sie weiter. »Dreitausend Jahre, Mogens«, sagte er begeistert. »Glaubst du wirklich, sie hätten all diese ungeheuerlichen Anstrengungen vollbracht ohne den geringsten Beweis? « Er schüttelte heftig den Kopf. »Ganz gewiss nicht, Mogens. Die Pharaonen wussten , dass ihre Götter existieren!«
    »Ach?«, fragte Mogens. »Woher?«
    »Weil sie sie gesehen haben«, antwortete Graves triumphierend. »Ebenso wie ich.«
    »Du bist wahnsinnig«, murmelte Mogens.
    »Wahnsinnig? So?« Graves lächelte das triumphierende, durch nichts zu erschütternde Lächeln eines Wahnsinnigen. »Und wenn ich einen Beweis hätte?«
    »Einen Beweis«, wiederholte Mogens. »Und wie sollte der aussehen?«
    »Es hat lange gedauert«, antwortete Graves, ohne damit wirklich zu antworten, »viel zu lange, aber am Ende habe ich es schließlich begriffen. Und weißt du, wo? An dem einzigen Ort auf der Welt, der dafür geschaffen ist.«
    Er machte eine heftig wedelnde Handbewegung auf Tom, der an der Wand in die Hocke gesunken war und einfach zu erschöpft schien, um mit mehr als einem müden Blick darauf zu reagieren. »Tom und ich waren in Afrika. Wir standen im Schatten der großen

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