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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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auch gehorsam einen Schritt zur Seite, dann jedoch blieb es stehen, versuchte mit der linken Hand nach Miss Preusslers Scheinwerfer zu greifen und gestikulierte mit der anderen in die Dunkelheit am oberen Ende der Trümmerhalde hinauf. Miss Preussler versuchte, es noch weiter zurückzudelegieren, erreichte damit aber nichtmehr, als dass sein Widerstand noch zunahm und sein Gestikulieren hektischer wurde.
    »Anscheinend will sie dorthin«, sagte Miss Preussler, wobei sie Mogens über die Schulter hinweg einen fast flehenden Blick zuwarf.
    Mogens schüttelte entschieden mit dem Kopf. »Das ist viel zu gefährlich«, sagte er bestimmt. »Dort liegt alles in Schutt und Asche.« Allein schon bei dem Gedanken , noch tiefer in dieses Labyrinth aus Trümmern, gefährlichen Fallgruben und rasiermesserscharfen steinernen Klingen und Spitzen einzudringen, wurde ihm übel.
    Das Mädchen stellte sein Gestikulieren und Zerren jedoch keineswegs ein, sondern riss nur immer fester an Miss Preusslers Arm, woran auch deren vergebliche Versuche, beruhigend auf es einzureden, nichts änderten. Schließlich riss es sich los und begann auf Händen und Knien, aber dennoch mit erstaunlicher Behändigkeit, den Trümmerberg hinaufzuklettern.
    Miss Preussler sah ihm einen Herzschlag lang fast entsetzt nach, dann aber erschien ein Ausdruck grimmiger Entschlossenheit auf ihrem Gesicht. Mit der linken Hand hob sie ihre Lampe hoch über den Kopf, mit der anderen raffte sie ihre Röcke und folgte ihm. Mogens spürte eine Art dumpfes Entsetzen, was aber nur einen winzigen Moment vorhielt, bevor es Resignation wich. Er sparte sich den Atem, Miss Preussler zurückrufen oder auf irgendeine andere Art zur Vernunft bringen zu wollen, sondern kletterte ihr gleich hinterher.
    Der Aufstieg erwies sich als noch schwieriger, als er befürchtet hatte. Der Berg aus Trümmern und zerborstenen, riesigen Steinquadern und -platten war nicht annähernd so massiv, wie er ausgesehen hatte. Immer wieder lösten sich unter seinen Händen und Füßen einzelne Trümmerstücke, manchmal auch ein ganzes Segment, um polternd hinter ihm herabzustürzen, und Mogens war nicht annähernd so sicher, wie er es gerne gewesen wäre, sich das bedrohliche Knistern und Knacken, das aus der unsichtbaren Decke über ihren Köpfen herabzudringen schien, tatsächlich nur einzubilden. Zweimalstürzte er und schlitterte ein ganzes Stück des Weges zurück, den er sich gerade mühsam heraufgequält hatte, und er wäre fast selbst überrascht gewesen, wäre er nicht als Letzter oben angekommen.
    Miss Preussler streckte ihm hilfreich den Arm entgegen, und wären Mogens’ Erschöpfung und Frustration noch ein ganz kleines bisschen größer gewesen und sein Stolz nur eine Winzigkeit kleiner, hätte er dieses Angebot sicher auch angenommen. So warf er ihr nur einen trotzig-verärgerten Blick zu, robbte die letzten anderthalb Meter aus eigener Kraft nach oben – wobei er sich nicht nur einen Fingernagel abbrach, was erstaunlich schmerzhaft war, sondern auch so hart den rechten Oberschenkel anschlug, dass die Wunde unter seinem Verband wieder zu bluten begann – und langte schließlich, keuchend vor Erschöpfung und mit zusammengebissenen Zähnen, aber mit halbwegs intaktem Stolz, neben ihr an. Miss Preussler maß ihn mit einem sonderbaren Blick, von dem er nicht zu sagen vermochte, ob er nun geringschätzig oder auf eine missbilligende Art amüsiert war, sagte aber nichts dazu.
    Ihre Mühe schien umsonst gewesen zu sein. Die junge Fremde war verschwunden, auch wenn sie noch nicht allzu weit entfernt sein konnte – Mogens konnte ihre hektisch keuchenden Atemzüge und das Geräusch ihrer Schritte nicht weit vor sich in der Dunkelheit ausmachen, begleitet von dem ununterbrochenen Kollern und Poltern von Steinen, die sich unter ihren Schritten lösten. Aber es dauerte einen Moment, bis es ihm gelang, sie mit seinem Scheinwerferstrahl zu erfassen.
    Nur eine halbe Sekunde später gesellte sich auch das Licht von Miss Preusslers Lampe hinzu, und das Mädchen drehte erschrocken den Kopf und sah aus zusammengekniffenen Augen zu ihnen zurück. Das Licht schien ihm Schmerzen zu bereiten, ihm vielleicht auch Angst einzuflößen – was es aber nicht daran hinderte, mit erstaunlichem Geschick und Schnelligkeit weiterzustürmen, als hätte es sein Lebtag lang nichts anderes getan, als über Ruinen zu klettern und unsichtbaren Hindernissen auszuweichen. Es entfernte sich geradezu unglaublich schnell von

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