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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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eine Sehhilfe gebraucht hatte. »Sie ist Ägyptologin«, sagte er. »Und zwar eine sehr gute.«
    »Was mich zu meiner nächsten Frage bringt.« Mogens machte eine weit ausholende Geste: »Das alles hier ist ja höchst interessant, um nicht zu sagen sensationell – aber was willst du von mir? Ich bin zwar Archäologe, aber das alte Ägypten ist nun wahrlich nicht mein Spezialgebiet – ganz davon abgesehen, dass du ja bereits eine Spezialistin auf diesem Gebiet hast.«
    »Eine Koryphäe, um genau zu sein«, bestätigte Graves. »Doktor Hyams gehört zu den führenden Köpfen auf ihrem Gebiet.«
    Und als solche, dachte Mogens, war sie vermutlich alles andere als glücklich über den Umstand, dass Graves noch einen weiteren Spezialisten zurate gezogen hatte. Mogens glaubte die vermeintlich grundlose Feindseligkeit in Hyams’ Augen jetzt ein wenig besser zu verstehen; was aber nicht bedeutete, dass er sich dadurch besser fühlte.
    »Du hast natürlich Recht, Mogens«, fuhr Graves fort. »Es gibt einen Grund, aus dem du hier bist. Einen sehr triftigen Grund sogar. Aber es ist spät geworden. Du hast zweifellos einen anstrengenden Tag hinter dir und musst müde und hungrig sein. Ich habe dir noch eine Menge zu erklären, aber für den Moment soll es genug sein.«

Es war schon lange dunkel geworden, als sie an die Erdoberfläche zurückkehrten. Mogens war so überwältigt vom Sturm der Eindrücke und Gedanken, dass er erst wieder richtig zu sich kam, als er die Tür seiner Blockhütte aufstieß. Dort erlebte er eine neue Überraschung. Das elektrische Licht, dessen Vorhandensein ihn immer noch mit einem sachten Gefühl von Erstaunen erfüllte, war ausgeschaltet, und an seiner Stelle verbreiteten eine Petroleumlampe mit gelbem Schirm und ein halbes Dutzend Kerzen warme, behagliche Helligkeit. Ein weißes Leinentuch lag auf dem Tisch, jemand – vermutlich Tom – hatte weißes Porzellangeschirr und Gläser aufgetragen, und Mogens hatte kaum Mantel und Jacke abgelegt, da ging die Tür in seinem Rücken wieder auf und Tom kam herein, beladen mit einem Tablett voller dampfender Schüsseln und einer Kanne mit frisch aufgebrühtem Kaffee, das er kommentarlos vor Mogens auf den Tisch lud.
    »Nehmen Sie Platz, Professor«, sagte er, als er damit fertig war. »Ich mache das schon.«
    Mogens war viel zu verblüfft, um zu widersprechen und gehorchte schweigend. Mit wachsendem Erstaunen sah er zu, wie Tom mit einem Geschick, das jedem Oberkellner in einem gehobenen Restaurant zur Ehre gereicht hätte, seine Mahlzeit auftrug, schüttelte aber rasch den Kopf, als er nach der mitgebrachten Weinflasche greifen und ihm einschenken wollte. »Bitte nicht.«
    Tom wirkte im allerersten Moment verwirrt, dann aber machte sich ein fast schuldbewusster Ausdruck auf seinem Gesicht breit. »O ja, ich vergaß. Sie trinken ja keinen Alkohol. Bitte verzeihen Sie!«
    »Das macht doch nichts.« Mogens machte eine Geste auf den schon fast überreich gedeckten Tisch. »Du hast das großartig gemacht. Hast du Erfahrung im Gastronomiewesen?«
    Tom schüttelte den Kopf und fuhr fort, Fleisch, Soße und knusprig gebratene Kartoffeln auf seinen Teller zu häufen. Allein der Geruch reichte aus, Mogens das Wasser im Munde zusammenlaufen zu lassen. Plötzlich spürte er, wie hungrig er war; immerhin war das – wenn auch überreichliche – Frühstück, das ihm Miss Preussler am Morgen zum Abschied zubereitet hatte, die einzige Mahlzeit dieses Tages gewesen, und mittlerweile war acht längst vorbei. Er musste sich beherrschen, um nicht mit unziemlicher Hast nach Messer und Gabel zu greifen. Sein Magen knurrte hörbar, was ihm peinlich war. Tom lächelte jedoch nur. »Ich hoff, es schmeckt Ihnen. Ich bin kein gelernter Koch.«
    »Wenn es auch nur annähernd so gut schmeckt, wie es aussieht, wird es zweifellos die köstlichste Mahlzeit, die ich seit Jahren bekommen habe«, antwortete Mogens.
    Tom lächelte geschmeichelt, machte dann aber eine fragende Handbewegung zur Tür. »Wenn das dann alles wär … Ich muss mich noch um die andern kümmern.«
    »Du machst das alles ganz allein?« Mogens hoffte, dass Tom ihm seine Enttäuschung nicht zu deutlich anmerkte. Er hatte gehofft, sich während des Essens ein wenig mit dem Jungen unterhalten zu können, um auf diese Weise vielleicht Antwort auf die eine oder andere Frage zu bekommen, die zu stellen Graves ihm keine Gelegenheit gegeben hatte.
    »Halb so wild«, antwortete Tom geschmeichelt. »Und die Arbeit

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