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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wiederholte, und es war jetzt nicht nur lauter, sondern auch eindeutig zu identifizieren. Schritte. Nicht das behutsame Schleichen einer Wildkatze oder eines streunenden Hundes, sondern ganz eindeutig die Schritte eines Menschen, der nicht unbedingt schlich, aber offensichtlich dennoch bemüht war, nicht allzu viel überflüssigen Lärm zu machen. Zwar gab es mindestens hundert ebenso glaubwürdige wie harmlose Erklärungen dafür, aber Mogens’ Gedanken bewegten sich so unverrückbar in Bahnen von Bedrohung und Heimtücke wie die eisernen Räder einer Lokomotive aufihren Schienen, und er konnte beinahe gar nicht anders, als sich umzuwenden und mit klopfendem Herzen in die gleiche Richtung zu gehen. Einem unvoreingenommenen Beobachter wäre das Verhalten des Professors zweifellos sehr mutig vorgekommen, aber das genaue Gegenteil war der Fall: Mogens hatte einfach zu große Angst davor, in sein Haus zurückzugehen und nicht zu wissen, was die Ursache des unheimlichen Schleichens und Raschelns war. Er hatte zu viele Nächte voller höllischer Visionen und Albträume hinter sich, aus denen er schweißgebadet und mit hämmerndem Puls aufgewacht war, um seiner Fantasie zu gestatten, ihn derart aufgepeitscht in den Schlaf zu begleiten.
    Er sah nichts, aber als er zwischen seiner und der von Graves bewohnten Blockhütte hindurchging, hörte er das Geräusch schleichender Schritte zum dritten Mal, und irgendwo in der Dunkelheit vor ihm schien sich etwas zu bewegen; kaum mehr als ein Schatten unter anderen Schatten, aber dennoch deutlich genug, um keine Einbildung sein zu können. Mogens’ Verstand versuchte zum letzten Mal, ihm den Wahnsinn seines Vorhabens zu erklären, aber seine Furcht vor den Dämonen des Unbekannten war einfach stärker. Langsam und mit klopfendem Herzen, aber ohne zu stocken, bewegte er sich in die entsprechende Richtung und erreichte nach wenigen Augenblicken die ausgefahrene Spur, die die Reifen von Toms Wagen im weichen Boden hinterlassen hatte. Sie war leicht zu erkennen, trotz der kümmerlichen Lichtverhältnisse. In den parallel verlaufenden Gräben hatte sich Wasser gesammelt, das aus dem morastigen Grund gesickert sein musste und das blasse Sternenlicht zurückwarf wie zwei nebeneinander liegende, endlose schmale Spiegel.
    Mogens unterdrückte nur mit Mühe einen Schreckensschrei, als etwas warnungslos in sein Gericht peitschte und eine dünne Spur aus schnell vergänglichem, aber heftigem Schmerz zurückließ. Instinktiv hob er die Hände, um sich vor einem weiteren Angriff zu schützen, aber alles, was er ertastete, waren dünnes Geäst und taufeuchtes Laub. Eine flüchtige Erinnerung blitzte vor seinem geistigen Auge auf: dunkelgrüne Äste, die von der Kühlerhaube des Ford beiseite gefegt wurden und gegen die Windschutzscheibe peitschten. Was auch sonst? Er war der Fahrspur des Ford gefolgt und hatte den Anfang des Weges erreicht, der parallel zur Friedhofsmauer verlief.
    Nun zögerte er doch, weiterzugehen. Ihm war schon bei seiner Ankunft klar geworden, dass sich jemand – vermutlich Tom und ebenso vermutlich auf Graves’ ausdrückliche Anweisung hin – große Mühe gemacht hatte, die Zufahrt zur Lichtung zu verbergen, aber er hatte dieser Beobachtung vielleicht nicht die angebrachte Bedeutung zugemessen. Was, wenn es Graves gar nicht nur darum ging, seine Entdeckung vor allzu neugierigen Blicken zu verbergen?
    Dieser Gedanke überschritt eindeutig die Grenze zur Paranoia, und Mogens verscheuchte ihn ärgerlich. Mit einer fast schon zornigen Bewegung legte er die Äste zur Seite und setzte seinen Weg fort.
    Nachdem er die lebendige Barriere durchschritten hatte, wurde die Sicht schlagartig besser. Mogens blieb überrascht stehen und sah in den Himmel. Der Mond war im Verlauf der letzten Woche immer schmaler geworden und stand nun als kaum noch fingerbreite Sichel am Himmel, aber die Nacht war auch sehr klar und das gewaltige Diadem aus funkelnden Sternen glich das fehlende Mondlicht nahezu aus, da es nicht von der kleinsten Wolke oder Eintrübung behindert wurde. Es war nicht auf dieser Seite zu hell. Drüben in Graves’ Lager war es eindeutig zu dunkel: als gäbe es dort etwas, das das Licht abschreckte.
    Wieder raschelten Schritte, dann erscholl ein lang anhaltendes Poltern und Kollern, das von weither, aber auch eindeutig von jenseits der Friedhofsmauer kam. Mogens machte einen einzelnen Schritt und blieb wieder stehen. Sein Herz begann zu pochen. Vorhin, als er zusammen mit

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