Anwaltshure 3
ihnen sprühte, schien keine Grenzen zu kennen. Allein das war die Kopfschmerzen wert.
»Du gehst mit ihm ins Bett?« Ihre Stimme hatte einen anderen Unterton bekommen, und irgendwie fehlten Worte in dem Satz ... Ich konnte mir nicht helfen. Sie hatte nicht alles gesagt, was sie hatte sagen wollen. Wobei die Frage an sich schon wirklich ziemlich dumm war.
Wortlos blickte ich sie an und so oft, wie sie jetzt ihr Gesicht vom Verkehr ab- und mir zuwandte, war mir klar, dass sie es wirklich so gemeint hatte. »Er ist verlobt!«, gab sie verblüfft von sich.
»Ach«, war alles, was mir dazu einfiel. War »Verlobt« noch ein Standard im 21. Jahrhundert?
Die Art, wie mein Kampf-Wiesel mich um jede Kurve schleuderte, machte mir deutlich, dass sie durchaus bereit war, für ihre geliebte Laura über Leichen zu gehen. Da war es nicht weiter verwunderlich, dass ich heftig aufatmete, als wir vor dem Eingangsportal von Warham anhielten.
Es gab kein Empfangskommando, sondern nur einen mir sehr wohl bekannten Rolls Royce, neben dem das Wiesel jetzt einparkte. War ich eine Sekunde zuvor noch niedergeschlagen gewesen, so hüpfte mein Herz jetzt vor unerwarteter Freude. Und wenn er auch wegen Derek und nicht meinetwegen aus London hergekommen war, so bedeutete es mir doch unendlich viel, ihn gerade jetzt zu sehen. Nach all den Irrungen und Wirrungen und diesem Gefühl, dass mir alles entglitt, dessen ich mir so lange sicher gewesen war. Einer der Pflöcke, an denen mein Leben befestigt war, war wieder aufgetaucht und mehr brauchte ich gar nicht. Mich in seine Arme kuscheln und dann nach London mitnehmen lassen, das war alles, was ich wollte.
Als ich in die Halle trat, hörte ich bereits eine wütende Stimme. »Wie konntest du sie nur derart in Gefahr bringen?« Die Tür zu dem Zimmer, in dem die Auseinandersetzung ganz offensichtlich stattfand, stand eine Handbreit offen und jeder, der vorbeiging, verlangsamte seine Schritte, um nur ja recht viel von dem Streit mitzubekommen.
Ich allerdings ging keinen Schritt weiter, sondern blieb direkt vor der Tür stehen und lauschte aufmerksam. Es ging ja schlussendlich um mich!
»Meinst du, das habe ich mit Absicht gemacht, oder was?«, bellte Derek und ich hörte mit Schrecken, dass er zumindest angetrunken war.
»Wen oder was kann man dir denn anvertrauen? Kannst du mir das vielleicht sagen? Ignorant und unzuverlässig ... das ist es, was du bist!«
Je weiter der Streit ging, desto heftiger klirrten Karaffenhälse auf Glasränder.
»Gut. Dann sage ich jetzt ganz offiziell, dass es mir leid tut, dass sich deine Lieblings-Nutte wegen mir den Kopf gestoßen hat.«
Lieblings-Nutte? Kopf gestoßen? – Arschloch!
»Pass auf, wie du von Emma redest! Wie auch immer ... du wirst umgehend nach London zurückkehren.«
»Seit wann bestimmst du, wo ich mich aufzuhalten habe?«
»Was habt ihr überhaupt bei Bradford gemacht? Hat sie dort oben gearbeitet?«
Schweigen. So dick, dass man es locker mit einem Messer hätte schneiden können.
»Oder was war das ... du und sie ...« Die Worte schienen George im Hals steckenzubleiben. Karaffen-Klirren. »Du gottverdammter ...«, zischte er und ich hatte keinen blassen Schimmer, warum George sich so aufregte. Hieß das Zauberwort vielleicht Laura?
»Guten Tag, Miss Hunter!«
Überrascht und irgendwie ertappt drehte ich mich zu der wohlklingenden weiblichen Stimme hinter mir um. Eine hübsche Frau stand vor mir. Sie war einen guten Kopf größer als ich und ihr goldblondes Haar fiel in weichen Wellen bis zu ihren Schultern. Das ovale Gesicht, das mich freundlich betrachtete, hatte beinahe schon aristokratische Züge, mit einer langen, schmalen Nase und elegant geschwungenen Lippen, die nur mit einem hellrosa Gloss betont wurden. Sowieso trug sie wenig Make-up. Einen leichten Puder, Wimperntusche. Fertig. Die weiße Bluse, die sie bis kurz über den kleinen Brüsten aufgeknöpft trug, wirkte frisch. Ein sportlich-schicker Look, der wunderbar zu den Jeans passte. Kein Schmuck. Abgesehen von einem Paar goldenen Creolen.
»Miss ...?«
»Nennen Sie mich doch bitte Laura.«
Laura ...
»Ich hörte, Sie hatten einen Unfall mit meinem Freund.«
Das Leben ist ein Minenfeld. Und es gibt Stunden, in denen hat man das Gefühl – nein! – dann weiß man, dass man von einem Sprengsatz auf den nächsten tritt. Sie fliegen einem um die Ohren und manche sind so mächtig, dass sie einem das Herz herausreißen. Und wenn sie das geschafft haben, dann
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