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Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Titel: Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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Abend hier aufgekreuzt? Wo er doch sehnsüchtig darauf wartete, das hinterste Zimmer zu erkunden. Voller Angst, aber dennoch begierig darauf, auch den Einfluss der letzten Bilder auf seine Kreativität zu nutzen, wenn er wieder zu Hause in seinem Zimmer war. Es musste an die Wand. Mit feuchter Farbe. In lebendigen Farben. Er wollte die Kunstwelt von London in die Knie zwingen. O ja, er hatte seine Zweifel. Er war krank vor Angst bei dem Gedanken an das, was er tat, was aus ihm wurde und was er da in seinem Zimmer sah … Aber ein Künstler musste mutig sein, und das Werk, das seine Hände schafften, war viel zu spektakulär, um ignoriert zu werden.
    »Sie verdammter Narr! Diese Wohnung gehört mir, sie ist mein Eigentum. Nun machen Sie schon auf. Ich verlange, dass Sie aufschließen. Tun Sie, was man von Ihnen verlangt!«
    Erneut zögerte er. Wieder spürte er diese aufsteigende Panik. Er zog die Schlüssel aus der Tasche. Fummelte daran herum. Aber wie konnte das sein? Wie konnte Mrs. Roth ein Apartment gehören, in dem solche grauenhaften Sachen hingen?
    Und dann meldete sich eine andere Stimme zu Wort. Aus dem Treppenhaus hinter Mrs. Roth. Eine Stimme, die er gut kannte, deren Worte aus der Kälte kamen, aus den zugigen Ecken der betonierten Welt der Sozialbauten, aus den regennassen schmutzigen Straßen von Hackney und den düsteren Horrorvisionen in den Zimmern im Stockwerk über dem Green Man. Der Junge mit der Kapuze war wieder da. »Mach schon, Seth. Öffne die Tür für die alte Dame. Da drinnen ist jemand, der sie gern wiedersehen möchte. Ein alter Freund sozusagen. Er wird sich um sie kümmern. Sie bekommt, was sie verdient.«
    Im Zwielicht des Treppenhauses konnte Seth die heruntergezogene Kapuze ausmachen. Das Gesicht darunter verlor sich in der Dunkelheit, und die verkohlten Hände raschelten in den überdimensionalen Hosentaschen.
    Sie bekommt, was sie verdient.
    Was meinte er damit? Seth wurde übel.
    »Geben Sie sie mir! Gehen Sie aus dem Weg!« Mrs. Roth näherte sich auf ihren verkrüppelten Füßen erstaunlich schnell für eine so alte Frau. Ihr Gesicht war wutverzerrt angesichts seiner Unentschlossenheit, und die knorpeligen Hände grabschten nach den Schlüsseln.
    Er hielt sie hoch, sodass sie nicht drankam. Sah auf sie herab und bemühte sich, ruhig zu sprechen: »Bitte. Würden Sie mich jetzt meine Arbeit machen lassen?«
    Es half alles nichts. Sie ließ ihm keine Wahl. Er schob den Schlüssel ins Schloss. Er konnte nichts dafür.
    »Schneller, los, schnell. Was stehen Sie denn da herum?«
    Seth drehte den Schlüssel und stieß die Tür auf. Dann blieb er stehen und starrte in die Dunkelheit, die sich vor ihm auftat. Ein kalter Windhauch strich über sein Gesicht, und er bekam eine Gänsehaut.
    Er spürte ihren krallenartigen Griff an seinem Ellbogen. Trotz ihres Wutanfalls und der Art, wie sie mit ihm gesprochen hatte, erwartete sie, dass er sie hineinführte. Er sollte sie beschützen.
    Er sah zu ihr hinunter und konnte sehen, wie aufgeregt sie war. Sie hatte sehr große Angst vor diesem Ort. Was wusste sie darüber? Irgendetwas musste sie wissen. Sie wohnte seit dem Zweiten Weltkrieg in diesem Haus und hatte ganz bestimmt den früheren Bewohner dieses Apartments gekannt. Sie waren Nachbarn gewesen. Und nun gehörte ihr die Wohnung.
    Seth führte sie in die Dunkelheit, blieb jenseits der Eingangstür stehen und tastete nach dem Lichtschalter. Ein rötlicher Schimmer breitete sich im Wohnungsflur aus.
    »Geht das Licht denn nicht? Es ist ja so dunkel. Haben Sie keine Taschenlampe?«
    Ihre Augen waren also nicht besonders gut. Das war nicht überraschend, sie war ja schon fast hundert. Seth warf hastig einen Blick über die Schulter. Der Junge mit der Kapuze stand draußen im Korridor und sah zu.
    »Lassen Sie die Tür offen. Mir gefällt das nicht«, murrte die Alte. »Können Sie was erkennen?« Alle Kraft war aus ihrer Stimme gewichen. Sie war jetzt nur noch eine ängstliche alte Frau, die sich an seinen Arm klammerte. Und ihn bat, sie zu beschützen. Wie hatte er nur jemals eine derartige Angst vor ihr haben können?
    Und tatsächlich konnte Seth alles erkennen: die Bilder, die von den schmutzigen Tüchern verhüllt wurden, und die rötlich schimmernden Wände, alles erleuchtet von dem rosigen Licht, das durch das gemusterte Glas der Lampen strömte. Alles war genau so, wie er es verlassen hatte. Aber Mrs. Roth schien die Gemälde nicht sehen zu können, das kam ihm merkwürdig vor. Sie

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