Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
geschafft hatte. Ein für alle Mal hätte er es dann erledigt.
Sie stöhnte auf, als er versuchte, sie zu bewegen, aber sie starrte die ganze Zeit auf die Türöffnung. Unter ihrem Nachthemd spürte er die dünnen, zerbrechlichen Knochen. Der Hausmantel ging auf. Es war fast unmöglich, sie richtig zu packen.
»Schnell, Seth, mach schnell! Schieb sie rein und mach die Tür zu. Du musst das tun. Jetzt. Mach sie fertig.«
Verzweifelt bemüht, dem Durcheinander, seiner Angst und diesem schrecklichen Zustand jenseits aller Vernunft und allen Anstands ein Ende zu bereiten, schob er seine Hände unter ihre warmen Achseln, zerrte sie hoch und drehte sie mit dem Gesicht zur Tür. Schlaff, regungslos und eigenartig still hing sie in seinen Armen, die Augen noch geöffnet und sich vollkommen bewusst, dass sie diesem Raum nun geopfert wurde.
Bewegen Sie niemals einen alten Menschen, der hingefallen ist . Er erinnerte sich an den Erste-Hilfe-Kurs, den sie unten im Aufenthaltsraum bekommen hatten. Sie können einen Schock kriegen . Wahrscheinlich hatte sie sich die Hüfte gebrochen. Aber darüber waren sie längst hinweg. Das zählte nicht mehr.
»So is’ richtig. Schieb sie rein. Schubs die Alte da drein«, sagte der Junge mit der Kapuze, atemlos vor Aufregung, und brach in ein freudloses heftiges Lachen aus. »Aber schau nich’ nach oben, Seth. Schau nich’ nach oben.«
Seth gehorchte. Er wusste, dass er diese unangenehme Last, zu der die alte Frau geworden war, nur auf diese Weise loswerden konnte, und trat nach vorn. Er hielt nicht inne, sah nicht nach links, rechts oder oben, während er sie in die Mitte des Zimmer schleppte. Und dort legte er sie hin.
Es kam ihm vor, als würde er sich durch einen Traum bewegen. Sein eigener Körper war schwerelos. Die Luft um ihn herum war eigenartig dick und so grauenhaft kalt, dass sie in den Lungen schmerzte und ihm den Atem nahm.
Nichts ergab Sinn, aber das war auch nicht nötig. Es kam nur darauf an, dass er die Regeln dieses Ortes beachtete und das tat, was von ihm verlangt wurde. Das, was notwendig war in diesem Raum, in dem die Decke – er war sich dessen sicher, obwohl er nicht nach oben blickte – verschwunden war und sich in einen schrecklichen Strudel aus Luft und halbverständlichen Stimmen verwandelt hatte. Aus einer ungeheuren Entfernung kam es her und stieß hinab zu der Stelle, an der er sich gerade befand, ein kalter und abgründiger Wirbel, der sich über seinem Kopf auf eigenartige Weise rückwärts bewegte und das auch noch beängstigend schnell. Er senkte sich in Spiralen herab. Seth hatte dieses Geräusch schon einmal gehört und gehofft, es käme von einem weit entfernten Radio. Aber jetzt wusste er ganz sicher, dass es nicht so war. Auf diesen Ölgemälden, die an den rötlich schimmernden Wänden hingen, hatte er die Ewigkeit abgebildet gesehen. Eine Ewigkeit, die sich mit einer solchen Kraft und Energie dort manifestierte, dass er sich noch unbedeutender vorkam als je zuvor, ratlos angesichts des unendlichen Rätsels des Seins.
So schnell er konnte, drehte Seth sich um, hastete zur Tür zurück und dann in den Flur. Mit zitternden Beinen rannte er in der Gewissheit weiter, dass er nur hier draußen war, weil man ihm erlaubt hatte, dieses Zimmer wieder zu verlassen. Er machte sich nicht die Mühe, die Tür hinter sich zu schließen. Er sah einfach nur panisch zu Boden, deswegen konnte er, als die Tür zufiel, nicht richtig sehen, was dort plötzlich durch den Raum schoss und Mrs. Roth unter sich begrub.
Sie schrie nur kurz auf. Der Schrei begann tief, wurde höher, schwoll an und riss dann abrupt auf. Dann folgte ein lautes Schnappen und eine Reihe Knackgeräusche, die ihn an frischen Stangensellerie erinnerten, der von kräftigen Händen durchgebrochen wird. Und an trockenes Holz, das jemand zerkleinert, um es zum Feueranmachen in einen kleinen Ofen zu schieben.
Und das Geräusch des Winds, dieses unbeschreibliche Wirbeln, dieses statische Knistern, das von oben hereinbrach, und dieses Gefühl, als wären irgendwelche Gestalten darin, die durcheinandergeschleudert wurden, deren schrille Stimmen durch die Luft peitschten und zu einem Chor anschwollen, der so laut war, dass sämtliche Bewohner im Barrington House, die nun zweifellos aufrecht und verstört in ihren Betten saßen, es gehört haben mussten. Das Geräusch wurde so laut und hatte eine derartige Wucht, dass er wie erstarrt stehen blieb und erwartete, dass die Fenster zerspringen
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