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Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Titel: Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
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beklagte sich immer noch über die Dunkelheit. Sie drängte sich an ihn, ihr Kopf reichte gerade einmal bis zu seiner untersten Rippe. Er spürte ein kurzes Aufflackern von Mitgefühl und unterdrückte es, weil ihm klar wurde, dass es zwischen ihnen nie so etwas wie Freundschaft oder auch nur Respekt geben konnte. Sie verabscheute ihn. Sie brauchte ihn jetzt, das war alles. Morgen früh würde sie ihn bei Stephen anschwärzen und alles kaputt machen, was zwischen ihm und den Kostbarkeiten dieses heiligen Ortes existierte.
    »Können Sie jemanden erkennen?«, fragte sie mit zitternder, fast schon flehender Stimme. Dann rief sie laut in die Dunkelheit: »Wer ist da?« Der anmaßende Ton war wieder da, aber er schien seine Wirkung in diesem Flur zu verfehlen.
    »Mrs. Roth, wer hat hier gewohnt?«
    »Ein schrecklicher Mann«, sagte sie. Ihre Stimme wurde wieder brüchig. Sie klang verwirrt und verängstigt. Elend und Angst schienen sich zu vereinen und sie zu knebeln, drückten ihren Kopf hinunter, als würde sie gezwungen, sich an etwas zu erinnern, das ihr unmittelbar Schmerzen verursachte. Mehr als je zuvor schien sie Erniedrigung und Qual zu empfinden. »Wir wollen nicht, dass er zurückkommt.«
    Er führte sie bis zur Mitte des Flurs, hörte ihren Atem, der so angestrengt klang, als ginge sie einer kräftezehrenden Tätigkeit nach, obwohl sie nur auf wackeligen Beinen zwischen rötlich schimmernden Wänden entlangging. Wände, die sie überhaupt nicht registrierte. Er hörte sie jammern.
    »Ein Künstler hat hier gewohnt, hab ich recht, Mrs. Roth?«
    Sie erwiderte nichts, sondern blickte die geschlossenen Türen an.
    »Sie konnten ihn nicht leiden. Wahrscheinlich haben Sie ihn nicht verstanden. Also sagen Sie mir doch bitte, wer das war. Wer war dieser schreckliche Mann? Und was haben Sie ihm angetan?«
    »Ich will nicht an ihn denken. Fragen Sie mich nicht. Ich will nicht über ihn sprechen. Ich will nicht an ihn erinnert werden. Nicht hier drin. Ich hab diese Wohnung gekauft, um ihn loszuwerden.« Und dann senkte sie ihre Stimme und flüsterte nur noch: »Nachdem er schon fort war.«
    »Was hat er getan, Mrs. Roth?«
    »Seien Sie still!«, kreischte sie plötzlich auf, und dann deutete sie auf die Tür zum Spiegelzimmer. »Da drin. Können Sie es hören? Ich kann ihn da drin hören. Er lacht. Das kann doch nicht sein. Wir haben ihn doch erledigt.« Die Angstattacke der alten Frau ließ Seth zusammenzucken. Sie zitterte heftig. Sie war kreidebleich und sah jetzt so zerbrechlich aus, dass er sie praktisch festhalten musste wie eine Puppe aus Pappmaschee mit dünnen Bambusbeinchen.
    »Er kann nicht zurückgekommen sein. Das kann nicht sein. Jemand spielt uns einen Streich. Wir haben ihn beseitigt. Wir wollen nicht, dass er hier ist. Machen Sie die Tür da auf. Machen Sie die Tür auf und schalten Sie das Licht ein. Ich will es sehen. Ich kann es nicht glauben.«
    Seth war unsicher, was er tun sollte, und spürte gleichzeitig die Macht, die von diesem Zimmer ausging. Er zögerte. Schon einfach nur vor der Tür zu stehen und an die möglichen unangenehmen Enthüllungen zu denken, die dahinter auf sie warteten, ließ ihn erstarren. Und Mrs. Roth war fast besinnungslos vor Angst. Sie zitterte wie Espenlaub. Was hörte sie denn? Sie hatte gesagt, sie würde ihn lachen hören. Aber Seth hörte kein Lachen … Nur den Wind. Ja, die Ahnung eines fernen leichten Winds war zu spüren. Etwas ungeheuer Kaltes, das sich aus unendlicher Ferne näherte, als schöbe sich ein Meer aus tiefer Schwärze über eine irrwitzig weite Fläche heran. Ein Meer, das in sie eindringen und sich gleichzeitig irgendwo unter ihnen erstrecken würde.
    »Nein, das ist zu gefährlich. Wir sollten lieber gehen«, flüsterte er ihr verzweifelt zu.
    »Machen Sie auf! Machen Sie die Tür auf! Ich will es sehen. Das ist nicht richtig. Das ist nicht recht. Er kann gar nicht zurückkommen.« Sie wurde hysterisch. Ihre perfekt toupierte Frisur fiel in sich zusammen. Das bisschen Blut, das noch in ihren Adern floss, schien sich von der Hautoberfläche zurückzuziehen. Sie sah aus, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen. Ihr Fleisch war völlig grau geworden, und er sah viel zu viel Weißes in ihren Augen.
    Aber er konnte nicht einfach stehen bleiben und sie schreien lassen. Sie würde alle aufwecken. Schon in dieser Sekunde könnte ein anderer Hausbewohner vor Stephens Tür stehen und klopfen oder unten in der Rezeption anrufen. Oder, schlimmer noch, die

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