Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
Porzellantöpfchen für Crèmes und Schminke. Das, was sich noch in den Gefäßen befand, war größtenteils ausgetrocknet und steinhart geworden.
»Mama, ich würde die Sachen gern mit nach Hause nehmen. Ich glaube, sie würden mir alle passen. Ist das nicht verrückt? Ich habe zwei Pelzmäntel anprobiert und drei Hüte, und es war so, als wären sie für mich gemacht.«
»Liebling, wo willst du denn hin mit dem ganzen Kram? Soll das alles in deine kleine Wohnung? Ich habe jedenfalls keinen Platz dafür, damit das klar ist. Und überleg doch mal, was das alles kosten würde. Wir haben nicht das Geld für so was, und jetzt sprichst du auch noch davon, dass du deinen Job aufgeben willst. Das beunruhigt mich wirklich.«
»Mach dir keine Sorgen, Mama, wir werden bald genug Geld haben.«
»Aber nicht, wenn du so weitermachst. Bleib bitte auf dem Boden der Tatsachen. Es kann eine ganze Weile dauern, bis wir die Wohnung verkauft haben.«
»Ich kann den Transport ja von meinem Ersparten bezahlen. Aber die Sachen von Lillian, die ich behalten möchte, müssen erst mal zu dir und dort im Keller aufbewahrt werden.«
»Liebes, das kostet uns ein Vermögen. Du kannst das Zeug nicht mit nach Hause nehmen, du musst alles in England verkaufen.«
»Nein, ich pass schon auf. Ich kann ja hierbleiben, bis das Apartment verkauft ist, und währenddessen alles, was noch hier ist, sichten. Die Möbel müssen natürlich verkauft werden. Ich kenn mich ja mit Antiquitäten nicht aus, deshalb müssen wir einen Experten hinzuziehen, der den Wert schätzt. Aber die persönlichen Dinge möchte ich gern behalten. Mama, die sind so hübsch. Nur die Kleider, die Fotos und ein paar andere Sachen.«
»Oh, Liebling, ich weiß nicht, was das werden soll. Du solltest doch nur zwei Wochen dortbleiben, um die Sachen aus der Wohnung zu schaffen und sie zu verkaufen, und jetzt redest du so ein verrücktes Zeug.«
»Mama, Mama, das ist doch unsere Familiengeschichte. Wir können das doch nicht einfach wegwerfen. Die Fotos von Lillian und Reginald sind wirklich herzzerreißend. Die beiden waren unglaublich glamourös. Wie Filmstars. Du würdest es kaum glauben, wenn du es sehen könntest. Auf den Bildern an den Wänden ist jemand aus unserer Familie zu sehen. Eine Frau mit unglaublich viel Geschmack und Klasse und Stil. Sie ist wie eine Ikone für mich. Du weißt doch, wie sehr ich diese Mode liebe.«
Aber ihre Mutter klang jetzt müde. Sie hätte sie besser nicht so aufregen sollen. Nicht nur, dass ihre einzige Tochter im fernen Europa war, sie hatte sowieso schon Angst vor allem Fremden, das ihre heile Welt in dem Bungalow im makellosen New Jersey durcheinanderbringen könnte. Sie hätte ihr das alles scheibchenweise beibringen müssen, aber Apryl war so aufgeregt, dass sie sich nicht beherrschen konnte.
Sie hatte sich schon früh für die Mode der Vierziger- und Fünfzigerjahre begeistert, die sie in einem Secondhandladen am St. Marks Place verkaufte. Das hatte sie die letzten fünf Jahre gemacht, obwohl es kaum genug Geld zum Leben einbrachte. Die Zeit war vergangen, ohne dass sie irgendwie Karriere gemacht hätte und sich eine bessere Wohnung oder einen höheren Lebensstandard leisten konnte. Aber mit diesem Schatz hier würde sie bei eBay womöglich Tausende verdienen. Auch wenn sie nicht vorhatte, alles zu verkaufen, die meisten Sachen würde sie zu den Veranstaltungen der Retro-Clubs in Greenwich Village anziehen, sobald sie wieder zu Hause war. Das hier war schließlich ihr Erbe, und ihre Tante hatte diese Sachen damals getragen.
Die Kleidungsstücke waren sehr aufwendig hergestellt. Sie hatte sechs makellose Ballkleider aus Seide und Taft gefunden, zwei Dutzend Kostüme aus Kaschmir und Wolle und doppelt so viele figurbetonte schwarze und cremefarbene Kleider, die ihre Großtante in den Sechzigern getragen haben musste, vermutlich zusammen mit einer schlichten Perlenkette. Der Anblick des Schmucks hatte ihr Schreie des Entzückens entlockt: Drei Kästchen mit einem bunten Durcheinander von Broschen, Halsketten und Ohrringen.
Solche Unterwäsche, wie es sie in der Wohnung gab, wurde seit den frühen Siebzigern nicht mehr hergestellt, und einige der Gürtel und Korsetts stammten garantiert noch aus den Vierzigern. Sie hatte sich immer ausgemalt, solche Sachen einmal zufällig in einem Antiquitätenladen oder auf einem Flohmarkt zu finden, und war deshalb regelmäßig zu Fabrikverkäufen oder Wohltätigkeitsbasaren gegangen, um Accessoires
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