Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
herausgefunden?«
»Er hat kaum noch seine Wohnung verlassen. Lebte völlig zurückgezogen. Er pflegte nur wenige Bekanntschaften, und die meisten waren in den Vierzigern schon verstorben. Es gibt keine Hinweise, dass er nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in Brixton mit jemandem in Briefwechsel stand. Selbst wenn er also etwas gemalt hätte, wer sollte es gesehen haben? Ich habe mich auch schon gefragt, ob er irgendwelche Bilder, die er vor seinem Verschwinden gemalt hat, womöglich an einen privaten Sammler gegeben hat. Aber solange so jemand oder sein Erbe nicht an mich herantritt, ist da nichts. Es ist wirklich schade. Ich glaube, dass er kurz davor stand, etwas Unglaubliches zu malen, aber aus irgendwelchen Gründen hat er es dann doch nie gemacht oder es hinterher zerstört. Letzteres kommt mir wahrscheinlicher vor. Trotz seiner Hingabe und Besessenheit war er sehr wankelmütig.«
»Es bleibt also ungewiss.«
»Das würde ich sagen.«
»Ich würde Ihnen gern die Tagebücher meiner Großtante zeigen. Nur damit Sie mir sagen, was Sie davon halten. Vielleicht haben Sie eine Idee, was man damit machen könnte.«
Miles lächelte. »Das würde ich gern tun, Apryl. Und ich muss mich entschuldigen, ich fürchte, ich habe sie schrecklich gelangweilt.«
»Überhaupt nicht. Aber so langsam habe ich genug über Hessen gehört. Eigentlich ging es mir ja nie um ihn, sondern um meine Tante Lillian. Ich hatte gehofft, dass ich etwas über sie herausfinden könnte, wenn ich mich mit ihm beschäftige. Ich werde auch zu dem Treffen der ›Freunde von Felix Hessen‹ gehen. Außerdem gibt es noch ein paar Leute im Barrington House, mit denen ich darüber reden will, aber dann reicht es auch. Danach will ich nichts mehr von ihm hören. Sonst ende ich noch so wie Lillian.«
Er sah sie fragend an. »Nun, ich weiß, was Sie damit meinen, aber … «
»Was?«
»Aber ich habe da so einen Verdacht, was Sie betrifft. Trotz Ihres Charmes, der Ihnen zweifellos viele Türen öffnen wird, Apryl, glaube ich, dass Sie eine Außenseiterin sind, genau wie Hessen, und dass Sie klammheimlich von seiner mystischen Welt fasziniert sind.«
Sie wurde rot. Der Gedanke, dass er jetzt einen Annäherungsversuch machen wollte, machte sie nervös und erregte sie. »Vielleicht bin ich ja eine Außenseiterin, aber bestimmt kein Fan von Felix Hessen. Und mit Mystik habe ich überhaupt nichts am Hut. Ich glaube, dass alle, die etwas mit ihm zu tun hatten, verrückt waren.«
»Ich etwa auch?«
»Sie ganz besonders.«
Sie lachten beide gleichzeitig auf.
»Ich frage mich, was mit ihm passiert ist«, überlegte Apryl. »Er soll verschwunden sein, aber in Lillians Tagebüchern klingt es so, als sei er nie fort gewesen. Das ist ziemlich merkwürdig.«
»Na ja, jeder mag ein gutes Geheimnis. Zu verschwinden, ohne eine Spur zu hinterlassen, ist nicht gerade originell, aber auch eine Art Vermächtnis. Immerhin kann man auf diese Weise seinen bescheidenen Bekanntheitsgrad etwas erhöhen, vielleicht sogar in der Absicht, etwas zu erreichen, was zu Lebzeiten nicht möglich war. Für jemanden, der ohnehin zum Mystizismus neigt, ist das vielleicht besonders naheliegend – sich zusammen mit den eigenen Meisterwerken in Luft aufzulösen.«
»Die Freunde von Felix Hessen sind da aber anderer Meinung als Sie.«
»Von denen habe ich nie besonders viel gehalten. Das sind begeisterte Amateure, aber es ist keine akademische Organisation. Eher eine okkulte Gesellschaft. Sie sind vor allem von der mystischen Seite Hessens fasziniert. Auch wenn sie behaupten, sie würden streng wissenschaftlich vorgehen. In ihren Publikationen tun sie das auch, soweit ich weiß. Aber eigentlich ist das ein ziemlich verrückter Haufen. Wahrscheinlich werden Sie ein paar schräge Vögel antreffen, wenn Sie zu einem ihrer Vorträge gehen. Ein paar von denen kenne ich auch. Wir haben Anfragen von ihnen bekommen, ob sie im Archiv der Tate Gallery forschen können. Da waren sie auf der Suche nach dem Versteck der verschwundenen Gemälde. Nach Werken, die wir angeblich unter Verschluss halten, weil Hessen mit den Nazis sympathisiert hat, und so ein Unsinn. Aber trotzdem hege ich durchaus Sympathien für den hingebungsvollen Amateurforscher.« Er lachte. »Und wer weiß, der gute alte Felix wäre vielleicht stolz darauf, einen Kult inspiriert zu haben, der von seiner Bedeutung überzeugt ist und in regelmäßigen Abständen die großen Kunstgalerien heimsucht. Vielleicht sind solche
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