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Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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wieder mit ihm reden. Und Mama? Stimmte, was Max über sie gesagt hatte? Es gab keinen Grund daran zu zweifeln, trotzdem passte das alles nicht. Wie nur hatte sie das mit Max geschehen lassen können? Wie mit diesem Wissen die liebste Mutter der Welt sein, die Gute-Nacht-Geschichten vorlas, Pflaster auf Timis Knie klebte, ihm sein Lieblingsessen kochte? Nein, es lohnte sich nicht mehr, in diese richtige Welt zurückzukehren, denn diese Welt, die Timi kannte, die existierte nicht mehr.
    » Haben wir noch Wasser?«, fragte Kasi und ließ Max keine Sekunde aus den Augen. »Haben wir noch etwas?«
    Max starrte weiter auf sein Bild, Timi schien wieder eingeschlafen zu sein. Alex hielt seine leere Flasche in die Höhe und registrierte dabei – als hätte Kasis Frage das Tor zu seinem Durstgefühl aufgestoßen – den eigenen ausgetrockneten Mund. Er sah sich um. Neben Max lag eine leere Flasche, die andere, ebenfalls leer, keine zwei Meter davon entfernt. Er stand auf und versammelte die drei Behälter neben dem Brunnen. Anschließend nahm er Max die Lampe aus der Hand. Max ließ es geschehen, er sah Alex nicht einmal an, sondern an diesem vorbei. Max’ Pupillen zitterten und zum ersten Mal dachte Alex das Wort verrückt und verwarf es nicht sofort wieder als ein Hirngespinst Kasis. Aber Alex wollte nicht über dieses Wort nachdenken, er wollte Wasser. Er drehte sich um, kurbelte Licht in Kasis Lampe und ging zu Timi.
    » Hier«, sagte er und hielt dem Jüngsten die Lampe hin. Der aber wollte nicht. Wozu noch an der Lampe drehen? Wozu brauchten sie noch Licht, wozu Wasser? Er fühlte sich so unendlich müde. Timi wollte nur noch hier liegen bleiben, sich nie wieder bewegen, die Kälte aus dem Gestein in den eigenen Körper kriechen lassen und schlafen. Und nie wieder erwachen. »Los! Schlafen kannst du später noch.« Ohne Rücksicht auf Timis Pläne zerrte Alex den Jüngsten auf die Beine, Timi murrte, nahm aber schließlich doch die Lampe, setzte sich im Schneidersitz neben den auf dem Kopf stehenden Tisch und begann wie eine Maschine an der kleinen Kurbel zu drehen.
    » Seht euch das an!« Max sprang plötzlich auf, fuchtelte mit den Armen, berührte immer wieder mit beiden Händen das gemeinsame Bild an der Wand. Wie von Sinnen hüpfte er hin und her, lachte dabei, schlug sich auf die Schenkel. »Seht ihr? Seht ihr das? Sie bewegt sich, ja, wirklich, sie lebt.«
    Alex, der gerade die Abdeckung des Brunnenschachtes wegziehen wollte, ließ das Tischbein los. Sein erster Gedanke galt Kasimir und dem Versprechen der Nacht. Die Blicke der Jungen trafen sich und Alex zwinkerte Kasi zu. Ich erinnere mich an meine Worte , sollte dieses Zwinkern bedeuten.
    » Gib mir die Lampe! Schnell!« Max schrie jetzt, tanzte mit ausgebreiteten Armen, streckte schließlich eine Hand nach hinten. Timi legte ihm die Lampe hinein. Sofort sprang der Lichtkegel auf den durchgestrichenen Max. »Seht doch! Timi, komm, sieh sie dir an.« Statt aber zu seinem Bruder zu gehen, trat Timi einen Schritt zurück. Irgendetwas störte ihn an Max, er benahm sich nicht wie ein richtiger Max, eher wie etwas Fremdes, das sich nur Max’ Haut übergestülpt hatte, wie in diesem Film mit den Außerirdischen, von denen manche im Kopf eines Menschen saßen und von da aus alles steuerten. Saß so ein kleines Männchen in Max’ Kopf? Timi wollte nicht noch mehr Überraschungen. Er wollte keine Außerirdischen im Kopf seines Bruders und auch keine im eigenen! Er wollte sich verstecken, wollte auf keinen Fall sehen, was Max sah. Timi schlich im Rückwärtsgang an Alex vorbei und stand schließlich direkt hinter diesem, als Max plötzlich herumfuhr, Alex ins Gesicht leuchtete und auf ihn zu sprang.
    » Ihr Idioten! Ihr blinden Idioten! Los«, Max’ Hand schoss nach vorn und die Lampe direkt auf Alex zu. Instinktiv riss der beide Arme nach oben und wich vor der heransausenden Hand zurück. Er stieß gegen den hinter ihm stehenden Timi, dessen rechte Ferse blieb an der Tischkante hängen, Timi verlor das Gleichgewicht, stürzte und landete ungebremst auf dem jahrhundertealten Tisch.
    Im ersten Moment sah es noch lustig aus, vor allem aus Kasis Perspektive, von der Wand aus und in sicherer Entfernung zu diesem Schauspiel: Timis wedelnde Arme, wie er – ein Maikäfer –, auf den Rücken fiel, dieser Anblick zauberte ein kurzes Lächeln auf Kasis Lippen. Das Timis Sturz folgende Geräusch aber fror dieses Lächeln zuerst ein, dann verwandelte es dieses Lächeln in

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