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Apocalypsis 1 (DEU)

Apocalypsis 1 (DEU)

Titel: Apocalypsis 1 (DEU) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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Einfamilienhaus in Köln-Königsforst stellte, wo er sich endlich ein paar Antworten erhoffte. Über sich. Über seine Albträume. Über Nikolas. Seine Eltern.
    Ja, er kannte den Weg. Wenigstens diesen noch. Er wusste, wo er die Autobahn verlassen, an welchen Ampeln er abbiegen musste. Er wusste sogar noch, wo die fest installierten Radarfallen standen. Er zeigte Maria im Vorbeifahren seinen Schulweg und die vielen kleinen Stellen, die noch mit Erinnerungen an eine glückliche Zeit aufgeladen waren. Die alte Eisdiele. Die Bushaltestelle, wo er Sandra Hirschfeld geküsst hatte. Der Stromkasten, hinter dem er sich vor Christoph Nieven versteckt hatte. Maria klatschte in die Hände vor Begeisterung. Nach einer halben Stunde Fahrt erreichten sie das vertraute Haus am Ende einer kleinen Sackgasse, halb verborgen am Waldrand. Peter wusste, wo er parken konnte. Er wusste, dass keine zwanzig Meter in den Wald hinein ein Baum mit einer Markierung stand, die ein dreizehnjähriger Junge dort eingeritzt hatte. Er wusste, dass unter diesem Baum etwas vergraben lag, das all das enthielt, was dieser dreizehnjährige Junge damals hatte loswerden wollen: seine Kindheit, seine Albträume. Er wusste, dass es nichts genutzt hatte. Dass er seine Kindheit wieder ausgraben musste. Falls sie überhaupt noch da war.
    Peter fuhr noch eine Runde, um sicherzugehen, dass das Haus seiner Eltern nicht von der Polizei observiert wurde, konnte jedoch nichts Auffälliges entdecken.
    Du hast ohnehin keine Wahl.
    Seine Mutter öffnete ihm, noch ehe er an der Haustür geklingelt hatte.
    »Peter!« Sie fiel ihm um den Hals und musste sich dabei wie immer auf die Zehenspitzen stellen. Lutz Adam, sein Vater, tauchte in seinem uralten weinroten Lieblingspullover in der Tür auf und umarmte Peter ebenfalls herzlich.
    »Ich möchte euch Schwester Maria vorstellen«, erklärte Peter und zog Maria näher. »Sie … hilft mir gerade bei meinen Recherchen.«
    Er wusste, dass seine Mutter ihm die Lüge sofort ansah. Und er wusste auch, dass seine Mutter ihm noch etwas anderes angesehen hatte. Sie streifte Peter mit einem seltsamen Blick – dann schnappte sie sich entschlossen Maria und verschwand mit ihr im Haus.
    »Herzlich willkommen, Maria! Sie sind doch bestimmt hungrig!«
    »Ich sterbe vor Hunger!«
    Sein Vater sah ihn von der Tür aus an. »Du wirst wegen Mordes gesucht. Die Polizei war schon hier.«
    »Beobachten sie das Haus?«
    Sein Vater schüttelte den Kopf.
    »Ich bin kein Mörder, Papa. Ich werde euch alles erklären.«
    Sein Vater nickte. Doch statt den Weg freizugeben, reichte Lutz Adam seinem Sohn einen Spaten. »Grab es erst aus. Deswegen bist du doch hier, oder?«
    Peter nickte beklommen. »Woher …?«
    »Ich wusste, dass dieser Tag einmal kommt«, sagte sein Vater. »Weißt du die Stelle noch?«
    »Ich glaube, ja.« Peter nahm den Spaten und ging in den Wald. Nach einer Weile kehrte er mit einer alten, verblichenen Tupper-Box zurück.
    Peter öffnete die kleine Plastikbox auf dem Esstisch seiner Eltern. Sein Vater, seine Mutter und Maria sahen zu, wie er vorsichtig verschiedene Gegenstände nebeneinander auf den Esstisch legte: Zwei Figuren aus bunter, gebrannter Knetmasse, die einander wie Zwillinge glichen und an den Händen verbunden waren. Eine zusammengefaltete Zeichnung, die ein dämonisches Gesicht zeigte, umrahmt von Symbolen, die Peter inzwischen erschreckend vertraut waren. Ein Plastikskarabäus vom Flohmarkt mit der TET-Hieroglyphe auf dem Rücken. Einen kleinen, zerschlissenen Stoffhasen.
    Häschen in der Grube.
    Genau, wie Kelly gesagt hatte. Die kleine Plastikbox wisperte ihm die Antworten zu, man musste nur genau hinhören. Den entscheidenden Schritt tun. Peter griff nach seinem alten Stoffhasen. Flunki, der Hase. Er roch muffig, der Stoffpelz hatte längst seine Farbe verloren, ein Ohr war aufgeplatzt, die Füllung quoll heraus.
    Lieber, alter Flunki!
    Peter sah seine Eltern an. »Ihr habt immer gesagt, dass der Hase das einzige war, was ich nach dem Unfall bei mir trug.
    »So haben uns das die Schwestern im Heim berichtet«, bestätigte sein Vater.
    Peter betrachtete den kleinen Hasen, der über viele Jahre sein bester Freund gewesen war, sein Beschützer in dunklen Nächten, sein Totem, seine letzte Verbindung zu seinen biologischen Eltern, sein Ein und Alles. Er drehte das kleine Stofftier hin und her, bis er die feine Naht entdeckte. Peter atmete durch.
    Du hast es immer gewusst, all die Jahre.
    »Verzeih mir,

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