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Apocalypsis 3.08 (DEU): Orixàs. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)

Apocalypsis 3.08 (DEU): Orixàs. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)

Titel: Apocalypsis 3.08 (DEU): Orixàs. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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Sophia.
    Das Gebräu schmeckte wie Erbrochenes. Laurenz musste würgen, behielt das Zeug jedoch bei sich und grinste Sophia entschuldigend an.
    »Idiot!« Sie schüttelte fassungslos den Kopf.
    Der Ritus schien seinen Höhepunkt zu erreichen. Bunte Stoffbänder wurden kreuz und quer über den Altar geworfen. Der Rhythmus der Trommeln wurde hektischer, Mãe Tereza zuckte nur noch auf der Stelle, Feuerwerkskracher wurden abgefeuert. Die Frau, die vorhin in Trance gefallen war, wurde von den Messdienerinnen zurückgebracht, eingehüllt in das Prachtgewand der Gottheit, die in sie eingefahren war. Die Frau wirkte bleich, aber aufgekratzt und plauderte sofort angeregt mit ihren Freundinnen. Ringsum fielen Gläubige in Trance, wurden weggeführt und zurückgebracht. Das alles erinnerte Laurenz an Berichte über Exorzismen und beunruhigte ihn nicht sonderlich. Er fühlte sich nur etwas benommen und irgendwie durchlässig. Der Rhythmus und die Lichtblitze der Feuerwerkskracher durchdrangen seinen Körper ohne Widerstand, wehten durch ihn hindurch und hinterließen ferne, tropfende Echos. Er hatte das Gefühl, von innen aufzuweichen, das Denken fiel ihm schwerer, auch das Sehen. Sophia rief ihm etwas zu, aber er verstand sie nicht. Sie rüttelte ihn, wollte ihn wegführen, aber er weigerte sich. Als sie beharrlicher an ihm zerrte, umschlang und küsste er sie. Danach löste er sich auf.
    Er zerfiel einfach in seine atomaren Bestandteile, pulverisierte, verdunstete, wurde milliardenfach aus sich selbst herausgeschleudert, zerstäubte ins All, flog auf dem Rhythmus der Congas wie auf dem Pulsschlag des einzigen, allumfassenden Wesens. Er enthüllte sich. Er traf Gott. Orixalá, den Großzügigen, den Herrn des weißen Gewandes, den Schöpfer, den Verhüllten. Gott war das Wort, das Fleisch geworden war, und das Wort war bei ihm. Laurenz vernahm das Wort und sprach es nach.
    »Das ist mein Leib.«
    Immer wieder. Er war das Echo des Wortes, der Schatten des Gefäßes . Er war Orunmila, der Zeuge der Schöpfung, der Bewahrer des Gleichgewichts der Weltordnung, er kannte die Bestimmung alles Seienden.
    Die Pronoia des reinen Lichts rief ihn zurück. Laurenz spürte, wie er sich wieder verdichtete und seine Substanz und seine Hülle zurückerhielt. Wie eine Gnade, die ihm für kurze Zeit gewährt wurde. Nackt sank er in die Finsternis und das Chaos hinab. Mühelos drang er in den großen Kokon ein. Und sah den Löwenmann.
    Laurenz brauchte einen Augenblick, bis er erkannte, wo er sich befand. Auf dem Dach der Grabeskirche, seinem Lieblingsort in Jerusalem. Er hatte während seines Studienjahrs in Jerusalem gelegentlich in der Grabeskirche gebetet, obwohl ihn die Streitereien und sogar Prügeleien unter den sechs christlichen Konfessionen, die sich die Kirche teilten, immer fassungslos gemacht hatten. Er sah jetzt, dass er auf dem flachen Seitendach der Kirche stand, das von der koptischen Gemeinde bewohnt wurde. Da sie die kleinste und in der Konfessionshierarchie niedrigste Gemeinde waren, hatte man die Kopten aufs Dach verbannt, fernab von den wichtigen Heiligtümern. Die Kopten hatten sich notgedrungen gefügt und eine Kapelle und ärmliche, äthiopisch anmutende Lehmhäuser auf dem Dach errichtet. Über den niedrigen Eingängen hingen verwitterte Holzkreuze. Eine Oase des Friedens und der Bescheidenheit, in der Laurenz oft Ruhe gefunden und gebetet hatte. Ein guter Ort.
    Laurenz sah einige koptische Mönche, Pilger und Touristen auf dem Dach, aber sie rührten sich alle nicht, verharrten wie eingefroren in ihrer letzten Bewegung. Ein Mönch wässerte das Dach gerade mit einem Schlauch. Auch der Wasserstrahl war im Fluss erstarrt. Kein Laut zu hören, kein Verkehrslärm, keine Vögel, auch keine Congas mehr.
    Der Löwenmann winkte. Er trug einen weißen Leinenanzug und erwartete ihn auf einem Klappstuhl vor einer der Hütten. Laurenz bemerkte, dass er selbst wieder Wanderhose, Khakihemd und die blaue Umhängetasche trug, und kam sich unpassend gekleidet vor.
    »Nun kommen Sie schon!«, rief der Löwenmann, als Laurenz näher trat. Erst jetzt konnte er ihn hören, als ob der Schall in dieser erstarrten Welt nur kurze Distanzen schaffe. » Sie wollten mich schließlich treffen, und wir haben nicht ewig Zeit.«
    Laurenz erkannte jetzt auch, dass der Löwenmann durchaus menschliche Gesichtszüge hatte. Er sah aus wie ein sehr rüstiger alter Mann.
    »Wie gefällt es Ihnen hier oben?«, fragte er. »Ich dachte, der Ort könnte Ihnen

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