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Apollonia

Apollonia

Titel: Apollonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Held
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ich mir den ganzen Jim mal bei Tageslicht betrachten? Kennst-du-einen-kennst-du-alle?? Wäre es nicht am besten, ich schnappte mir meine Freundinnen und spionierte die Soldaten aus und sah, was sie dort trieben?
    Wir hatten keine Angst vor Soldaten im Manöver. Im Westerwald waren sie schon immer, und die Kinder krabbelten auf die Panzer und aßen ihre Schokolade. Es hieß, die Amis seien diesmal irgendwo hinter Wennerode am Heyerberger Weiher, übten die Verteidigung der westlichen Mächte zu Wasser und zu Lande und wälzten sich durch nasse Gräser, dunkle Walderde und struppiges Gebüsch.
    Bestimmt musste der Heyerberg von Soldaten ordentlich durchpflügt werden, damit die Erde im nächsten Jahr wieder Buschwindröschen und Weißbüsche und Wildkirschen und Haselwurz hervorbringen konnte. Brombeeren und Waldengelwurz und Dornschlehen wucherten überall, und durch eine dieser Dornenhecken wollte ich Lydia Kosslowski schleifen.
    Ich brauchte nur meine Freundinnen, und wir mussten warten, bis die Armee ausgerückt und die Feldküche verwaist war. Am Manöver dürften gar keine Zivilisten teilnehmen, hatte irgendeiner bei Jonnies gesagt. Lydia wäre nur dabei, wenn sie Nachschub hinbringen musste, aber das Herumlungern dort musste ich ihr abgewöhnen, ein für allemal. Diesmal ließ ich mich nicht einschüchtern und auch nicht verblüffen mit irgendwelchen Neuigkeiten über Jim.
    Denn egal, was sie mir über Jim verraten würde, ich nahm schon mal das Schlechteste an. Dass er womöglich ein abgelecktes Butterstück war und ein Lecker-lecker-schmeckt-gut und ein Trau-schau-wem und er verspricht dir Köln und Koblenz. Wenn das so war, dann konnte er was erleben, wenn ich hereingefallen war auf ihn wie das dümmste Dorfmädchen und das Herz um meinen Hals nichts als Lug und Trug war, dann würde er das bereuen, dann wollte ich ihm schwören, dass er es bereute, so tief bereute, und dann wollte ich ihm mit allen Mädchen aus dem Dorf Angst machen, auch wenn er Gewehre trug und Panzerfäuste.
    Aber als Bea, Stefanie, Brigitt und ich auf den Fahrrädern zum Heyerberger Weiher kamen, war das Lager wie ausgestorben. In den Bäumen hingen einige Tarnnetze, wir sahen einen Panzer ohne Soldaten und ein Natoschild mit irgendwelchen römischen Ziffern, wir sahen Stiefelspuren im Wald und am Weiher entlang, einige Leute lagen auf Decken auf den Wiesen, und eine Ente watschelte querfeldein. Am Ufer gegenüber schwammen einige Kinder, und über den blauen Himmel segelte langsam ein Bussard. Bea und Stefanie wollten lieber eine Runde schwimmen gehen, und Brigitt hatte eine »Bravo« mitgenommen und wollte die Foto-Love-Story des Monats lesen.
    Ich aber war unruhig und wollte sehen, wo die Soldaten waren und ob nicht doch meine Rivalin irgendwo herumlungerte, und wo die vermaledeite Feldküche war, und so ging ich schon mal auf Spurensuche.
    – Lass dich nicht umballern, sagte Brigitt. Du bist doch ein böser Feind!
    Aber ich ging einfach drauflos, wir hatten keinen Respekt vor den Besatzern, noch nie. Irgendwo in diesem Wald musste doch was sein, eine Hütte, ein Zelt, eine Plane, eine Fahne, ein Laut.
    Ich ging durch Waldmeister und durch Schlüsselblumen und durch Laub vom vergangenen Jahr, es raschelte und knisterte, und der Kuckuck schrie, und die Meisen sangen, und Fliegen surrten an mir vorbei. Ich folgte den Trampelpfaden der Soldatenstiefel und den tiefen Spurrillen von Jeeps und Panzern zwischen Buchen und Fichten hindurch, bis ich endlich einen Unterstand fand, in dem ein Leinensack lag und ein paar Zeltstangen und ein Schlauch. Hier mussten sie gewesen sein. Vielleicht war das Manöver vorbei und sie waren längst weitergezogen? Aber da hörte ich in der Ferne Stimmen, und denen folgte ich immer tiefer in den Wald. Tatsächlich hörte ich hinter einem Baum das amerikanische Kauderwelsch unserer Befreier, und sie sagten:
    – The Lions were fucking good, but they played the second match … und dann der andere mit … New York Giants … und der trainee …. und der Football und die Yankees …, und mehr brauchte ich nicht zu wissen. Hier waren keine Belgier, keine Franzosen. Hoffentlich konnte ich irgendwie an die Feldküche herankommen und vielleicht auch an Jim. Ich wusste nicht genau, was ich tun würde, außer etwas herausfinden und mich nicht länger belügen lassen und vielleicht Lydia einfach mal so verdreschen.
    – Liddi!!, hörte ich einen Schrei. Mit schlafwandlerischer Sicherheit, mit dem Instinkt meiner

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