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Apollonia

Apollonia

Titel: Apollonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Held
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Banane, Banane.
    – Oma … was sagst du da …? Willst dou eine Banane …?
    Da begriff ich auf einmal. Sie sagte:
    – Erbarmen. Erbarmen.
    Ich war entsetzt.
    – Oma, bist du verrückt??!!
    Der Westerwald kannte kein Erbarmen.
    – Erbarmen, Erbarmen, Erbarmen.
    Ich packte sie am Handgelenk und rüttelte sie:
    – Oma!! Hallo!! Ich seyn’s, Marie! Komm zu dir!
    – Banane, Banane.
    – Oma, hör auf damit! Was hat der Dr. Samstag dir gespritzt? He?
    Aber meine Oma Apollonia brabbelte unaufhörlich »Erbarmen«, sie wiederholte das Wort wie ein altes Kirchenlied, mit dem sie nichts am Hut hatte, oder vielleicht doch, was wusste ich denn schon. Erbarmen. Aber vor Gott auf den Knien herumrutschen und um Gnade bitten, das war überhaupt nicht Apollonias Stil. Das sah ihr überhaupt nicht ähnlich, sie hatte da irgendwas aufgeschnappt, wie eine alberne Schallplatte.
    Ich wusste nicht, wie ich die seltsame Wolke durchdringen sollte, die sie einhüllte, und ich zog an einem der Zöpfe und tupfte mit dem Finger auf ihren Kopf und die Nase. Aber sie sah seltsam durch mich hindurch und lächelte hin und wieder.
    Mir war nicht klar, was in ihr vorging, wo ihr Geist schwebte und ob sie mit offenen Augen träumte. Oder hatte die Spritze vom Dr. Samstag sie auf eine Reise geschickt in Richtung Erbarmen? Ich wollte, dass Apollonia von ihrer seltsamen Reise zurückkehrte und wieder mit mir sprach und mir noch antworten würde auf meine Fragen.
    – Sag mal, hast dou denn irgendwelche …. irgendwelche Erinnerungen oder was geht dir gerade durch den Kopf?
    Oma schien von meiner Frage nicht weiter betroffen, ich war in ihrer Welt nur ein Schatten oder eine Randfigur, die etwas sagte, nicht weiter von Belang.
    Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es auf einmal so schlimm geworden war mit meiner Oma und dass sie überhaupt solche Schmerzen gehabt haben sollte, dass die Spritze notwendig gewesen war. Ich begann den Nachttisch durchzuwühlen. Ich musste herauskriegen, was Dr. Sonntag in sie hineininjiziert hatte. Das konnte nicht mit rechten Dingen zugehen, wie sie hier vor sich hinfaselte mit ihren Zöpfen wie ein Hippie auf LSD im Alter von fünfundsiebzig Jahren.
    – Erbarmen, Erbarmen, sagte Oma.
    – Banane, Banane, sagte ich. Hier ist eine Schachtel … Fortral, mal sehen, Packungsbeilage, da steht: … wirkt wie ein Morphin … das müsste die Ursache sein, zusammen mit diesen komischen Pillen hier … ich frage mal in der Apotheke nach, ob dou so harte Drogen überhaupt nehmen darfst, Oma.
    Und ich nahm die Packungsbeilagen aus den Schachteln und steckte sie in die Tasche.
    – Weißt du was, schlaf einfach. Wenn was ist, kannste mich rufen oder klingeln, ich seyn ja nebenan. Morgen besuche ich meinen Jim. Da musst dou mir die Daumen drücken, da will ich hinauf auf die Kaserne!! Da besuche ich den!! Hoffentlich hat er das überlebt mit dem Sergeant! Drück mir die Daume!
    Oma lachte seltsam und schaute mich an mit glasigem Blick und schaute wieder fort und erfasste den Ernst der Lage nicht. Ich sagte Gute Nacht und ließ die Nachttischlampe an, und als ich noch mal wiederkam, war sie eingeschlafen und träumte vom Wind vom Westerwald oder von Frankreych oder von der versoffenen Prinzessin Margarethe, das wusste nur der liebe Gott allein.
    Am nächsten Morgen erwachte ich mit einer großen Aufregung und lief barfuß in die Kellerbar neben den Öltanks und tastete nach der verstaubten Flasche Asbach Uralt und packte sie in den Schulranzen. Dann entdeckte ich noch eine Flasche Stonsdorfer und eine Flasche Maria Cron und überlegte, ob ich sie nicht auch noch mitnehmen sollte. Vielleicht musste ich ja noch einen Soldaten bestechen, für den Fall, dass ich eine Stunde länger bleiben wollte, oder ich könnte Jim eine Flasche schenken, oder wir beide könnten uns in einem verbotenen, umzäunten, amerikanisch besetzten Gebüsch heimlich einen hinter die Binde gießen. Ich stopfte die Flaschen zu den geklauten Packungsbeilagen und den Geschenken für Jim und warf die Schulbücher raus. Ich hatte Bedeutenderes vor als den Trojanischen Krieg oder mathematische Ableitungen mit Differentialquotient. Als meine Mutter mir die Schulbrote in den Ranzen stecken wollte, klirrte es, und ich musste ihn ihr schnell wegnehmen und sagte, ich würde den ganzen Tag in der Schule bleiben, bis nachts, wegen einem Projekt namens »Konrad Adenauer und die Versöhnung mit den Franzosen«.
    Ich wollte mir am Nachmittag in Wällershofen eine

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