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Apollonia

Apollonia

Titel: Apollonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Held
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came … you’re so crazy …
    Er küsste mich und wir knutschten drauflos, aber jedes Mal, wenn er etwas knacksen hörte oder als plötzlich im Haufen der Bälle einer verrutschte und davonrollte, erschreckte er sich fürchterlich und flüsterte:
    – Head down, Marie!
    Morgen müsse er das Office vom Sergeant streichen, flüsterte er, und danach vielleicht Rasen mähen, jeden Tag nach dem Dienst von 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr, und das sei reine Schikane. Alle hätten schon mal mit dem Jeep Mist gemacht und nur er, er würde so ungerecht bestraft, und seine Freunde Rick und Foreman seien auf ihn sauer, weil er ihnen angeblich Geld schulde, das sei aber nicht wahr, weil sie bis morgens um sechs Uhr gesoffen hatten und er, Jim, an der Tankstelle noch Bier geholt habe und Wodka und er, Jim, habe bezahlt, aber sie meinten, sie, Rick und Foreman, hätten das bezahlt. Jim sei hundert Prozent sicher, dass er die Zeche bezahlt habe, und dann sei er leider mit der Kiste Bier den Abhang heruntergestürzt und obendrein sei die Flasche Wodka zerbrochen und sie hätten gesagt, Jim, du machst nur Scheiß. Das sei aber unfair, schließlich hätte er ihnen schon oft aus der Scheiße geholfen, wenn die Mist gemacht hatten und …
    Schon wieder knackste es, und Jim flüsterte:
    – Head down!!, und presste meine Nase auf die stinkende Leinenmatte und hielt die Luft an. Es war aber nur ein Vogel, der von außen an das Glasfenster geflogen war. Ich konnte mir aber mit der Nase in der Matte überlegen, ob ich alles begriffen hatte, was Jim mir da in Englisch und Deutsch herüberkauderwelschte, und ich stellte fest, dass ich überhaupt nichts kapiert hatte. Immerhin hatte ich die Flasche Maria Cron, und die holte ich jetzt aus dem Schulranzen und gab sie ihm und dazu das Papier vom Kaufhaus Schwenn und mein schönes Bild mit Lockenfrisur, wo ich aussah wie die Les Humphrie Singers in der Hitparade.
    Jim nahm das Bild und küsste es und steckte es in sein Uniformhemd, als sei es eine Geheimakte von der CIA , und dann öffnete er die Maria Cron und nahm einen kräftigen Schluck.
    – Thanks, my love.
    Er stopfte die Flasche und das Briefpapier in einen alten Kasten voller Knieschützer und wollte sie später unauffällig mitnehmen.
    – I love you so much, Märree, sagte Jim, und seine Schnute näherte sich der meinen, und er wollte sich auf mich werfen in der dämmerigen Höhle der Geräte und Holmen und Barren, da ging tatsächlich die Tür auf und es wurde hell, so hell in der Halle, und der Schatten eines Sergeant erschien wie ein Riese im Lichtschein auf dem schimmernd polierten Boden.
    – Oh shit, flüsterte Jim. The staff duty officer!!!
    – Oh yeah, sagte eine männliche Stimme und klang sichtlich zufrieden.
    – The floor is … shining … really … shining … great … Private Logan!!!
    In Zeitlupe stand Jim auf und kroch aus dem Lager hervor.
    – Sergeant Willborough!! … Sorry … was just … drinking something.
    – Hey man …! You did a good job, this looks good! The floor is brilliant! Well done!
    Ich drückte mich tief ins Matratzenlager, ich atmete weniger als die tote Fliege auf dem Linoleum, mir war schwarz vor Augen im Halbdunkel des Barrens.
    – Thank you, Sergeant, sagte Jim.
    – Okay man, I think it’s finished. Take your stuff to the storage shed. I’ll close the door. You can go.
    Ich lag da und wäre beinahe gestorben und hörte, wie der Sergeant Jim lobte und nach Hause schickte und wie Jim den Eimer nahm und schließlich mit dem Sergeant und dem quietschenden Eimer verschwand und von draußen die Hallentür dreimal zugeschlossen wurde.
    Ich hörte das Schloss und die Tür noch hallen, ich sah den Boden im Abendlicht schimmern und das Licht trüber werden. Da saß ich in der Turnhalle, so alleine wie noch nie im Leben, ich, mein Ranzen und Maria Cron.
    Es war mir, als säße ich in der Struderlehe bis in alle Ewigkeit.
    Der Weinbrand hatte mich benommen gemacht, er entschärfte meine Sinne und zeichnete das Basketballnetz im Abendlicht sehr weich und flimmerig, aber er machte mich nicht blind, er ließ mich dröge ein paar Sauflieder aus unserem Wirtshaus summen, aber er machte mich nicht taub. Und so schien nach endlosen Zeiten, in denen ich mich nicht zu rühren traute, weil mich doch niemand sehen durfte, dass ich aus der Richtung der Toiletten etwas kratzen hörte. Waren es Ratten, waren es russische Spione, war es der Staff Duty Officer, der meinen Jim so freundlich hatte gehen lassen?

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