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Apollonia

Apollonia

Titel: Apollonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Held
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ordentlich Bescheid sagen sollte – oder ob Jim einfach nur ein bisschen besoffen war und man Geduld haben musste, wie man ganz allgemein mit den Männern immer Geduld haben musste und nachsichtig sein. Meine Großmutter sagte ja, alle Kerle seien zu nichts nütze, im Grunde genommen, und nur da, um die Frauen zu ärgern.
    Da kam Jim und stützte sich schwer auf mich und biss mir ins Ohr und sagte dann: Marree … me … I am … a little bit … schlecht … es geht mir … I feel bad … Dann fiel sein Kopf auf die Tischplatte, und ich hatte Angst, er könnte sich womöglich auf meine Knie übergeben. So was hatte ich mal auf einer Kirmes gesehen. Mit einundzwanzig musste man doch nicht so unvernünftig saufen, auch nach zwei Wochen. Ich meine, er war ja nicht in Alcatraz gewesen! Aber irgendwie hatte er sich die Kante gegeben und machte jetzt keinen guten Eindruck mehr und konnte auch bei Lydia Kosslowski keine nennenswerten Schäden mehr anrichten. Ich war froh, dass Rick und Foreman ihn irgendwann von einem Jeep abholen ließen, so war er wenigstens aus den Füßen.
    Also so hatte ich mir unser Wiedersehen nicht vorgestellt. Warum hatte ich mir stundenlang die Haare gebürstet, bis die Funken sprühten, und dann winzige Zöpfe hineingeflochten? Die Jeans waren so eng, dass sie am Becken tiefe Striemen hinterließen, die ich mein Leben lang behalten sollte. Ich knöpfte erlöst den obersten Knopf auf und dachte an den knackigen Hintern, den Jim in seiner Jeans hatte, an seine ewigen einfachen T-Shirts mit den Lederbändern am Hals und am Arm ein paar weiße und braune und türkisblaue Perlchen. Wie herrlich er daherkam, mehr Cowboy als Indianer, mit dem leichten Flaum auf der Oberlippe und den braunen Augen, von denen man das eine immer sah und das andere manchmal, und dann lachte er, und dann musste man ihn lieben, von ganzem Herzen und aus aller Seele.
    Als ich nach Hause kam, versuchte ich, bei Oma ins Schlafzimmer hineinzulauschen, ich hatte von draußen den Schein ihrer Nachttischlampe gesehen. Vielleicht war Oma ja schon tot.
    – Dou brauchst gar nicht so leise zu machen, ich kann deysch hören, sagte Oma.
    Ich kriegte beinahe einen Herzinfarkt.
    – Mensch, Oma, jetzt hast dou mich aber erschreckt, ich dachte, dou schläfst.
    – Eysch hab nur bisje gedöst.
    – Ach so.
    – Und … wo kommst dou her, wo hast dou dich herumgetrieben, du Nachteule?
    Ich setzte mich ans Bett, es war erst zehn Uhr, viel zu früh für einen Freitagabend.
    – Naja, wir waren in Wällershofen und ich wollt de Jim wiedersehen, weißt du.
    – War das dein Kirmeskerl?
    – Ja, genau. Mein Kirmeskerl.
    – Und? War es nicht schön? Oder gefällt er dir nicht mehr?
    – Ach …doch … aber sey haben sich besoffen, und wie ich kam, war der schon voll.
    – Ja, das kenne ich, da ärgert man sich, da könnte mer die kaputtschlagen, wenn die sich immer so besaufen für nix und wieder nix. So ein brauchst dou nicht.
    Ich wollte Jim verteidigen und meinte, dass er ja nur betrunken war, weil die ihn so lange eingesperrt hatten.
    – Eingesperrt? Was hat er denn angestellt??
    – Das han eysch dir doch schon erzählt.
    – Ach, was weiß eysch, mir war die letzten Tage so dusselig. Eysch kann mir nicht mehr alles behaalen.
    – Geht es dir denn jetzt besser? Doit dir was weh? Willst dou was trinken?
    – Ach dou kannst mir mal … sieh mal … eysch hab da ein Bettjäckchen, mir sind die Schultern so kalt, und … ich habe so einen Knuddel unter der Decke …
    Ich half ihr in das Jäckchen und zog die zerstrampelten Laken und das Biberhemd zurecht und fragte mich, ob Oma nie mehr aufstehen wolle. Immer liegen, das war doch nichts.
    – Dou kriegst ja ganz dünne Beine! Fenster auf und frische Luft und mal die Muskulatur ein bisschen bewegen!!
    – Hör off, da kommen die ganzen Mücken rein!!
    – Wieso liegst dou immer auf dem Kreuz? Du musst mal wieder raus aus dieser Muffbude hier!
    – Ach, da muss eysch ja auf den Stuhl und da sitze ich nicht gut …
    – Dou musst das Leben ein bisschen mehr … gutheißen, und deysch nicht hängen und bombeln lassen!
    – Ach, das es so unbequem, ich bin da nur zur Last, ich wollte nie einem zur Last sein.
    – Last, Last, so ein Quatsch, dou musst mithelfen, dou musst nur wollen!
    – Ich will nicht mehr viel. Mir hat et gelangt.
    – Ja, egal. Morgen komme eysch, und dann üben wir mal und gehen ans Fenster oder in die Küche, das hier es doch nix, deine Herumliegerei macht

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