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Apollonia

Apollonia

Titel: Apollonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Held
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habe getroffen die people in the Jonnies and then … Oh – I am such an idiot …!! Dabei ick wollte nur dir uidersähn!!! Nun ick habe gewartet de ganze morning for you!
    – Egal, flüsterte ich und lag an seiner Brust, und obwohl er Amerikaner war, roch er nach Irischer Frühling. Ich hatte alles vergessen und löste mich nur von ihm, um im Kaufhaus zu sagen, ich hätte meine Freundinnen getroffen und wolle hierbleiben.
    – Was denn für eine Freundin?, fragte mein Vater, und ich sagte: Lydia, Lydia heißt die, Kosslowski.
    – Habe ich gesehen, sagte mein Bruder. Die Lydia, die kann gut englisch und schießt mit einer MG  – haha!
    – Was hast du gesagt?, fragte mein Vater.
    – Gar nichts!, rief ich. Ich gehe jetzt!
    Dann war ich verschwunden. Es war ein strahlend schöner Tag, und wir saßen im Eiscafé und aßen Pfirsich Melba und Bananensplit. Jim erzählte, wie er tagelang die Offices gestrichen hatte vom Commander und vom Corporal und wie ihm der American Football vom Sergeant in den Farbeimer gefallen war, und ich bewunderte ihn, wie lustig er erzählen konnte und an seinem Schirmchen drehte und bei den kleinsten Bewegungen seiner Hände die Sehnen sich anspannten und wieder verschwanden, der Mittelfinger und der Ringfinger sich hoben, und wie kräftig die Hand war und wie schön braun. Als hätte ich noch nie die Hand eines Jungen gesehen, und mit seinem Lederperlenband schien sie mir vollkommen. Ich wollte sie gerne in meinem Haar spüren oder an meiner Hand, oder auf meinem Bauch, wenn die Sonne darauf schien.
    Jim nestelte an seiner Jeansjacke und holte ein Kästlein heraus und legte den Arm um mich und hielt es mir auf der anderen Seite unter die Nase.
    – This is for you, mei Little one – meine Kleine …
    – Ouh … oh … oh!!!
    Und er hatte mir ein silbernes Herz gekauft, und auf dem Herzen stand:
    – Für mein Kleines
    Jim.
    – Look, sagte er. In German!
    Er hatte mich »sein Kleines« genannt wie Humphrey Bogart, und er sagte, ich erinnere ihn an Casablanca, da hätte Humphrey Bogart das irgendwann gesagt, und deshalb habe er mir heute morgen das Kettchen machen lassen beim Juwelier Steinfeld.
    Ich fiel ihm um den Hals und warf den leeren Becher Pfirsich Melba um und küsste ihn überschwänglich. Nun stand für mich fest, dass Jim mein Einziger sein würde, für immer und ewig, und dass ich die sechzehn Mark von meiner Großmutter riskieren musste, irgendwann.
    Jim hängte mir das Herz um, und als das Schloss einklickte, da war ich sein.
    Meine Großmutter Apollonia hatte in den letzten Jahren tunlichst mit keinem von der Verwandtschaft, von der Nachbarschaft oder aus dem Dorf mehr geredet. Nur Tante Klarissa und Tante Hanna durften noch kommen, aber Tante Klarissa war nicht mehr gut auf den Beinen, und Tante Hanna klagte über die Galle und musste immer nach Gießen zur Bestrahlung. Es schien wie ein kläglicher Wetteifer, wer von ihnen es noch am längsten aushielt auf der Welt. Meine Großmutter war die Jüngste, aber es hieß, sie hätte sich am meisten geärgert, während Hanna am meisten geschimpft und Klarissa am meisten erduldet hatte. Wenn nun Klarissa an Apollonias Bett erschien, dann könnte Apollonia durchaus noch ein wenig länger machen, denn wann immer das geschah, gab es eine Art Wunderheilung, und meiner Oma ging es auf unerklärliche Weise besser und die Wände sahen aus wie frisch gestrichen.
    Also wollte ich meinen Vater überreden, dass er Tante Klarissa herkutschierte, und vielleicht erzählten die beiden noch ein paar alte Geschichten für mein schönes, blumenbedrucktes Leinenbuch von der Schreibwarenhandlung Kästaler.
    – Wer weiß!, sagte ich. Sie sind doch schon so alt! Du musst sie holen!
    Tatsächlich gerieten meine Eltern ins Überlegen, wer denn das Auto hätte und ob vielleicht Mama meinen Vater zur Arbeit fährt oder Onkel Günther Klarissa bringt … und hin und her … jedenfalls kriegte ich es hin, und am Ende der Woche sollte meine blässliche und dünne Tante Klarissa aus ihrem Lehnstuhl aufgescheucht werden, um ihre kärgliche Lebenskraft auf meine Großmutter Apollonia zu übertragen.
    In all den Jahren hatte Klarissa immer ein Pfund Kaffee mitgebracht und Weintrauben oder Plätzchen. Nun war es ihr ganz furchtbar, dass sie nichts dabei hatte und ihr Haar noch dünner war als früher, und sie fuhr sich mit der mageren Hand immer über den schmalen Kopf und versuchte, das Haar in den dünnen, hohen Dutt zu stecken, aber es wollte

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