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Apollonia

Apollonia

Titel: Apollonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Held
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übertolerant um die Ecke und rief: – Hello – welkam – ich … Vater … Daddy!! Come in!!
    Und bald darauf kam meine Mutter aus dem Garten, und meine Brüder tauchten ebenfalls auf, und die Grillparty nahm ihren Lauf, und wir saßen an der Quelle und aßen Würstchen und Kotelett und redeten mit Händen und Füßen. Jim trank mit meinem Vater drei Hachenburger, und meine Brüder wollten wissen, welche Musik er gerne höre, und Jim meinte Foreigner und meine Mutter sagte, sie höre gerne den Jämes Last und ob er von dem schon mal in Amerika gehört hätte. Mein Vater erklärte, dass er schon seit Jahren Readers Digest liest, und zwar besonders gerne die Rubrik »Humor in Uniform«, und dann musste ich den Witz übersetzen: Sitzt der wachhabende Soldat in seinem Häuschen mit der Hand am Gewehr und schläft. Als ihn der Sergeant anschreit, hebt der Soldat geistesgegenwärtig den Kopf und sagt »Amen«. Dann lachten sie alle.
    Alles in allem schien die Grillparty doch sehr schön, und etwas in mir freute sich und löste sich, und ich war auf einmal sehr stolz. Meine Brüder hatten sich wider Erwarten einigermaßen benommen, und Jim war freundlich und lustig, und das mit der Wagenschmiere und der Verspätung hatte ich mit einem Motorschaden am Jeep erklärt. Nun fehlte nur noch meine Großmutter Apollonia, und ich wollte ihr unbedingt meinen Jim zeigen.
    – Come on, sagte ich zu Jim, als meine Mutter bereits das Fett vom Grill kratzte.
    – Wir gehen zu meiner Oma.
    – Aber mach sie nicht wieder so durcheinander, sagte meine Mutter. Sie ist sowieso … in letzter Zeit … nicht mehr ganz …
    – Ist der Dr. Samstag zurück?
    – Der kommt jetzt wieder, jaja.
    – Ah so.
    Also ging ich mit Jim hinauf, und es war noch immer hell im Zimmer mit der blauweißen Blumentapete. Apollonia saß kerzengerade im Bett und fixierte uns, und ich dachte, ich müsste ihr vielleicht das Nachthemd geradeziehen. Sie strampelte jetzt immer so. Aber es war schon zu spät, sie hatte ein nacktes Bein unter der Decke hervorgestreckt und schien keineswegs mehr liegen zu wollen.
    – Eysch muss jetzt mol off.
    – Oma, das ist der Jim. Jim, das ist meine Oma Apollonia.
    – Och wott.
    – Hello, gutten Tag.
    Jim griff ihre Hand und machte eine Verbeugung.
    – Eysch will mol … guten Tach, … ist das der Berthold?
    Ihre eine Hand lag in Jims Hand, und mit der anderen fasste sie in Jims Haare und streichelte sie, als wäre er ein Kind oder ein Hund. Ich wusste nicht, wen sie da sah und ob ich nicht besser sagte, jaja, es ist der Berthold.
    – Seyt er aus wie der Berthold? Wie der Berthold? Ist der das doch?
    – Oma, der heißt Jim Berthold David Logan.
    – Hi Mam.
    – Eysch gehen mit, sagte Oma. Eysch will mitgehen.
    – Aber wir können jetzt nicht mehr fort. Es ist schon Abend.
    – Ach, stöhnte sie. Dann machte sie irgendwelche Bewegungen, als ob sie schon ging, sie lief, sie war schon unterwegs, ohne uns, ihre Beine strampelten, und sie beschwerte sich und stöhnte und war halb aus dem Bett, und ich war froh, als meine Mutter kam und sich kümmerte. Mir war schon ganz blümerant.
    – Ick dänken, ick haben kennengelernt dein Ouma. Jim war ein wenig betrunken und ein wenig verschwitzt und ein wenig schmutzig und roch nach Würstchen.
    – Ja, sagte ich und zog ihn hinaus in den frischen Duft des Westerwaldes, wo es egal war, ob man betrunken ist oder schmutzig oder verwirrt.
    Ich war froh, dass ich den Nachmittag hinter mir hatte und es dunkel wurde. Wir nahmen noch drei Bier und eine Sinalco mit aus der Quelle, und dann sagte ich, ob er überhaupt schon mal das Lusthäuschen gesehen hätte, das hatten meine Großonkels oberhalb von Scholmerbach gebaut, da wuchsen schon die Zweige hinein und alles war ziemlich schief, aber wir konnten unsere Namen hineinkratzen, wir mussten nur ein Messer mitnehmen und eine Kerze. Im Lusthäuschen waren abertausend Herzen in die Wände und in die rotbraunen Balken geritzt, nur das unsere noch nicht, das mussten wir tun, bevor das Lusthäuschen zerfiel. Wenn wir ganz still darin waren, konnten wir sogar die Eulen hören oder das Käuzchen, und manchmal flogen hier auch die Fledermäuse.
    Dann konnten wir immer noch überlegen, ob wir im Polters auf der bunten Tanzfläche tanzen wollten oder in die Waldeslust laufen oder durch ein Maisfeld streifen oder uns in den vom Blitz geschlagenen dicken Baum setzen oder was. Mir klopfte das Herz bis zum Halse. Denn ich wusste nicht, was

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